Filmkritik zu Point Break (2015)

  

Seit seinem Debüt im Sommer '91 hat sich der Actionfilm „Point Break“, hierzulande besser bekannt als „Gefährliche Brandung“ eine treue Anhängerschaft zugelegt. Und so wirklich kann den Erfolg des Filmes keiner erklären — außer eventuell mit leichter 90er-Demenz. Wie man es auch drehen und wenden will, der Streifen um den spießigen FBI Agenten Johnny Utah (Keanu Reeves), der eine Bande von Bankräubern bei Tage, Surfern bei Nacht, angeführt vom enigmatischen und Zen-Sprüche um sich werfenden Bodhi (Patrick Swayze)unterwandert, ist Kult. Und bekommt einen neuen Aufguss.

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Point Break ist ab dem 21. Januar 2016 in den deutschen Kinos zu sehen.

Als die Brandung noch gefährlich war...

Schon das Original war seiner Zeit ein Film, der sich eher auf der aggressiven Seite von inhaltlicher Dummheit verordnen ließ. Die Zeit hat ihn auch nicht unbedingt besser dastehen lassen. Aber, trotz aller Simplizität, war Kathryn Bigelows (zum Glück bekannt für deutlich bessere Filme wie „Strange Days und „The Hurt Locker“) „Gefährliche Brandung“ nicht eine Minute langweilig. Besonders die Actionszenen wurden von Bigelow auf eine visuell sehr fesselnde Art erzählt. Die etwa mittig im Film ablaufende Verfolgungsjagd durch ein Wohngebiet ist sicherlich eine der hervorragensten der frühen 90er Jahre. Neben Kultdarstellern wie dem jungen Reeves und den schon damals nicht mehr so jungen Swayze sind es diese spektakulären Sequenzen, die einen vergessen lassen, wie stupide der Film eigentlich ist. 25 Jahre später werden wir nun mit einem Remake gesegnet. Doch „Point Break“ mangelt es nicht nur an wirklichen jedem Funken optischen Thrills oder des 90er-Charmes des Original, sondern könnte auch sicherlich dann nicht stumpfer sein, wenn man es mit voller Absicht darauf angelegt hätte.

„Point Break“ oder einfach nur „EXTREM!“

Wieder einmal ist Johnny Utah (Luke Bracey) der Held der Geschichte, hier nun ein Extremsport-Fan, der ein tragisches und traumatisierendes Erlebnis hatte. Schon dieses einschneidende Ereignis kommt einer dümmlichen Parodie der Eröffnung von „Cliffhanger“ gleich. So wird aber das extreme Gesportel an den Nagel gehängt und eine viel entspanntere Karriere als F.B.I. Agent eingeschlagen. Gleich im ersten Fall wird der Jungspund Teil einer Sonderkommission, die sich mit merkwürdigen Einbrüchen in Mumbai und Mexiko befasst, bei denen die Ziele immer us-amerikanische Unternehmen mit zu viel Patte unter den Kopfkissen waren. Die Täter: Adrenalin-Junkies, die sich mit Motorrädern und Fallschirmen bewaffnet von Hochhäusern stürzen und ihre Beute an die Armen verteilen (aber sich nicht eine Sekunde um die zu Boden rauschen Rennhobel scheren). Utah, gleich voll in der Materie und dümmlich-sportlichem „Dude!“ anstatt einem prätentiösen „Heureka!“ auf den Lippen, zählt fix Eins und Eins zusammen und folgert messerscharf, dass die fiesen Verbrecher Extremsportler sind, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, nicht nur ganz schön krasse Diebstähle zu begehen, sondern nebenbei auch noch die „Ozaki Eight“ abzureißen. Diese wiederum sind acht extremst extreme Stunts, die Extremsportler und Umweltaktivist Ozaki Ono zu Ehren von Mutter Natur erdacht hat. Ziel dieser Großtaten ist es der Natur zu huldigen und dabei extrem cool auszusehen. Mutter Natur war davon so begeistert, dass sie Ozaki Ono schon bei der dritten Luftnummer in die ewigen Jagdgründe beordert hat.

Utahs extrem brillanter Plan ist es nun die Bande zu infiltrieren. Alle finden den Plan doof, aber sein Chef (Delroy Lindo) lässt ihn gewähren, immerhin sieht er schon jetzt extrem cool aus und hat somit die besten Chancen auf Erfolg. Die Verdächtigen spürt er dann auch in Südfrankreich auf, will diese beim Surfen beeindrucken und geht dabei fast drauf. Ziemlich extrem soweit. Gerettet wird er von Bodhi (Edgar Ramirez), der sich auch direkt als ein krasser Typ herausstellt, der um die Welt reist, die Ozaki Eight abhaken und extrem krass bis heftige Einbrüche hinlegen will. Verrückt, wie klein die Welt ist. Sein Ziel ist es damit übrigens nicht nur Mutter Natur zu huldigen, sondern auch den Armen und der Welt zu helfen — und das ganze um die Welt reisen der Bande zu finanzieren. Von seinem Kontaktmann (Ray Winstone) wird Utah zwar davor gewarnt, sich zu sehr mit der extrem coolen Truppe zu verbandeln, aber da ist es schon um den F.B.I.ler geschehen und es geht mit Wingsuits und Snowboards Bergrücken runter und mit Samsara (Teresa Palmer) darf sich Utah noch in ganz anderen Extremsportarten üben. Alles nur Spaß und super witzig, bis Bodhi und Co eine Goldmine sprengen und Utah plötzlich wieder einfällt, weswegen er überhaupt mit der Bande abhängt. So geht es Bodhi hinterher nach Venezuela, bevor er das achte Ding durchziehen und für immer verschwinden kann.

Cast away und verschollen im Unsinn

Auch wenn „Gefährliche Brandung“ kein weiter Wurf war, so war er wenigstens gradlinig und direkt. Kurt Wimmers Drehbuch zu „Point Break“ aber meandert sich mit den smartesten Moves seit Erfindung der Plattentektonik durch den Film und scheint einzig damit beschäftigt zu sein Bodhi Kōans aus der Klapsmühle absondern zu lassen, in denen es sich stets um ein Einswerden mit Mutter Natur dreht durch Erfüllen der Ozaki Eight — ohne dabei auch nur einmal zu erklären, wofür die acht Stationen überhaupt stehen sollen. Macht ja nichts, Hauptsache extrem und die Frisur sitzt. Die Actionsequenzen nun sind eine völlig übereditierte Ansammlung an wirr zusammengestückelten Aufnahmen, die kaum wirkliche Rückschlüsse zulassen, was eigentlich grade passiert. Wo dieses Jahr „Mad Max: Fury Road“ und „Carol“ mit ausgefeilter erzählerischer Optik und Kameraführung höchste Standards (wieder)hergestellt haben, sortiert sich „Point Break“ an dem Ende der Fahnenstange ein, an dem sonst Hunde ihre Notdurft verrichten. Mehrfach lässt sich der Eindruck gewinnen, dass Regisseur Ericson Core und sein Kameramann sich völlig uneins darüber waren, wie sie Action darstellen wollten — was nur noch dadurch übertroffen wird, dass Core beide Funktionen in Personalunion inne hatte.

Im originalen „Gefährliche Brandung“ trieb die bizarre Verbindung zwischen Verfolger und Verfolgten die Handlung an. Im Remake „Point Break“ nun scheitert dies an der Ermangelung jeglicher Chemie zwischen den Akteuren. Bracey als Johnny Utah fehlt es völlig an Reeves Gravität und scheint andauernd eigentlich flache Parodien von Actionstreifen zu spielen, anstatt die tatsächliche Action mitnehmen zu wollen. Edgar Ramirez wiederum kann zwar schauspielern (wie er grade mal wieder in „Joy“ zeigt), sein Charakter ist allerdings so fade geschrieben, dass es völlig unverständlich ist, wie er es schaffen würde eine durstige Bande Teenies zu Shots zu überreden — oder gar von einer kriminellen Weltreise zu überzeugen.

Delroy Lindo und Ray Winstone können ebenfalls schauspielern, mogeln sich hier aber ganz unter dem Motto „Ich bin hier für die Kohle“ durch ihre Rollen. Höchste Stufe der Peinlichkeit erreicht der Charakter von Teresa Palmer, mit dem deutlich gemacht wird, wie viel Hollywood in Sachen Gleichberechtigung im Actionkino trotz starker Heldinnen diesen Kinojahres wie Imperator Furiosa (Charlize Theron) und Rey (Daisy Ridley) noch zu lernen hat.

Fazit

Die Idee eines Remakes von „Gefährliche Brandung“ ist nicht unbedingt eine schlechte. Aber egal welchen Charme man sich aus der Original herauspickt, den Machern von „Point Break“ scheint keiner aufgefallen zu sein. Statt dessen nimmt man einen bekannten Titel, zimmert ein paar Wahnsinnigkeiten im Stil von „Fast & Furious“ zusammen, ignoriert die visuelle Poetik von Bigelows Vorlage und schmeißt die ganze Peinlichkeit ohne Abschmecken auf den Markt. Fresst oder sterbt. „Gefährliche Brandung“ wartete in den USA mit dem Slogan „100 Prozent Pure Adrenaline!“ auf. „Point Break verfehlt dies nur um satte 97 Prozent. Und selbst diese 3 Prozent wären (ein letztes Mal) extrem hoch gegriffen.

Bewertung: NULL von fünf möglichen Sternen.

Filmkritik von Julius, 30.01.2015