Filmkritik zu Stolz und Vorurteil und Zombies

  

Wie schon die Romanvorlage „Stolz und Vorurteil und Zombies“ fußt, respektive schlurft der Filme „Stolz und Vorurteil und Zombies“ (OT: „Pride and Prejudice and Zombies“) auf einem einfachen Twist: Es ist Jane Austens „Stolz und Vorurteil“ mit Zombies. Wen diese Idee jetzt schon nicht aus den Reitstiefeln oder dem Reifrock haut, wird mit „Stolz und Vorurteil und Zombies“ nicht warm werden. Denn die kleine, nette Idee wurde im Roman schon ein wenig zu weit gestreckt. Dass dieser dann zu einem Bestseller wurde ist vermutlich der einzige Grund, warum wir „Stolz und Vorurteil und Zombies“ im Kino sehen.

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Ab dem 09. Juni könnt ihr Stolz und Vorurteil und Zombies im Kino sehen.

Alles anders, alles gleich

Wer Jane Austen gelesen hat (oder lesen musste) wird schnell erkennen, dass für die Zombievariante die klassische Geschichte um soziale Verstrickungen und Intrigen im England des 19. Jahrhunderts komplett übernommen wurde. Jeder Charakter, jedes Szenario, jeder Plotpoint und zu Teilen sogar komplette Dialoge wurden übernommen. Aufgepeppt nur eben mit der, auf die Dauer nervtötenden, Inklusion einer Horde Untoter, die andauernd auftauchen um alles ein wenig komplizierter zu machen. Um diesen Witz noch flacher zu gestalten, werden, sowohl für das Buch, als auch den Film, Austen und Seth Grahame-Smith als Autoren genannt. Darauf einen Tusch. Dem Buch muss man nun zu Gute halten: Es ist auf trockene und schlaue Lacher angelegt. Das funktioniert in vielen Teilen des Printwerks gut. Burr Steers Verfilmung aber spielt (was erwartet man auch anderes) auf Blut und Action hinaus. Beides wird „Stolz und Vorurteil und Zombies“ schnell zum Verhängnis — wenn auch nicht auf Grund der Narrative, sondern aus einer rein technischen Perspektive.

Den gewaltigen Unterschied zwischen der Literaturvorlage und der Verfilmung von „Stolz und Vorurteil und Zombies“ bilden nämlich einige lange Actionsequenzen. Diese jedoch sind so gekünstelt dargestellt, ausgeleuchtet, abgedreht und geschnitten, dass es oftmals schwer möglich ist wirklich zu verstehen, was dort vorgeht. Es gibt in keinem dieser Sets einen visuellen Kontext zum Angriff, nie lässt sich wirklich ausmachen woher die Angreifer kommen und wie viele sie sind. So werden die Szenen allesamt ihrer Spannung beraubt. Auch eine Bindung zum Geschehen wird unmöglich gemacht. Bisweilen hat man dahingehend zwar das starke Gefühl, Burr würde dies mit voller Absicht provozieren wollen — so wird der Hintergrund immer genau dann unscharf, wenn irgendjemand grade zwischen den hungrigen Kiefern und Klauen eines Untoten endet. Aber noch viel häufiger ist der Ort des Angriffs einfach unklug gewählt. Dank der erkorenen Umgebung ist es zur mangelnden Übersicht so dunkel, dass Burr auch direkt hätte alle Lichter löschen können und nach ein paar Schreien, Gegurgel, Geschlitze und Gestöhne einen der Charaktere eine Fackel zur Präsentation des Ergebnisses entzünden lassen können. Wenn sich dann noch die Bennet Schwestern um den richtigen Mann hauen UND jederzeit Zombieüberfälle befürchten müssen, schaltet das Gehirn des Zuschauers schneller auf Zombieniveau als es „Stolz und Vorurteil und Zombies“ gut tut.

Austen 101 + Zombies

Aber einmal auf Anfang zurückgesetzt. Wem „Stolz und Vorurteil“ bisher entgangen ist: Die Geschichte handelt von der selbstbewussten Elizabeth Bennet (Lily James), der zweitältesten von fünf Töchtern aus durchschnittlichen (hier: nicht überreichen) Verhältnissen, die nicht halb so besessen davon ist zu heiraten, wie ihre Mutter (Sally Phillips) dies gern sehen würde. Als ihre schöne ältere Schwester Jane (Bella HeathcoteI) mit dem gutaussehenden und obszön reichen Mr. Bingley (Douglas Booth) anbandelt, gerät Lizzie in eine Hass-Liebe mit Bingleys engstem Freund, dem noch reicheren Mr. Darcy (Sam Riley). Soziale Klassen üben sich im Kampf, Funken fliegen, Missverständnisse entstehen, klären sich irgendwie und irgendwann wieder auf und die Protagonisten müssen sich sowohl ihres Stolzes als auch ihrer Vorurteile gewahr werden, bevor sie diese überwinden können und das Happy End droht.

Zombifiziert aber laufen ein paar Hasen ein wenig anders. Die Bennets sind allesamt als Kriegerinnen gegen den Untot ausgebildet, denn das macht man so in England. Der soziale Clash entspringt nun dieser Ausbildung, denn im Gegensatz zu den Vermögenden (die erlernen ihre Schwertkunst im feudalen Japan), wurden die Bennets wie alle anderen armen Schlucker in China trainiert. George Wickham (der Antagonist bei Austen, gespielt von Jack Huston) ist nicht nur niemand, dem man trauen möchte (von seinen anderen schlechten Eigenschaften einmal abgesehen), er ist eventuell auch nicht mehr so ganz flüssig in den Adern. Die hochmütige Lady Catherine de Bourgh (eine coole und aalglatte Lena Headey) ist die gefeiertse Zombieschlachterin weit und breit. Sie hat sogar eine Augenklappe um das zu beweisen.

Vorteil und Nachteil und Zombies

Hin und wieder funktioniert dieser Mix. Das sind aber die stillen und ruhigen Noten in der Verfilmung von „Stolz und Vorurteil und Zombies“. Wenn die Damen im Drawing Room stumm beisammen sitzen und anstatt zu sticken ihre Waffen polieren oder sich gegenseitig in ihrer Kenntnis fernöstlicher Kampfkunst verbal übertrumpfen wollen. Aber auch dann, wenn sie sich bereit für einen Ball machen, die Haar richten und ihre Kleider anlegen — dabei jedoch nicht eine riesige Ansammlung an scharfkantigen Eisenwaren an ihren Körper befestigen. Diese kleinen Momente sind es, die „Stolz und Vorurteil und Zombies“ helfen. Die Actionsequenzen aber werfen jede Stimmung wieder um. Wenn sie wenigstens so richtig trashig blutig wären. Leider sind sie nicht einmal das. Die Menge an Splatter nimmt zwar über den Film zu (zunächst scheinen die Klinge mit Innenblutrinnen und anderen Staubsaugerfähigkeiten versehen zu sein), sind aber auch zu Spitzenzeiten viel zu brav.

Durchwegs zu unterhalten weiß Lily James als Lizzie. Wer sie bereits in Kenneth Branaghs „Cinderella” gesehen hat, der weiß um ihre Wirkung. Sie spielt in „Stolz und Vorurteil und Zombies“ zwar eine komplett andere, dennoch ikonische Figur, aber verleiht in beiden Fällen ihrer Rolle eine passende „Reinheit“, die ihre Performance als echt und zugänglich erscheinen lässt. Mit Riley als schroffer und arroganter Darcy verfügt sie über eine gute Chemie, allerdings leidet besonders ihre Verbindung unter den Actionmomenten.

Fazit

Mit mehr Gefühl für den Tonfall von sowohl „Stolz und Vorurteil und Zombies“ als auch „Stolz und Vorurteil“ wäre filmisch sicherlich eine Menge aus der Vorlage herauszuholen gewesen. Eventuell sogar mehr als im Buch selber steckte. Steers, dessen Filmografie von Titeln wie „Igby Goes Down“ über „17 Again“ bis zu „Charlie St. Cloud“ reicht, scheint aber wenig Lust gehabt zu haben (oder wenig Raum) sein Repertoire zu erweitern und sich auf die feinen Noten einzulassen (oder eben auf hartes Gesplatter). Vielleicht hat der nächste Regisseur mit „Sinn und Sinnlichkeit und Seemonster“ mehr Glück.

Bewertung: 2 von 5 Sternen.**

Filmkritik von Julius, 22.03.2016