Filmkritik zu Trumbo

  

Im ersten Drittel von „Trumbo“, einem mehr an einen TV-Film denn einen Kinofilm gemahndes Biopic über den Drehbuchautor Dalton Trumbo, schreiben wir die späten 40er Jahre. Bryan Cranstons namensgebender Protagonist sitzt im Bundesgefängnis. Grund dafür war ein vernichtender Auftritt vorm U.S. Komitee für Unamerikanische Aktivitäten. Hinter Gittern trifft er auf J. Parnell Thomas (James DuMont), den früheren Kopf genau dieses Komitees, der nun wegen Steuerhinterziehung einsitzt. Wenn der Kongressler a.D. Trumbo gegenüber anmerkt, sie beide säßen ja nun im selben Boot, entgegnet dieser: „Nur haben sie ein Verbrechen begangen und ich nicht.“

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Trumbo ist ab dem 10. März 2016 in unseren Kinos zu sehen.

Recht und Gerechtigkeit

Genau dieser Satz aber verrät viel über die Natur von „Trumbo“ und es nichts Gutes. „Trumbo“ ist ein extrem vereinfachter, bestellter Film über Hollywoods Schwarze Liste, in der die Künstler der Traumfabrik, die sich auf jener wiederfanden, allesamt und in jeder nur erdenklichen Hinsicht unschuldig sind. Historisch gesehen wurde Dalton Trumbo zu Recht verurteilt. Seine Straftat war es nicht, wie in „Trumbo“ angedeutet wird, Kommunist zu sein. Es war Missachtung des Kongress und dies beinhaltete auch die Verweigerung jeglicher Aussage einem Komitee gegenüber, welches zwar aus sehr fragwürdigen, dennoch absolut legalen Gründen eine Untersuchung durchführte.

Nun kräht danach kein Hahn mehr. Über Dekaden wurde das filmische Gedächtnis mit falschen Informationen überfrachtet. So behauptet beispielsweise die aktuellste Dokumentation über Dalton Trumbo, dass dieser, als einer der „Hollywood Ten“, durch das Komitee für Unamerikanische Aktivitäten auf die Schwarze Liste gesetzt wurde auf Grund seiner kommunistischen Verbindungen.

Doch dies ist nicht ansatzweise richtig. Das HUAC (U.S. House Committee on Un-American Activities) hat niemals irgendwem ein Berufsverbot erteilt. Die Schwarze Liste war eine Erfindung der großen Studiobosse als Reaktion auf eben jene Anhörung aus dem Jahr 1947, bei der Trumbo jede Aussage verweigerte. Trumbo selber legte zu seinen Lebenszeiten, als überzeugter US-Amerikaner, stets Wert darauf, dass weder die US-Regierung, noch die äußersten Rechten im Kongress für sein und seiner Mitstreiter Schicksal verantwortlich waren. In seinen Augen trug einzig und allein die Traumfabrik die Schuld. 10 Jahre hatte niemand in Hollywood einen Finger krumm gemacht oder auch nur passiv gegen die verhängten Berufsverbote demonstriert.

Die Mär „Trumbo“

Aus Sicht geschichtlich korrekter Erzählung ist es ein grober Schnitzer, dass diese Information einfach in „Trumbo“ nicht kommuniziert wird. Stattdessen verlagert sich der Informationsgehalt auf die trübe Mythologie, die sich um die Schwarze Liste seit den 70er Jahren verbreitet hat. In dieser Mythologie wird viel der jüngeren us-amerikanischen Geschichte vermischt. So ist es oftmals der berühmte Kommunistenjäger Senator Joseph McCarthy, der hinter der Hatz des Kongresses auf kommunistische Hollywoodler steckte (er hatte damit nichts zu tun). Obendrein wird dabei gerne ein Bild der Kommunistischen Partei in den USA gezeichnet, welches nicht dem damaligen entsprach. Denn diese war nicht eine von vielen Parteien in den USA, sondern der verlängerte Arm eines feindlichen und extrem unmenschlichen Systems, einer fremden Tyrannei.

Trumbo selber trat der Kommunistischen Partei 1943 bei. Damals waren die USA und Stalins UDSSR Verbündete im Kampf gegen Nazi-Deutschland, fraglos der größere Verbrecher. Als Zuschauer von „Trumbo“ werden uns all seine Aktivitäten zwischen 1943 und 1947 vorenthalten. Alles beginnt, als Trumbo bereits vermögend und erfolgreich ist. Ebenfalls unbeantwortet (aber sicher für wenige Zuschauer hierzulande von Interesse) bleibt die Frage, warum sich alle Zehn der Hollywood Ten auf das First Amendment berufen haben, anstatt sich auf das Fünfte zu versteifen. So zumindest wären sie nicht alle eingewandert.

Und dort muss Trumbo dann erleben, dass auch das Proletariat nicht auf seiner Seite ist, sondern von Kommunisten zu diesen Zeiten genau so wenig hält, wie es John Wayne tut.

Dafür geht es nach dem Gefängnis auch direkt wieder zurück nach Hollywood (anstatt wie tatsächlich für zwei Jahre nach Mexiko). Trumbo und Co bestreiten ihren Lebensunterhalt von nun an als Autoren für Billigfilme unter falschem Namen. Immerhin bringt uns Zuschauern dies John Goodman und Stephen Root als die King Brüder ein und die zaubern den ein oder anderen Grinser ins Gesicht. Während dieser vielbeschäftigten und schlecht bezahlten Tage schafft es dann Trumbo tatsächlich noch die oscarprämierten Drehbücher für „The Brave One“ und „Roman Holiday“ zu schreiben, auch wenn die Preise an die nicht-existenten Aushängeschilder gehen.

Kaum Oberflächenwirkung

Die schwierigen Umstände, unter denen Trumbo zur Zeit der Schwarzen Liste leben und arbeiten musste, sind Herz und Seele des Films. Seine tapfere Frau Cleo (Diane Lane) und seine drei Kinder müssen mit einem komplexen System aus öffentlichen Täuschungen jonglieren und einen Mann ertragen, der viele seiner Drehbücher sturzbetrunken in der Badewanne verfasst. Und hier trifft „Trumbo“ dann endlich den Tonfall, den man von ihm erwartet. Die Geschichte wendet sich korrekt dargestellt (zeitweise) zum Guten und Trumbos Hartnäckigkeit zahlt sich schlussendlich aus.

Regisseur Jay Roach wählt die bündige Effizienz von typisch us-amerikanischen TV Dramen für seine Erzählung, scheint aber in weiten Teilen überhaupt kein Interesse daran zu haben unter die dünne Oberfläche der Geschichte vorzudringen. Sogar ganz am Ende des Films, wenn Auszüge aus Trumbos berühmter Rede zu sehen sind, in der er selber ausführte, dass es in der ganzen Angelegenheit um die Schwarze Liste keine Gute oder Böse gab, sondern nur Opfer, selbst dort vergisst „Trumbo“ wieder wichtige Informationen. Nämlich die, dass seine Parteibrüder in nach dieser Häresie fallen ließen wie eine heiße Kartoffel. Denn Trumbo war nie linientreu. Umgeben von Parteifreunden, die lieber eine radikal-rechte Regierung an der Macht sehen wollten, glaubten sie doch, diese sei leichter zu stützen um den Kommunismus an die Macht zu bringen, war Trumbo immer schon von diesem Gedanken abgestoßen und sah sich viel eher in der Nachbarschaft von Liberalen als von Revolutionären.

Fazit

Selbst Cranstons Performance schält fast nur Trumbos Schrulligkeit heraus, stellt aber kaum seine Frechheit oder seine berühmte Lebensfreude angemessen dar. Wie vieles in John McNamaras Script ist auch der Protagonist nur mit wenigen Pinselstrichen gezeichnet und gibt den Darstellern erstaunlich wenig Platz zum Arbeiten. So bleibt, neben Goodman und Root, das heimliche Highlight des Film die Klatschkolumnistin Hedda Hopper, süffisant gespielt von Helen Mirren. Ansonsten erschreckend vereinfachte Schwarz-weiß-Malerei.

Bewertung: 3 von 5 Sternen.***

Filmkritik von Julius, 02.02.2016