Die Schöne und das Biest - Filmkritik zum Realfilm

  

Das Geschäft mit der Nostalgie. Es gibt kaum einen profitableren Weg als dem geneigten Zuschauer in Aussicht zu stellen, dass ersehnte Gefühl des ersten Mal erneut erleben zu können. Natürlich ist das unmöglich, aber wie wir in den Meisterwerken gelernt haben: man darf nie aufhören zu glauben. Und wenn wir schon mal dabei sind, glaube ich daran, dass uns noch viele Realverfilmungen beliebter Disney-Klassiker ins Haus stehen werden. Nicht, weil die Masse sich das wünscht oder die Filme eine besondere Daseinsberechtigung hätten. Nein, einfach nur, weil sie erfolgreich sein werden. Alle.

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Warum? Weil!

Die Geschichte des Disney-Klassikers dürfte den meisten bekannt sein und wird in Bill Condons Version auch nicht erwähnenswert verändert. Die Details bleiben gleich, der Plot läuft auf das offenkundige Ende hinaus und im Grunde gibt es keine Überraschungen. Darum geht es ja schließlich auch nicht. Es gilt lediglich, dem Publikum das zu geben, was es nicht abweisen kann. Oder will. Ein beliebtes Märchen, aufgepeppelt mit den neuesten CGI-Möglichkeiten und mit Internetliebling Emma Watson auf dem Titelbild.

Mit über zwei Stunden geht dieses Werk deutlich länger als sein Vorgänger. Ein Umstand, der beim Sichten nicht wirklich auffällt. Die Geschichte wird ein wenig gestreckt, um weniger wie ein Kinderfilm zu wirken und mehr wie ein Märchen für Erwachsene und Kindgebliebene. Da sollte wenigstens die eine oder auch andere Logiklücke geschlossen werden und manch eine Figur benötigt etwas mehr psychologische Tiefe, um auch nur annähernd realitätsnah zu wirken.

Das gelingt dem Team rund um „Die Schöne und das Biest“ auch akzeptabel genug. Natürlich wurde hier kein Gold ins Drehbuch gewoben, doch darf man nicht vergessen, dass es ja gerade darum geht, dem Original so nah wie nur möglich zu kommen. Entsprechendes ist gelungen. Mehr darf man nicht erwarten und mehr würde dem Film und vor allem seinem Thema nicht gut tun. Ich darf hier also behaupten, dass die neuen Szenen und Spielereien im Ablauf dem Gesamtwerk weitgehend zugute kommen.

Die Musik

Der wichtigste Part in jedem Disney-Meisterwerk ist die Musik. Und gerade in „Die Schöne und das Biest“ sind einige fantastische Lieder untergebracht, vor deren Umsetzung in diesem Remake ich mich bereits gefürchtet hatte. Grundlos, wie sich mittlerweile herausgestellt hat. Zwar reichen die Neuinterpretationen nur schwerlich an die Qualität der Originale heran — wir sind nun einmal aufgewachsen, womit wir aufgewachsen sind -, haben dafür aber einen ganz eigenen Flair, ohne sich selbst neu zu erfinden. Eine Art netter Remix könnte man wohl sagen.

Neue Musikeinlagen wirken stärker aus dem Musicalbereich als die bekannten Werke und entsprechend ein wenig fehl am Platz. Sie sind nicht schlecht — auf gar keinen Fall, nein -, nichtsdestotrotz fügen sie sich nicht so schön in das Gesamtbild ein; mag das nun daran liegen, dass sie tatsächlich etwas unpassend gewählt sind oder das Fanherz neue Einlagen einfach schwer verkraftet, das Ergebnis bleibt das gleiche.

Veränderungen hin oder her, die Lieder werden gut vorgetragen/gesungen, die Musik erledigt einen formidablen Job in Sachen Zeitreise und sind wir mal ehrlich, darauf kommt es doch letztendlich an. Wie der Film an sich, ist auch die Musik einen kleinen Tick erwachsener. Und damit etwas kontrovers, denn viele Einlagen sind von so kindlichem Humor wie das Original. Beißt sich das? Ein wenig. Doch der schmale Grat zwischen erwachsener Erzählkunst und albernen Schlittenfahrten des Humors wurde hier meines Erachtens nach gut eingehalten und trägt in fast jeder Lage zur Erheiterung bei. Sei diese nun anspruchsvoll oder eben flach wie ein Bürotisch.

CGI versus Realität

Was die schauspielerischen Leistungen angeht, ist „Die Schöne und das Biest“ ein Film der Gegensätze, die aus gewisser Sicht komischer nicht sein könnten. Nehmen wir zum Beispiel Emma Watson. Ihr Spiel, ihre Mimik, Gestik — einfach das Gesamtpaket — sind so lange grandios, wie es die gute Watson mit echten Menschen und Umgebungen zu tun hat. Im Dialog und während Interaktionen mit CGI-Wesen und grünen Leinwänden, schwächelt ihr schauspielerisches Talent und verliert an Glaubwürdigkeit.

Im starken Kontrast dazu steht Dan Stevens, der das Biest verkörpert. Was an seiner Mimik noch er ist, arbeitet grandios mit allen fantastischen Wesen und Gegebenheiten. Unterhält er sich mit einem echten Menschen, wie Belle oder ihrem Vater (Kevin Kline), rutscht seine Leistung direkt einige Etagen tiefer. Damit spielen beide immer noch um Längen besser, als die meisten ihrer Konkurrenten in ähnlichen Filmen, der Frust darüber ist aber gleichsam real.

Diesen bekannten Film noch einmal zu sehen ist vor allem eine Sache des Reizes. Und bei vielen handelt es sich hier um die neuen und grandiosen Möglichkeiten des CGI und der realen Schauspieler im Wechselspiel mit eben diesem. Wenn hier also Schwächen zu Tage gefördert werden und dem Zuschauer mehr als offensichtlich von der Leinwand entgegenspringen, führt das vielleicht berechtigt zu dem einen oder auch anderen Abzug in der B-Note.

Doch unterm Strich leisten alle Beteiligten einen mehr als guten Job und die Animationen und Tricktechnik dieses Werks braucht sich unter keinen Umständen zu verstecken. Besonders hervorgehoben sei an dieser Stelle auch die Farbwahl der einzelnen Szenen und die angewendeten Filter. Im Zusammenspiel mit den Bildeinstellungen und den gewählten Schnitten, entsteht hier ein gleichsam visuelles wie akustisches Traumwerk.

Fazit

„Die Schöne und das Biest“ ist ein absolut unnötiger Film und im gleichen Moment das komplette Gegenteil. Er bietet akustisch und inhaltlich kaum mehr (oder auch weniger) als das Original. Was trotzdem für das Werk von Bill Condon spricht, ist der schöne Ausflug in die Vergangenheit, welche sich jedoch durch reale Schauspieler und aufpolierte Story/Details neu und unverbraucht anfühlt. Technisch und aus Sicht des zur Schau gestellten Talents auf hohem Niveau. Der größte Pluspunkt dürfte aber wohl der visuelle Part sein. Kostüme Filter, Bildeinstellungen … Was dem Auge schmeichelt, dürfte hier in erster Güte vertreten sein.

Abzüge gibt es nur hier und dort. Emma Watson hat ihr Probleme mit dem CGI. Dieses wiederum schwächelt an mancher Stelle. Und die Musik ist zwar sehr schön geworden, reicht an das Original aber einfach nicht heran. Ob gleichsam die neuen Szenen und Änderungen zur Vorlage gefallen, möchte ich nicht beurteilen, da sie fast komplett eine Auslegungssache des Geschmacks darstellen. Manch einem wird es gefallen, andere verziehen bereits jetzt grimmig das Gesicht. Ich persönlich empfand die Neuerungen als unnötig aber nicht unpassend.

Die Schöne und das Biest startet am 16.03.2017 in den deutschen Kinos.

Bewertung: 4/5****

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 12.03.2017