„Fack Ju Göhte 3“ Filmkritik - Elyas M'Barek und Co. KG

  

Humor ist nicht nur, wenn man trotzdem lacht, sondern auch ein Spiegel der Gesellschaft. So wie sich die Realitätstunnel einer Gemeinschaft über die Jahrzehnte verändern und damit einen Querschnitt zur sozialen, aktuellen Ausgangssituation bezeichnen, passt sich auch die Definition von „witzig“ stetig neuen Perspektiven an. Aktuell ist es anscheinend wieder zum schießen, wenn man sich und alle anderen nicht ganz so ernst nimmt und dazu animiert zu lachen, statt zweifelnd anzuklagen.

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Jes, fack ju tuu

Meiner persönlichen Idee von einem guten Miteinander kommt das absolut gelegen, manch anderer mag daran jedoch Anstoß nehmen. Vielleicht. Letztendlich ist es aber auch nicht von Belang, da solche, die die beiden Vorgängerteile bereits verachtenswert oder auch schlichtweg unlustig fanden, sich wohl kaum ins Kino stürzen werden, um „Fack Ju Göhte 3“ zu schauen. Wer es dennoch tut, hat es irgendwie auch nicht besser verdient.

An der Perspektive der Filmemacher und dem allgemein angezieltem Humor hat sich nämlich rein gar nichts verändert. Die Gags sind in gewisser Weise andere und Ausgangssituationen haben sich leicht verschoben, hinter der Fassade steht aber immer noch das gleiche Konstrukt wie eh und je. Was im Klartext bedeutet, dass dieser Film von Bora Dagtekin („Fack Ju Göhte“, „Türkisch für Anfänger“, „Wo ist Fred?“) weder sonderlich nett, geschweige denn politisch korrekt ist.

Die gleiche Chemie ist es, die hier sämtliche positive Faktoren ausmacht, welche bereits in Teil 1 und 2 gewirkt hat. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die jüngeren Darsteller in diesem Werk durchaus bessere Schauspieler geworden sind. Nicht, dass dieser Umstand sonderlich viel bedeuten mag - für manch einen vielleicht auch gar nicht - so ist es jedoch ein wesentlicher Bestandteil für den Erfolg, den auch dieser Teil haben wird.

Andere Bereiche leiden unter akuter Atemnot. Fehlendem Einfallsreichtum. Zu wenig Popo in der Hose, um sich mal auf unbekannte Pfade zu wagen. „Fack Ju Göhte 3“ kaut das gleiche Prinzip zum dritten Mal durch, welches bereits während der Sichtung von „Fack Ju Göhte 2“ fad‘ und gammelig zu schmecken begann. Traurige Querverweise auf aktuelle, politische Situationen inklusive; möglicherweise sogar exklusiv.

Der Herr der erwarteten Wendungen

Zeki Müller (Elyas M'Barek) will nicht wirklich Lehrer sein, nichtsdestoweniger hat er seinen Dummi-Club durchaus lieb. Seine Bande aus unerziehbaren Abziehbildchen fühlt sich an irgend einem Punkt in der Geschichte von ihrem Vorbild und Mentor betrogen. Man verträgt sich. Das Feuer wird neu in Zeki entfacht und — tadaaa — er möchte Lehrer bleiben. Wunderbar. So wird es uns wenigstens erspart, das Gehirn aus dem Tiefschlaf zu holen. Wer im ersten Teil dieser Trilogie einschläft und erst jetzt wieder wach geworden ist, hat zumindest inhaltstechnisch nichts verpasst.

Aber was besprechen wir hier? Einen Krimi oder einen historischen Anti-Kriegsfilm? Nein. Es ist eine Komödie. Gesellschaftskritisch, offen und bei weitem ehrlicher, als es manch einem lieb sein dürfte. „Fack Ju Göhte 3“ besticht wie seine Vorgänger darin, gezielt und mit verblüffender Leichtigkeit auszusprechen, was in Angst vor psychologischen Wunden irgendeiner Art zum Tabu wurde. Klischees und Schubladen-Charaktere, die der Wahrheit näher kommen als manch bitterböse Hommage ans Leben dies je könnte.

Die Stärke von diesem Werk liegt entsprechend auch im Wechselspiel sprachlicher Spielereien zwischen den verschiedensten, neuen wie alten, Figuren. Die Situationskomik, sozialer Austausch im Allgemeinen, bezeichnet in Dagtekins Werk die wahre Stärke seines Films und den besten Grund an der Kinokasse wohl verdientes Geld ins Nimmerland zu verabschieden. Der Fokus auf viel zu naiv durchdachte, austauschbare Szenen, die auf Gedeih und Verderb versuchen so lustig wie nur irgend möglich zu erscheinen, ist entsprechend enttäuschend, war aber natürlich auch schwerlich anders zu erwarten.

Der Witz liegt im Grunde darin verborgen, sich so wenig Gedanken wie nur möglich zu machen, während man paradoxerweise den alten Speicher gehörig rasseln lässt. Nur wer um Ecken denkt, Augen, Ohren und Mund offen hält und sich gleichsam von dieser Art der Unterhaltung angesprochen fühlt, ist in der Lage, diesen Film einfach nur unterhaltsames Popcornkino sein zu lassen.

Ohne den Reiz des Neuen von Teil 1 und trotz allem auch ohne den faden Beigeschmack einer Wiederholung wie ich ihn beispielsweise erwartet hätte. Trotz wiederkehrender, sich im Kreis verlaufender Problematik und mit dieser im klassischen Ballett auftretenden Problembewältigungen, kommen viele Gags und verbale Kriegsführungen doch erfrischend überraschend, quasi angenehm unvorhersehbar daher.

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Der Schlag ins schwarze Wasser

Für einen Film, der offenkundig als recht clever entworfen wahrgenommen werden soll, verpasst es „Fack Ju Göhte 3“ um mehrere Lichtjahre dieses Niveau auch im Detail zu beweisen. Viele Szenen dienen lediglich dem Effekt und haben für die Geschichte keinerlei Mehrwert oder, um noch weiter zu gehen, irgendeine Form von Existenzberechtigung. Lose Enden, die so schnell ins Bild geworfen wurden, wie sie auch schon wieder im Strudel des Vergessens dahinschwinden.

Da hilft es auch nicht, wenn der Lachmuskel ordentlich gekitzelt wurde. Klar kann man mit diesem Werk seinen Spaß haben, dass wird hier nicht in Frage gestellt. Doch sollte ein Film nicht gleichzeitig so anklagend und offen ehrlich sein, wenn dann doch alles heruntergespielt, geschönt und heuchlerisch unter den Teppich gekehrt wird. Realistische Probleme, realistischer Personen werden aufgegriffen, fallen gelassen und wenn überhaupt infantil gelöst.

Mobbing begegnet man mit Mut und Aufrichtigkeit. Die Liebe einer Mutter wird ihr wieder in den Kopf geprügelt. Das krebskranke Mädchen, welches sich das Leben nehmen wollte, zeigen wir besser nie wieder. Macht die Leute ja nur traurig. Und die drei die es fast geschafft hätten? Na, ja. Die eine wollte ja eh nie. Die andere bekommt halt einen Freund. Und die Dritte im Bunde? Ist doch egal. Versucht es wahrscheinlich nächsten Monat nochmal.

Ich weiß an dieser Stelle nicht, ob wir einfach kein Mitleid mit gewissen Figuren haben sollen oder ob es den Machern von vornherein egal war. Fakt ist jedoch, dass „Fack Ju Göhte 3“ lediglich auf seinen Humor baut und alles andere entweder strafbar schlecht macht oder sich einfach nicht weiter bemüht wurde, da das Grundrezept halt keinerlei Würze durch geschicktes Storytelling verlangt. Die Einstellung mag das Herz am rechten Fleck inne haben, das Ergebnis enttäuscht nichtsdestoweniger.

Fazit

Weder besser, noch wirklich schlechter als die ersten beiden Teile. Die grobe Geschichte, doch allen voran die dramaturgischen Höhepunkte, sind eins zu eins übernommen worden und bieten keinerlei Mehrwert. Die erzwungenen, sich humoristisch anbiedernden Szenen strahlen vor Einfallslosigkeit. Dafür funktioniert die Chemie zwischen den Charakteren, was in erstklassiger Situationskomik und wirklich guten Sprüchen mündet. Nette Abendunterhaltung — wie immer.

Bewertung: 3/5***

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 25.10.2017