Filmkritik zu "Blackhat"

  

Wenn Michael Man einen neuen Film seinem internationalen Publikum präsentiert, dann dürfte inzwischen ein jeder wissen, dass es dort rasant hergehen wird. Das alles natürlich in einer extrem cleanen Optik, die er sogar auf die goldenen 20er und 30er Jahre transferiert, wenn es denn sein muss. Sein neuer Action-Thriller „Blackhat“ bildet da keine Ausnahme und bleibt sogar in so vielen Elementen der manschen Kinotradition treu, dass man fast von einer „Best Of“ Sammlung sprechen könnte.

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Bekanntes in schicken, neuen Klamotten

„Best Of“ Alben sind allerdings häufig so eine Sache. Entweder hangeln sie sich an einem zeitlichen Rahmen entlang oder versuchen irgendwie ein Kurve, eine Erzählung, ähnlich wie auf einem Konzeptalbum aufzubauen. Da die Teile aber ja nie für einander komponiert wurden, passen sie halt einfach nicht zusammen. Glühende Fans ignorieren solche Details natürlich gnädig und erfreuen sich einfach an der Zusammenstellung der besten Momente einer Band. Eins vorne weg, so dramatisch läuft es in „Blackhat“ nicht ab. Allerdings präsentiert der Film Fans von „The Insider“, „Heat“, „Manhunter“, „Collateral“ und „Miami Vice“ nur wenig, was ihnen nicht zumindest sehr bekannt vorkommen dürfte und an anderer Stelle besser aussah. Einzig Filme wie „The Last of the Mohicans“, „Ali“, „Public Enemies“ und kurze Ausflüge ins B-Kino und die TV-Landschaft bleiben unberührt. Ansonsten spielt „Blackhat“ scheinbar in exakt der selben Parallelwelt, die Man so häufig heraufbeschwört und unserer achso ähnlich sieht. Eine Welt voller Privatjets, Speedboats, rasanter Schießereien in auf hochglanzpolierten, urbanen Settings, wo harte Männer hinter Wänden aus nacktem Beton in Deckung gehen müssen während ihnen die Kugeln nur so um

die Ohren pfeifen. Kaffee wird in dieser Welt gerne nachts in einsamen Bars getrunken, romantische Beziehungen sind von Beginn an zum Scheitern verurteilt und die Charaktere zeichnen sich durch Stillstand aus und nicht durch Entwicklung. Wer sich nun fragt: „Sowas kenne ich doch von Philip Marlowe und Konsorten?“, der liegt sicherlich goldrichtig. Über die Jahre hat sich Michael Man zu einer Art filmischem König des Pulpgenres der Gegenwart emporgearbeitet. Und seit Mitte der 90er Jahre scheint die Zeit auch genau für so ein Kino, wird es nicht im Übermaß produziert, reif zu sein. Anfang der 80er Jahre schienen seine Anti- oder zumindest nur sehr unfreiwilligen Helden, die gerne über einen mehr als nur leicht angeknacksten moralischen Kompass verfügen, noch nicht beim Kinopublikum anzukommen. Damals entstand „Der Einzelgänger“, ein harter Großstadtthriller um den professionellen Tresorknacker Frank (James Caan), der nach einem Raubzug auf Rache sinnt. Bei vielen Kritikern galt dieser Film lange Zeit als einer der besten Thriller, das Publikum lehnt ihn schlichtweg ab.

Pulp Fiction

„Blackhat“ wird dieses Schicksal sicherlich erspart bleiben. Dafür wird allein der Hauptdarsteller Chris Hemsworth (Thor, The Avengers) sorgen. Der gebürtige Australier spielt einen kriminellen Hacker, der zusammen mit einer Joint-Taskforce bestehend aus FBI-Agenten und chinesischen Ermittlern, einen anderen Hacker zur Strecke bringen soll um zum einen seine Haftstrafe zu verringern und um zum anderen Schlimmeres zu verhindern. Schon bei Präsentation den Trailers ging ein Stöhnen durch das internationale Kinopublikum. Und es war sicherlich nicht immer eines der Freude. Thor spielt einen Hacker? Ja. Und dieser Hacker kann mit Codes genau so gut umgehen, wie mit verdeckten Operationen und steht in Sachen John Wick nur um weniges nach. Immerhin macht Man eben Pulp. Im Pulpgenre ist derlei auch völlig in Ordnung, hier dürfen hier Archäologen Boxkämpfe gegen Nazis gewinnen und Peitschen schwingen. Somit ist er, Nicolas Hathaway, genau der richtige Mann um mit seinem ehemaligen Mitbewohner und FBI-Agenten Chen Dawai (Leehom Wang) den Verantwortlichen zu stellen, der in den ersten Minuten des Films Zerstörung auf globaler Ebene mit ein paar Nullen und Einsen sät, ohne auch nur eine Kugel abzufeuern. In einer Bildästhetik, die einen Hack zu einem optischen Schauspiel macht, ohne sich dabei all zu fern der Realität zu bewegen, wird zum einen ein Atomkraftwerk dem Boden gleichgemacht, als auch die Chicagoer Handelsbörse lahmgelegt. Es ist schon ein wenig beeindruckend und zugleich beängstigen, wenn man in visueller bis metaphorischer Aufbereitung, beobachtet, wie Hacker hinter eine dicke Firewall schlüpfen um dort einen Maleware Virus zu verbreiten, der sich wie Krebszellen rasend schnell in der kompletten Anlage ausbreitet, die Kühlung der nuklearen Brennstäbe abschaltet und so eine Kernschmelze verursacht. Als Zuschauer muss man nicht die geringste Ahnung davon haben, wie genau es abläuft, Man macht es einfach zu sehen, was abläuft. Im Vergleich zu anderen Filmen, in denen Hacks eine gewichtige Rolle spielen, mehr als nur eine erfrischende Abwechselung.

Licht und Schatten

„Blackhat“ bietet eine ganze Reihe solcher Momente, in denen Realität und Virtualität sich zu einem Gesamtbild verbinden und Man nutzt diese Augenblicke gekonnt für eine klischeebelastete Handlung. Denn auch in „Blackhat“ ist halt nicht alles perfekt. Bisweilen wünscht man sich Man hätte mehr Zeit darauf verwandt, seine Charaktere mit mehr Details zu versehen, eben mehr wie die Verbrecher und Cops in „Heat“ und „Collateral“, allerdings werfen sich alle Schauspieler derart ins Zeug, dass die Charaktere in „Blackhat“ trotz ihrer Bewegungslosigkeit und Klischeehaftigkeit ernst und annehmbar herüberkommen.

Zudem scheint in anderen Momenten der Stillstand in Mans Charakteren exakt der richtige Ansatz zu sein. Der Film erspart einem gnädig eine Baysche „Partner müssen einander erst hassen um sich lieben zu lernen“ Einleitung und setzte einfach direkt fest, dass Blackhat-Hacker Hathaway und FBI-Agent Dawai in ihrer Collegezeit sich eine Studentenbude teilten und sich in diesen Tagen respektierten und in tiefer Freundschaft verbanden. Ihre Wiederbegegnung auf unterschiedlichen Seiten des Gesetzes ist kurz gehalten, aber derart gemacht, dass der Zuschauer ihre „Miami Vice“-artige Crockett und Tubbs Zusammenarbeit völlig akzeptiert.

Kampf gegen Veränderung

Die Handlung von „Blackhat“ widmet sich mit Feuereifer der Jagd nach dem Drahtzieher der Katastrophen zu Beginn des Films und schickt Zuschauer sowie Akteure rund um die Welt. Alles natürlich im typischen, eingangs ausgebreiteten Man-Stil. „Blackhat“ hat allerdings eine weitere Ebene. So wie sich der Film von Beginn an von der Optik der „Matrix“ Reihe meilenweit entfernt, so verdeutlicht „Blackhat“ an vielen Stellen, dass sich auch unsere Welt in vielen Punkten von ihrem bisherigen Wesen entfernt. Besitz gilt schon lange nicht mehr als um des Reichtums erstrebenswert. Es geht sich vielmehr darum, dass Dinge nur noch erworben werden um sagen zu können, dass man sie besitzt oder besessen hat. Dabei ist längst keiner mehr Herr der Dinge, die mit einem passieren, da der Fluss der Informationen so rasant ist, dass nur sehr wenige noch eine Art von Überblick haben. An vielen Stellen scheinen die Protagonisten mit aller Gewalt dagegen aufstehen zu wollen. Ihre Schüsse dröhnen besonders laut, ihre Taschenlampen sind extrem grell, nach und nach bricht sich ihre Verzweiflung offensichtlich auch in Wut auf alles technische eine Bahn, wenn Hacker Hathaway wie von Sinnen eine Axt gegen eine Metallwand treibt, wenn Kugeln Transportkisten zerfetzen oder einem Mann ein Schraubzieher ins Genick gerammt wird. Die Antagonisten hingegen gehen dezent vor. Nutzen Codes und Kameras. Nur in letzter Konsequenz schicken sie Männer mit Waffen los.

Fazit

Nicht nur Freunde von rasanter Action, sondern auch Freund von absoluter Bildästhetik und intelligentem Thrill werden hier voll auf ihre Kosten kommen. Fans von Chris Hemsworth so oder so.

Bewertung: 4 von 5 möglichen Sternen. ****

Filmkritik von Julius, 22.01.2015

Noch mehr "Blackhat" Film-Infos

Weitere Informationen zu "Blackhat" gibt es hier für euch. Wir haben Bilder, Poster, den Trailer und mehr für euch bereitgestellt. Der Thriller ist ab dem 05. Februar im Kino zu sehen.