Filmkritik zu Ant-Man

  

Mit Ant-Man setzt Marvel endlich wieder die Hürden für einen der Helden des „Marvel Cinematic Universe“ tiefer an. Nicht die Welt in Gänze ist in Gefahr, sondern es steht zu verhindern, dass ein gefährliches Stück Technologie in die falschen Hände gerät. Der darum gesponnene Film hat zwar ein paar Längen, ist jedoch noch immer einer der „nur“ guten Marvelfilme. Viel Davon verdankt er „Ant-Man“ Paul Rudd persönlich, aber auch der restliche Cast schafft es den Film auf ein mit Witz und Charme belegtes Niveau zu heben, ohne dabei in Albernheiten zu verfallen.

Ant-Man: Ab dem 23.Juli im Kino: Mehr zum Film haben wir hier für euch.

ant man header

Die Größe zählt (nicht)...

In vielen Belangen geht Marvel damit einen Schritt zurück. Weg von Göttern und Weltzerstörern, wieder hin zu menschlichen Kontrahenten ohne eigene Superkräfte. Eine „Gegnerabteilung“, die in der letzten Zeit in die TV-Abteilung „Agent Carter“, „Marvel's Agents of S.H.I.E.L.D.“ und vor kurzem Netflix „Daredevil“ abgeschoben schienen.

Dabei spielt „Ant-Man“ nur kurz nach den Ereignissen aus „Avengers 2“ und kurz vor dem nächstes Jahr erscheinenden „Captain America 3: Civil War“. Elemente aus dem letzten Abenteuer der Avengers wurden bereits schon im letzten Viral für „Ant-Man“ eingewoben und finden auch im Film eine ähnlich subtile Verwendung. Sie werfen allerdings auch deutliche Schatten für kommende Ereignisse voraus. Nicht nur entfernen sich die Avengers voneinander und vertrauen sich seit „Avengers: Age of Ultron“ nur noch bedingt über den Weg, auch Kräfte, die vielleicht hätten zu ihnen gehören können, stehen den Avengers misstrauisch gegenüber. So findet Dr. Hank Pym (der „originale Ant-Man“, gespielt von Michael Douglas) deutliche Worte auf Scott Langs /Ant-Mans (Paul Rudd) Frage, warum denn nicht einfach die Avengers über die Gefahren der Erfindung seines ehemaligen Schülers Darren Cross (Corey Stoll) informiert werden.

Die Gründe für Dr. Pyms Antwort finden sich bereits in den ersten Momenten des Films. In der Baustelle des späteren S.H.I.E.L.D. Hauptquartiers treffen 1989 Dr. Hank Pym (ein gruselig verjüngerter Michael Douglas), eine dezent gealterte Peggy Carter (Hayley Atwell), Howard Stark (Mad Man John Slattery) und S.H.I.E.L.D. Agent Mitchell „Mitch“ Carson (Martin Donovan aufeinander und sofort bricht Streit um Hank Pym Superserum aus. Ein Streit, der genau die Ereignisse in Bewegung setzt, die „Ant-Man“ 26 Jahre später vorantreiben.

Liebling, ich hab den Star geschrumpft

Hauptcharakter Scott Lang aber hat eigentlich zunächst ganz andere Sorgen. Nach einer mehrjährigen Haftstrafe in St. Quentin wird er endlich wieder in seine Freiheit entlassen — das ganze aber nicht ohne zünftige Gefängnisabschiedsszene — und vor dem Gefängnis von seinem alten Zellengenossen Luis (Michael Peña) abgeholt. Scotts Plan ist es von nun an den graden Weg zu gehen und die Finger von kriminellen Machenschaften zu lassen. Auch wenn ihm das merklich schwer fällt, denn immer wenn er genötigt ist von seiner Vergangenheit zu erzählen, wird deutlich, dass er im Innersten sehr stolz auf diese ist, auch wenn sie ihn ins Gefängnis brachte und von seiner Familie entfremdete. Den Kontakt zu seiner Tochter Cassie (eine unglaublich niedliche Abby Ryder Fortson) wiederherzustellen und ein regelmäßiges Besuchsrecht zu bekommen ist nun sein erklärtes Ziel. Doof nur, dass er nicht nur Job um Job verliert, sobald seine Vergangenheit zu Tage tritt, sondern dass die Mutter seiner Tochter Maggie (Judy Greer) ausgerechnet mit dem toughen Cop Paxton (Bobby Cannavale) zusammen ist.

Mehr und mehr ins Aus manövriert lässt sich Scott dann nach dem Geburtstag seiner Tochter auf den Plan seinen Mitbewohners Luis ein und beschließt mit Hilfe seiner Jungs Kurt (David Dastmalchian) und Dave (T.I.) in das Haus irgendeines alten Millionärs einzubrechen und dessen Tresor auszuräumen. In dem (extrem und merkwürdig) gut gesicherten Tresor finden sich jedoch keine Dinge von Wert, sondern nur ein merkwürdiger Anzug in Retrodesign und einige Flaschen. Scott nimmt frustriert den Anzug mit, testet in später daheim und findet sich plötzlich geschrumpft in der Badewanne wieder. Zu allem Überfluss redet auch noch durch das Intercom seines Helms ein alter Mann mit ihm.

...auf die Technik kommt es an!

Die Geschichte um Dr. Pym, seine Tochter Hope van Dyne (eine zunächst schrecklich ernste Evangeline Lilly), den ehemaligen Ersatzsohn Darren Cross und die Hintergründe um den „alten“ Ant-Man werden schön in die Geschichte eingewoben. Auch die in der Gegenwart liegenden Ereignisse sind liebevoll in Szene gesetzt und haben, verglichen mit anderen Marvel Filmen, sehr viel Wärme. Diese geht insbesondere von Hauptdarsteller Paul Rudd aus. Aber den muss man ja auch einfach mögen. Sein Charakter Scott Lang / Ant-Man ist da keinen Deut „besser“. Überzeugend kommt auch besonders die Performance von Michael Douglas als Hank Pym rüber. Auch wenn die Arbeit, die die Maske geleistet hat um ihn für die erste Szene zu verjüngen, irgendwie gruslig ist. Wenn er kurz darauf mit „normalem“ Alter und Bart wieder auftritt wirk das deutlich beruhigender. Ebenfalls nachvollziehbar spielt Corey Stoll seine Rolle als Damian Cross / Yellowjacket. Auch hier findet sich endlich wieder ein Gegner, der eben nicht von Grund auf böse ist, sondern schlussendlich durch seine Forschung und durch Dr. Pyms Ablehnung finstere Seiten entwickelt hat.

Die Spezialeffekte in „Ant-Man“ sind gewohnt gut, liegen aber besonders bei den Ameisen, die Ant-Man zu Diensten sind, eher auf Comic-Seite und erscheinen im Vergleich zu bisherigen Marvel Filmen deutlich weniger realistisch (sofern man derlei über Filme um Götter und Männer in fliegenden Anzügen sagen darf). So richtig aufdreht darf das Special-Effects-Team aber erst im großen Finalen zwischen Dr. Pyms alter Firma und Cassies Kinderzimmer. Hierbei fliegen nicht nur die Fetzen (und Spielzeuge), es gibt auch genug zu lachen (dank der ständigen Größenwechsel zwischen Ant-Man und Yellowjacket) und es geht sogar hinab ins subatomare (auch wenn Dr. Pym genau davor warnt).

Fazit

Alles in allem ist „Ant-Man“ ein guter Marvel Film, der nicht enttäuscht. Er überrascht aber auch nicht. Regisseur Peyton Reed leistet solide Arbeit, aber immer wieder treten Momente zu Tage, die vermuten lassen, wie viel besser der Film mit Edgar Wright (Shaun of the Dead, Hot Fuzz, The World's End) sowohl als Drehbuchautor und Regisseur hätte werden können. Vielleicht wirkt auch deswegen das Ende von „Ant-Man“ etwas abrupt und man kommt nicht umhin zu vermuten, dass der Film wichtiges für kommende Ereignisse im MCU uns Zuschauern vorenthält. Ach und nicht vergessen: Bis zum Ende des Abspanns sitzenbleiben.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.****

Filmkritik von Julius, 12.07.2015