Filmkritik zu "Cinderella"

  

Im „Prinzessinnenland“ ist die Welt wieder in Ordnung. Nachdem es lange still geworden war um junge, gekrönte Häupter in der ersten Reihe, dürfen die royalen Mädels endlich wieder mitmischen. Und das ganz damenhaft und ohne Schwertergefuchtel oder Kampfeinlagen. Denn eine echte Prinzessin macht sich nicht die Hände schmutzig. Außer gemeine Stiefschwestern spucken ihr in die Suppe. In „Cinderella“ wird der Reifrock zwar nicht neu erfunden, aber ansprechend zusammengestickt.

cinderella Szenebild 8

Aus Jack Ryans Asche gepuddelt

Ein Filmveteran wie Kenneth Branagh weiß wie man es machen muss. Aber auch eben wie man es besser nicht macht. Beides aus preisgekrönter wie leidvoller Erfahrung. So gab es für „Thor“ 2011 eher positive Kritiken, auch wenn der Film bei Größen wie Roger Ebert durchfiel und eher für sein Marketing, als für seine filmischen Ansätze gelobt wurde. Kenneth Branaghs Ansatz der Jack Ryan Reihe neuen Aufwind zu verleihen fiel mit „Jack Ryan: Shadow Recruit“ im vergangenen Jahr trotz geballtem Stareinsatz durch Kevin Costner, Keira Kneightley, Chris Pine und Kenneth Branagh selber in vielen Augen durch. Zu offensichtlich, zu viel Augenwischerei, zu wenig Handlung. Auch der Erfolg an den Kinokassen wollte sich nicht so recht einstellen.

Nun also „Cinderella“. Ein Thema, das schon einige Male verfilmt wurde, wenn auch schon eine ganze Weile sich niemand mehr an dieses Grimmsche Märchen gewagt hat. Zumindest nicht in Gänze, hatte der Charakter doch erst kürzlich in „Into the Woods“ einen klangvollen und hübschen Auftritt. Aber es ist wohl grade auch einfach der richtige Augenblick endlich wieder royal — und nicht nur damenhaft, sondern auch disneyhaft aufzutreten. „Cinderella“ kommt dann auch tatsächlich in der Realverfilmung erstaunlich streng traditionell daher. Fast möchte man meinen Kenneth Branagh hätte unter die Erfahrungen der letzten Jahre einfach einen Schlussstrich gezogen.

„Seid ruhig zum Schluß. Römer! Mitbürger! Freunde! Hört mich meine Sache führen und seid still, damit ihr hören möget!“

Und so erzählt der Shakespeare Veteran mit Drehbuchautor Chris Weitz (Twillight: New Moon) eine Geschichte um einen schmalhüftige Cinderella, die ihren Prinzen (und dessen Herz)auf dem gradlinigsten Weg erlangt. Wenn der Märchenfreund sich an den letzten wirklichen Märchenfilm aus Hollywood mit Cinderella / Aschenputtel als Hauptcharakter zurückerinnert, dann ist das ein gravierende Rückentwicklung. Damals war es Andy Tennant (Fools Rush In, Der Kautionscop) der in „Auf Immer und Ewig“ einer gesellschaftskritischen, emanzipierten Cinderella beziehungsweise Danielle De Barbarac (Drew Barrymore) die Bühne bereitete. Cinderealla durfte hier nicht nur Leonardo da Vinci treffe und Thomas Morus lesen, sie durfte auch reiten, fechten und all das machen, was die Jungs eben auch dürfen. Aber damals, 1998, hing der Haussegen im Prinzessinnenland schon eigentlich längst nicht mehr grade. Im selben Jahr verabschiedete sich Disney mit „Mulan“ aus der royalen Gesellschaft. Fox hatte nach „Anastasia“ schon im vorherigen Jahr das Handtuch geworfen. Letzterer war zwar ein deutlich liebevoller Ansatz und eine besser erzählte Geschichte als Disneys Kämpferin gegen die einfallenden Mongolenhorden, aber leider auch alles andere als von finanziellem Erfolg gekrönt.

Wenn das Gute doch so nahe liegt

Aber wo eben Danielle De Barbarac zu überraschen wusste, was sicher nicht nur an einer damals recht ungewöhnlichen Rollenwahl für „Scream“ Queen Drew Barrymore lag, sondern eben auch an der feministisch zumindest angehauchten Cinderella, ist die von Lily James (Downton Abbey) gespielte Cinderella nicht nur hauchdünn, sondern auch das absolute Gegenteil. Was dem Film nicht im Ansatz schadet, so man ihn als das sieht, was er sein möchte: Ein Märchen in seiner gradlinigsten Form.

Lily James ist vielen sicher als Rose aus „Downton Abbey“ bekannt. Einer jungen, quirrligen und freigeistigen Dame ganz in Stil der 20er und 30er Jahre. Keine Feministin, aber eben auch keine Person, die sich von ihrem Weg abbringen lässt. Ob es nun um dunkelhäutige Jazzsänger an ihrer Seite oder britischen Neuadel mit jüdischen Wurzeln an ihrer Seite geht. Einen kleinen Hauch von Verruchtheit bring Lily James sicher aus „Downton Abbey“ mit, ansonsten aber ist ist sie ganz die Cinderella, die ein klassischer Märchenfilm braucht und die sich wunderbar an die Seite von Richard Madden (Game of Thrones). Auch er ist natürlich ganz der Märchenprinz mit blauen Augen und blitzenden Zähnen. Beide also in Fragen der Besetzung kein Wagnis. Aber halt genau das, was „Cinderella“ braucht.

Bis auf eine Ausnahme sind auch die weiteren Besetzung sehr naheliegende Entscheidungen. Derek Jacobi (The King's Speech, Grace of Monaco) mimt des Prinzen alternden Vater, Holliday Grainger (The Riot Club, The Borgias) und Sophie McShera (Downton Abbey) die bösen Stiefschwestern. Wirklich heraussticht aber Cate Blanchett als die böse Stiefmutter. Sie verleiht ihrer Rolle eine Menge Grazie, spielt voller Freude und scheint sichtlich Vergnügen daran zu haben auch mal etwas sehr leichtherziges für ein jungen Publikum abzuliefern, denn auf genau dieses ist „Cinderella“ allem Anschein nach gemünzt. Vergessen werden darf natürlich auch nicht Helena Bonham Carter. Kenneth Branaghs Exfrau könnte sicherlich als gute Fee eine Performance hinlegen, die man von ihr erwarten würde: Ein wenig wie Johnny Depp und irgendwie abgedreht. Aber genau das macht sie nicht. Sie spielt ihre Rolle. Für Kinder. Ohne Ausraster.

Der Prinzessin ihre Kleider

„Cinderella“ wahrt sogar in Sachen Optik durchgehend die Fassung. Wie die Zeichentrickvorlage platziert sich mit dem Design der luxuriösen Kostüme auch die Realverfilmung irgendwo zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert. Ein ansprechender Mix aus Zeiten. Militaristisch angehaucht bei den Herren, die Damen stets mit hohen Krägen und Hüten. Die Arbeit von Sandy Powell (immerhin für bisher Zeit ihres Wirkens für satte 10 Oscars nominiert) bringt es in jeder Szene auf den P(r)unk(t). Kameramann Haris Zambarloukos (Branaghs übliche Wahl) schafft dazu eine leichte und sanfte Optik. In Sachen Effekte und CGI hält sich „Cinderella“ dafür völlig zurück. Einzig Kürbis zu Kutsche wird effektvoll präsentiert und aufbereitet, ansonsten arbeiten Branagh und sein Team mit dem, was sich ihnen bietet.

Fazit

„Cinderella“ ist ein Märchen. Eines von denen, wie wir sie aus Kinderbüchern kennen. Ohne den pädagogischen Ansatz. Ohne großartige Lehre. Einfach ein märchenhaften Märchen, das schön sein möchte. Wie Cinderella eben, die doch auch nur davon träumt eines Tages ihren Prinz zu finden und von diesem geliebt zu werden. So gesehen funktioniert „Cinderella“ als Film hervorragend. Mehr sollte man aber auch nicht erwarten.

Bewertung: 3 von 5 Sternen.***

Filmkritik von Julius, 12.03.2015

Mehr Informationen zu Cinderella

Weitere Informationen zu Cinderella, den Trailer, viele Bilder aus dem Film und das Filmposter findet ihr hier. Cinderella ist ab heute, den 12.03. 2015 überall im Kino zu sehen.