Filmkritik zu James Bond - Spectre

  

In seinem 24. Abenteuer „Spectre“ sieht sich Bond mit allerlei Schwierigkeiten daheim und in der Fremde konfrontiert. Sein Arbeitsplatz soll wegrationalisiert werden und die neue Karre geht an einen anderen. Mendes und eventuell Craigs letzten Bond-Abenteuer ist eine Reise durch die Höhen und Tiefen der jüngeren Franchise Geschichte.

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SPECTRE startet am 05. November in unseren Kinos. Mehr Bilder & den Trailer gibt es hier.

Schweres Erbe

Würde irgendwo eine Umfrage zum Thema „James Bond“ durchgeführt, so würden sich die häufigst gewählten Antwort sicher auf ein paar Konventionen herunterkochen lassen. Bonds Abenteuer spielen an internationalen Orten mit Flair. Bond hat stets schöne Frauen an seiner Seite. Bonds Gegenspieler sind schier unbesiegbar erscheinende Superverbrecher. Bond Filme beeindrucken mit spektakulären Stunts. All diese Punkte hakt „Spectre“, der 24. Einsatz des erfolgreichsten Agenten im Dienste ihrer Majestät, ab. Sam Mendes macht in seinem 2. Bondfilm vieles richtig, aber leider eben nicht alles. Hier muss allerdings auch angemerkt werden, es geht weitaus schlechter und Mendes tritt mit dem 4. Daniel Craig Bond kein leichtes Erbe an. „Skyfall“ gilt völlig zu Recht als einer der besten Bondfilme aller Zeiten, da aber die Craig Bonds irgendwie schon immer eine größere Verschwörung im Hintergrund andeuteten und sich somit an den Filmen mit Sean Connery (und George Lazenby) orientierten, haben so einige eine Verknüpfung von „Casino Royale“, „Ein Quantum Trost“, „Skyfall“ und eben „Spectre“ erwartet. Leider findet genau diese Verbindung statt und verlangt so nach einer übermächtigen und allgegenwärtigen Überverschwörung, die auf der einen Seite wie ein Relikt aus der Vergangenheit, auf der einen Seite wie geopolitische Realität erscheint.

Herbstdepression

Wie ein Relikt auf der Vergangenheit erscheinen dann auch stellenweise Darstellung und Erzählung von „Spectre“. Ironischerweise ist Sam Mendes letztes Bondabenteuer immer genau dann am besten. Wenn James Bond (Daniel Craig) im Vorspan des eigentlichen Films ganz aus Versehen einen Straßenzug in Mexiko-Stadt während der Parade zum Tag der Toten einebnet und sich plötzlich vor einstürzenden Immobilien retten muss, dann landet er wie der stets vom Glück verfolgte James Bond aus den Tagen Roger Moores auf einem just bereitstehenden Sofa. Krawatte gerichtet, kurz abgestaubt und direkt weiter. Dieser und viele weitere Augenzwinkereien in Richtung vergangener Bondigkeiten wissen zu unterhalten. Es sind jedoch diese schönen Augenblicke, die sich im Kontext von Daniel Craigs ernstem Bond wie Fremdkörper anfühlen.

Die Gravität und passend zur Jahreszeit gewählte späte Herbstlichkeit in der ersten Hälfte und drei Fünfteln der Locations von „Spectre“ ergibt in der Gesamtschau der letzten vier James Bond Filme völlig Sinn. Alles begann aufstrebend und frisch wie der Frühling in „Casino Royale“. Grade den Doppel-Null Status erhalten und den ersten großen Auftrag in der Tasche, da läuft dem kürzlich gekürten Killer im Diensten des britischen Empires seine große Liebe über den Weg, die ihm kurz darauf wieder geraubt wird. Die Konsequenz daraus ergab sich in der heißblütig und von Rache getriebenen Handlung des schwachen „Ein Quantum Trost“. In „Skyfall“ nun endet Bonds Karriere gleich zu Beginn und es bedarf der sinistren Absichten eines ehemaligen Kollegens um Bond aus dem selbst gewählten Ruhestand zurückzuholen. Auch hier ist es bereits kühl und nass in London, dennoch strebt Bond am Ende einem zweiten Frühling entgegen. Nach Konstruktion und Dekonstruktion wird der Status Quo wiederhergestellt.

Im Auftrag der Toten

Genau diesen aber werfen Sam Mendes und die Autoren John Logan (Oscarnominiert für „Gladiator“, „The Aviator“ und „Hugo“, Neal Purvis & Robert Wade (bereits mit Agenten in „Johnny English“ und „Die Welt ist nicht genug“ in Kontakt getreten) und Jez Butterworth („Edge of Tomorrow“ und „Black Mass“) wieder um. Bonds furiose und extrem hochwertige Sequenz in Mexiko fand nicht in Ms (Ralph Fiennes) Auftrag statt und beschert dem besten Mann der Military Intelligence einen ungeplanten Urlaub.

Bond, wie aus den aktuellen Filmen gewohnt, gibt so oder so nicht viel auf Vorschriften, verpflichtet kurzerhand die ein wenig blass wegkommende Moneypenny (Naomie Harris) und den smarten und Einzeiler verfeuernden Q (Ben Wishaw). Mit ihnen macht sich Bond im Namen der Toten daran ein Verschwörung von gigantischen Ausmaßen von ihrem sehr baldigen Gelingen abzuhalten.

Dabei stellt sich ihm an drei Stellen der hünenhafte Hinx (Dave Bautista) entgegen. Der grausame Vollstrecker mit messerscharfen Daumennägeln liefert eine sehr ironisch-bondige Verfolgungsjagd durch die nächtlichen Straßen der römischen Altstadt, einen rasanten Wettstreit zwischen Geländewagen und Flugzeug (inklusive Signature Weapon in Form eines doppelläufigen Colt 1911 von Arsenal Firearms) und einen sehr sean-conneryesken Kampf Mano-A-Mano in einem edlen Zug auf dem Weg in die marrokanische Einöde ab. Bautista macht als Hinx eine durchweg gute Figur und gehört sicher zu den positiven Überraschungen von „Spectre“.

An Bonds Seite nach ungefähr der Hälfte des Filmes das einzige der beiden Bond-“Girls“ des Films. Mit Frauen scheint es Craigs Bond aber ja so wie so nicht so zu haben - verglichen mit dem Verschleiß seiner Vorgänger. Mit Madaleine Swan (Léa Seydoux) erhält „Spectre“ eine weiter Verbindung zu „Casino Royale“ und „Ein Quantum Trost“. Auch wenn Léa Seydoux wunderbar anzusehen ist und mit viel Gefühl spielt, beschränkt sich ihre Rolle eigentlich darauf erneut die positive Seite von Bonds Emotionen hervor zu kitzeln.

Allerdings treten wieder die Züge des rohen und unkontrollierten Bonds aus „Ein Quantum Trost“ zu Tage und wir erleben erneut einen betrunkenen James, der sogar mit scharfer Waffe auf kleine Nagetiere zielt. Im Angesicht von Schurken wie dem mysteriösen, diabolischen und ein wenig an den Paten erinnernden Oberhauser (Christoph Walz) sicherlich nicht der smarteste Move. Zum Glück für „Spectre“ und zum Unglück von die gleichnamige Organisation kann sich Bond bis auf zwei Ausrutscher und einer völlig unnötigen Liebesnacht mit Monica Belucci dahingehend am Riemen reißen.

Fazit

Unterm Strich ist „Spectre“ ein leicht über dem Durchschnitt liegendes Bond-Abenteuer. In den 148 Minuten Laufzeit will leider der Funken nie so wirklich überspringen. Obendrein lähmen einige sehr schöne, aber die Geschwindigkeit raubende Tracking Shots den Film zusätzlich. Erst in der finalen Sequenz findet Bond dann wieder die verlangte Geschwindigkeit. „Kingsman“ und „Mission: Impossible — Rogue Nation“ haben das Thema Superagent deutlich besser abgeliefert. Dennoch positioniert sich „Spectre“ locker vor „Ein Quantum Trost“ aber eben auch hinter „Casino Royale“ und „Skyfall“. Alles in allem aber, sollte dies denn der Fall sein, bildet „Spectre“ einen guten Schlussakkord für Craigs und Mendes Bond.

Bewertung: 3 von 5 Sternen.***

Filmkritik von Julius, 31.10.2015