Filmkritik zu Gods of Egypt

  

Filme, die sich mit „Gods of Egypt“ wirklich vergleichen lassen, werden nicht mehr produziert. Filme, die sich mit „Gody of Egypt“ wirklich vergleichen lassen, wurden noch nie produziert. Das ist ein Paradoxon und dieses unterhält eine gewisse Zeit. Allerdings erreicht „Gods of Egypt“ irgendwann den Punkt, an dem sich Dummheit voller Stolz von einem Film über Götter und Menschen in einer merkwürdigen Interpretation des alten Ägyptens in ein Sword & Sorcery Streifchen im Stile eines sehr schwachen Marvel-Rip-Offs verwandelt. Die schmalzigen Dialoge und die CGI auf Niveau eine TV-Produktion aus den ganz frühen 2000ern (die Art, die zwei Abende die Woche einmal im Monat auf RTL oder Pro7 liefen) hätten Retro-Charme, wenn „Gods of Egypt“ nicht alle paar Meter, getrieben von einem optischen Tourette-Syndrom, versuchen würde epische Actionklischees abzufeuern.

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Von Göttern und Menschen

In diesem Film nun mimt Gerard Butler (ein Schotte) Set, den finstersten Gott des alt-ägyptischen Pantheons. Der entreißt seinem playboyhaften Bruder Horus, gespielt von Game-of-Thrones Star Nikolaj Coster-Waldau (ein Däne), in den ersten Minuten von „Gods of Egypt“ Augen und Thron. In dieser Eröffnung duellieren sich die Brüder zunächst mit Schwertern und Speeren, hauen sich dann ein wenig auf die Fressbretter, nur um sich dann in gepanzerte Wesen irgendwo zwischen Powerrangers und Marvel-Androiden aus einem strakschen Pfeifentraum zu verwanden. Es wird munter durch die Luft gehüpft und durch Säulen geboxt. Warum die beiden Kontrahenten nicht direkt sich für dieses Erscheinungsbild entschieden haben verbleibt das große, leider bis zur letzten Minute ungelöste, Rätsel von „Gods of Egypt“.

Zunächst will Set aber Horus eigentlich umbringen, lässt sich aber durch die von Elodie Yung (eine Französin) gespielte Göttin Hathor von seinem Plan abbringen. Der augenlose Horus wird statt dessen in ein finsteres Grab gesperrt, aus dem ihn der tapfere Langfinger Bek, gespielt von Brenton Thwaites (ein Australier), befreit. Dessen große Liebe Zaya (Courtney Eaton aus „Mad Max: Fury Road“ - eine Australierin) wurde leider von einem Pfeil auf den Weg ins Jenseits geschickt. Nur der Herrscher Ägyptens kann eine Tote, solang sie noch nicht im Reich der Abgetretenen angekommen ist, wieder ins Leben zurückholen. Horus bleiben also nur wenige Tage Zeit um seinen Thron zurückzuholen, Ägypten von Sets Knute zu befreien und Beks Herzensdame zu retten.

Eigentlich kein schlechtes Setup für eine Action-Adventure: Ein dringend nötiger Coup in einem fantastischen Setting und gegen die verrinnende Zeit. Regisseur Alex Proyas („The Crow“, „Dark City“) scheint eigentlich ein ziemlich konkretes Bild vor dem geistige Auge gehabt zu haben, was für einen Film er machen wollte. Trotz der prahlerischen Bilder und der comichaften bis grenzwertigen Sci-Fi Elemente ist „Gods of Egypt“ in seinem Innersten ein Schwerter & Sandalen Film. Jede freie Männerbrust ist glatt gewachst, jeder Busen bebt. Die Charaktere sprechen zu Gruppen von (Gut, es sind nur virtuelle) Statisten, durchbohren ihre Kontrahenten mit Schwertern und Speeren (und lasern sie weg, aber so sind Götter nun einmal), schwören hier Gefolgschaft und da Rache und stolzieren in metallischen Tuniken durch die Gegend um Sätze von sich zu geben wie: „Warum nur wurde ich geschaffen um durch den glühenden Sand der Wüsten zu gehen, während mein Bruder barfuß an den Ufern des Nils flanieren darf?“, „GIB MIR MEINE AUGEN!“ und „Habt ihr in meinem Haus Unzucht getrieben?“

Augenschmaus und Whitewashing

„Gods of Egypt“ ist vollgestopft mit super sportlichen Schauspielern, von denen nur ein paar Nebendarsteller auch nur in der Nachbarschaft des alten Ägyptens geboren worden sein könnten. Außer natürlich die Archäologie lügt und am Nil waren damals alle weiß. Proyas hat sich 2015 zu so etwas wie einer Entschuldigung für diesen Umstand durchgerungen und dafür die lahmste Ausrede seit Scotts etwa gleichlautender Entschuldigung für „Exodus“ (wir erinnern uns an den Bibelepos, in dem ein Brite und ein Australier Mose und Ramses spielen) gewählt: Ich würde ja passend casten, aber dann hätte ich meinen Superstreifen nicht finanziert bekommen. So ist dann der bekannteste, nichtweiße Darsteller Chadwick Boseman als zickiger Thoth, Vater der Wissenschaften, Religion, Philosophie und Zauberei. Whitewashing beiseite gelassen macht der Cast dennoch seinen Job. Rufus Sewell darf mitmachen und liefert als dekadenter Architekt Urshu eine witzige Version des junge Tony Curtis ab, Geoffrey Rush mimt Ra, den Sonnengott, der auf einer Art ägyptischer Raumstation im Orbit abhängt, von der aus er einen leviathanesen Riesenwurm mit Lichtblitzen beschießt, damit der die Erde nicht verspeisen kann. Wer also hofft mittels „Gods of Egypt“ sein Wissen um ägyptische Mythologie aufzubessern, der oder die dürfte mit „Stargate“ besser fahren. All diese Charaktere hauen dank der Drehbuchautoren Matt Sazama und Burk Sharpless Sätze ohne Augenzwinkern raus, die bisweilen hochkomisch sind. So fragt Set beispielsweise Urshu mit Blick auf seinen gigantischen Turm, ob man den nicht doch noch etwas größer bauen könnte.

Scheitern am tragischen Versuch ganz oben mitspielen zu wollen

„Gods of Egypt“ hat eine Vision. Es ist zwar eine lächerliche und absurde, aber sie ist vorhanden und sichtbar. Es gibt fliegende Streitwagen, die von geflügelten Käfern und Vögeln gezogen werden. Es gibt Schatzkammern, gespickt mit Fallen in denen die Jump and Run Version von Indiana Jones seine hellen Freude hätte. Es gibt Armreifen mit denen sich 42 Dämonen verschrecken lassen. Die weißen Götter (und der eine mit dunkler Haut) bluten golden, wenn sie verletzt werden und sind locker drei Meter groß. Der Klamottenstyle der göttlichen Herrschaften ist durch die Bank von Kleidung geprägt, die Prince zu seinen besten Zeiten auf einer Bar Mitzvah getragen hätte.

Aber darüber hinaus versagt „Gods of Egypt“ kläglich. Wichtige Konflikte können nur damit gelöst werden, dass sich irgendwer auf der Spitze irgendeiner Pyramide oder eines Berges mit irgendwem duelliert während ihn die Kamera umkreist oder irgendwer anderes vor riesigen (und dennoch federleichten) Monstern oder Objekten wegrennt. Nichts hebt sich von anderem Popcornkino ab. Dinge fliegen von hier nach da, Dinge fallen runter, Leute werden durch die Luft geschleudert oder springen extrem weit während sie „Aaaauuuugggggh!“ rufen. Die Dolby Soundsysteme honorieren das mit Gedröhne und am Schnitttisch machen die Cuts Überstunden um Action zu erzeugen, zerstückeln aber dabei schlussendlich all die Bilder, die eine Betrachtung verdient hätten. „Gods of Egypt“ hätte ein Schlockfest im Stile von „Flash Gordon“ oder „Barbarella“, sogar vom Format eines „Talon im Kampf gegen das Imperium“ werden können, auch alles Filme die populäre Klischees und Dummheiten verkocht haben, dabei aber Persönlichkeit entwickelten. In „Gods of Egypt“ erstickt monotone und einfallslose Action jedoch jeden Geist im Wüstensand.

Fazit

Ein Festival der verschenkten Möglichkeiten. Trashjuwelen werden als Kultfilme wiedergeboren, aber der Zwang unbedingt mit Marvel mithalten zu wollen und den Giganten des Superheldenstreifens auf dem eigenen Terrain mit den Mitteln des dummdreisten Actionkinos schlagen zu wollen, entpuppt sich ohne zu überraschen als Bauchlandung — trotz witziger Dialoge und schöner Ideen. Das Gegenteil von gut ist und bleibt eben gut gemeint.

Bewertung: 2 von 5 Sternen.**

Filmkritik von Julius, 07.03.2016