„Mare of Easttown“ Serienkritik: Kate Winslet und Evan Peters jagen einen Serienkiller

  

von Heiner Gumprecht | 12.05,2021

Wem es nur selten zu dramatisch in einem Drama sein kann und wer sich nach viel Kriminalität in einem Krimi sehnt, sollte ein waches Auge auf dem 21. Mai 2021 gerichtet lassen, denn an diesem Tag startet auf dem Video-on-Demand-Sender Sky die HBO-Serie „Mare of Easttown“, die euch von diesen beiden Elementen mehr als genug liefert. Mit Kate Winslet in der Hauptrolle als mürrische, genervte Polizistin, die ihr Herz aus Gold in der Brust vor langer Zeit gegen ein eiskaltes Bier in der Hand eingetauscht hat.

Mare of Easttown SzeneBild: Mare of Easttown © Home Box Office, Inc. All rights reserved.


Mare of Easttown: Zur Handlung

Die Kleinstadtpolizistin Mare Sheehan (Kate Winslet) lebt an einem Ort, wo quasi jeder jeden kennt, die Hälfte der Einwohner miteinander verwandt sind und die andere Hälfte sich nicht leiden kann. Überschneidungen inklusive. An einem solchen Ort, den nur wenige als Traumstadt bezeichnen würden, ist sie beinahe täglich dem Problem ausgesetzt, dass die Einwohner nicht zwischen ihr als Polizistin und ihr als Person unterscheiden können. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs, der in diesem Vergleich für die vielen Probleme der Hauptfigur steht.

Die Geschichte von Mare of Easttown setzt ein Jahr nach dem Verschwinden einer Teenagerin an, die von Mare, die den Fall damals bearbeitet hat, bereits abgeschrieben wurde. Die Mutter der Vermissten kämpft aber noch immer darum, dass der Fall weiter bearbeitet wird und schreckt dafür auch vor öffentlichen Auftritten und Schuldzuweisungen nicht zurück. Wäre es Mare nicht befohlen worden, weiter nach dem Mädchen zu suchen, sie hätte die Untersuchungen nichtsdestoweniger aufgegeben und den Fall zu den Akten gelegt.

Bis eines Tages ein weiteres Mädchen tot aufgefunden wird, eine 16-jährige Mutter, die von dem Vater ihres Babys getrennt lebt und Streit mit dessen neuer Freundin hatte. Ein Mord aus Eifersucht? Oder könnten die beiden Fälle miteinander in Verbindung stehen? Um dies herauszufinden, wird Mare ein Detective aus der Großstadt zur Seite gestellt, Colin Zabel (Evan Peters). Nach einigen Anlaufschwierigkeiten stecken die beiden Ermittler die Köpfe zusammen und finden dabei mehr raus, als sie je vermutet hätten.

source-MOE_107_101420_SS_0903Bild: Mare of Easttown © Home Box Office, Inc. All rights reserved.

Mare of Easttown: Eine Serienkritik

Schon die Animationsserie BoJack Horseman, die Hollywood äußerst satirisch dargestellt hat, wusste, dass es einen zuverlässigen Weg für Schauspieler gibt, dem gemeinen Zuschauer zu beweisen, wie talentiert man wirklich ist. Dafür braucht es nur eine düstere Dramaserie über einen taffen, vom Leben genervten Cop, der ein dunkles Geheimnis verbirgt und von Leuten umgeben ist, die allesamt selbst schwere Lasten auf ihren Rücken tragen. Und dieser Cop muss einen ebenso düsteren Fall lösen, der am Ende immer eine Überraschung parat hält.

Nun, Kate Winslet muss natürlich niemandem mehr beweisen, dass sie eine gute Schauspielerin ist und wer sie bisher nicht als solche eingeschätzt hat, wird sich durch „Mare of Easttown“ bestimmt nicht von der eigenen Meinung abbringen lassen. Ansonsten entspricht die Show aber durchgehend dem Klischee und das in vielerlei Hinsicht. Was aber nicht bedeutet, dass die Serie deswegen schlecht oder enttäuschend ausfällt, ganz im Gegenteil. Ab und an sind diese Geschichten eben durchaus gut gemacht und die Serie von Regisseur Craig Zobel ist zweifelsohne eine solche.

Doch wenn man den Hammer der negativen Kritik unbedingt schwingen muss, dann lassen sich beim Meckern auf hohem Niveau sicherlich ein paar Nägel der Ausrutscher finden. Und da bei einer Kritik meist das zuletzt Geschriebene besser im Gedächtnis bleibt und wir euch „Mare of Easttown“ durchaus empfehlen können, fangen wir einfach mal mit den Punkten an, die uns nicht überzeugen konnten. Doch wie bereits gesagt, dabei handelt es sich um die reinste Brechstange der Mängelauflistung, nur für jene, die bereits alles gesehen haben.

source-MOE_107_100120_SS_0986Bild: Mare of Easttown © Home Box Office, Inc. All rights reserved.

Mare of Easttown: Was uns nicht gefallen hat

Um es kurz zu machen: Die ruhig und melancholisch präsentierte Serie, die die Figuren in den Vordergrund stellt, erlaubt sich nur wenige Fehler. Einer davon ist der Umstand, dass es einige Charaktere gibt, die nicht sauber genug ausgearbeitet wurden und deren Persönlichkeit hauptsächlich aus den Monologen besteht, die sie hier und dort zum Besten geben. Manch ein Kleinstadt-Drama-Klischee wird gleichzeitig deutlich überzogen und wer richtig kritisch sein möchte, findet quasi keine wirklich einfallsreichen Selbstkreationen bei den Dargestellten.

Hinzu kommt, dass die Präsentation vieler Details, die dem geneigten Zuschauer im Verlauf der Handlung übermittelt werden, den Machern wichtiger waren als eine durchgehend stimmige Geschichte zu erzählen. Schön, dass Serienschöpfer Brad Ingelsby stolz auf seine Ideen ist, aber bitte nicht auf Kosten der Logik. Außerdem wirkt manch eine der Nebengeschichten ziemlich zusammengeschustert, um nicht zu sagen überflüssig... Und das waren sie auch schon, die größten Gründe, der Serie keine Chance zu geben.

Mare of Easttown: Das Beste kommt zum Schluss

„Mare of Easttown“ ist abseits dieser kleinen, verzeihlichen Probleme eine durchgehend spannende Serie, die trotz der fehlenden Geschwindigkeit fesseln und faszinieren kann. Die meisten Figuren wurden detailliert ausgearbeitet und bilden mit ihren eigenen, kleinen Nebengeschichte eine komplexe Welt, die sich nur bedingt um die Hauptfigur dreht. Jedes Puzzleteil scheint wichtig und selbst Kleinigkeiten tragen mitunter Gewicht. Alte Kritiker-Löwen durchschauen das Ziel der Handlung vielleicht etwas früher als gewünscht, doch zu leicht wird ihnen das nicht gemacht.

Das Niveau der gezeigten Schauspielkunst ist durchgehend und ohne Ausnahme mindestens überdurchschnittlich, wenn nicht sogar gut. Mit einigen Ausnahmen nach oben, vornweg sei hier Evan Peters erwähnt, der ohne Unterbrechung und Aussetzer sein Können unter Beweis stellt und sich dabei keine Blöße gibt. Bei Kate Winslet fällt es etwas schwerer ihre Leistung zu bewerten, da ihr Charakter zu Beginn nicht unbedingt über die erforderliche Bandbreite an Emotionen verfügt, um hier ordentlich benoten zu können.

Doch hat man ihre Figur endlich durchschaut und vor allen Dingen etwas später mehr von ihr als Mensch gesehen, fällt es leicht zu applaudieren. Die clevere Geschichte mit ihren interessanten Figuren und deren komplexen Beziehungen wird durchgehend durch einen sanften aber bestimmenden Erzählstil abgerundet, vereint mit einer passenden Musikuntermalung und weitgehend treffsicheren Bildeinstellungen. Es gibt zwar noch Luft nach oben, doch unterm Strich hat die erste Staffel von „Mare of Easttown“ fast alles richtig gemacht.

Fazit

Spannende Krimiserie mit viel Drama, menschlichen Emotionen und cleveren Wendungen, die vor allen Dingen durch das überzeugende Schauspiel aller Beteiligten punkten kann und der Tatsache, dass der Faktor Mensch hier offensichtlich verstanden und entsprechend präsentiert wird. Die negativen Punkte sind wenige an der Zahl, die kaum ins Gewicht fallen, abgesehen von einer Ausnahme. Es gibt eine Nebengeschichte, die sich absolut nicht einfügen will und durchgehend unnötig sowie zweckdienlich konstruiert wirkt. Aber abseits davon? Absolut empfehlenswert.

Bewertung: 4/5****


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Bild: Mare of Easttown © Home Box Office, Inc. All rights reserved.