Guardians Of The Galaxy Vol. 2 Filmkritik — Don´t quill the Peter

  

Als 2014 „Guardians Of The Galaxy“ als Teil des Marvel Cinematic Universe in die deutschen Kinos kam, erhielten wir damit genau die Art Film, die so viele andere cineastische Ausflüge ins Reich der Superhelden gerne gewesen wären. Neu, voller eigener Ideen, rasant und humorvoll. Und das Beste daran war: das Original schmetterte uns nicht erneut die tausendste Origin-Geschichte um die Ohren, sondern schmiss uns direkt und kopfüber in das kalte Wasser.

Seit dieser Zeit sind ein paar Minütchen vergangen und wer gut vormacht, wird gerne kopiert. Eine Vielzahl Superheldenfilme mit ganz ähnlicher Ausrichtung erblickten das Licht der Welt und die Frage schlich sich in den Raum, ob eine Fortsetzung der Guardians da nicht zum Plagiat seiner Selbst werden muss. Zum Glück ist das nicht passiert und ich darf an dieser Stelle schon einmal vorwegnehmen, dass „Vol. 2“ eine mehr als würdige Fortsetzung darstellt. Doch lasst die Freudentröpfchen noch in der Hose, denn der Tag ist lang und der Abend voller Schrecken.

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Film > Serie?

Einige Zeit ist seit dem Kampf gegen Ronan the Accuser (Lee Pace) vergangen und die Guardians sind mittlerweile ein eingespieltes, jedoch problembeladenes Team. Die Harmonie innerhalb der Truppe lässt zu wünschen übrig. Wer der gleichnamigen Trickserie auf Netflix Zeit seines Lebens gespendet hat, wird die grobe Richtung kennen, welcher auch der Film Folge leistet. Persönliche Differenzen müssen beigelegt werden und das höhere Ziel sollte es sein, aus einem lockeren Bündnis eine Familie zu formen.

Die Poster des ersten und des Nachfolgetitels geben dabei bereits einen Vorgeschmack auf die gewählte Fahrtrichtung. Das Plakat zu „Vol. 2“ ist bunter, knallig und schwitzt aus jeder Pore pure Action und Laser-Feuerwerk. Womit ihr auch eine gute Umschreibung der 135 Minuten habt, die jene von euch erwarten, die bereits ein Kinoticket ergattert haben. Der Fokus rückt von den einzelnen Figuren weg und nähert sich einem, dem Sehnerv schmeichelnden, Bombast.

Einzig Peter Quill, aka Star-Lord (Chris Pratt), und Gamora (Zoe Saldana) lassen noch einen erkennbaren Anstieg in ihrer Persönlichkeitsvielfalt erahnen und bewegen sich auf ähnlich „komplexen“ psychologischen Ebenen wie in Teil 1. Der ganze Rest ist zwar ein unterhaltsamer und liebenswerter Haufen, aber auch auf die wesentlichsten Merkmale ihres Egos beschränkt und damit kaum mehr als ein erheiterndes Feature, aber kein elementarer Bestandteil für das Erfolgsrezept der Guardians.

Die gesamte Geschichte rund um Peters Vater ist ein wilder Mischmasch aus zwei verschiedenen Figuren der Comicvorlage und, um das Kind mal beim Namen zu nennen, ziemlicher Bockmist. Aus dem blauen Himmel kommt eine Geschichte daher, die sich so gut in die Welt und das Geschehen einfügt, wie ein Panzer beim Neujahrsfest. Ohne Rücksicht auf Verluste wird der rote Faden in das Gewebe eingenäht und dem Zuschauer vors Gesicht gehalten. Ein Vehikel, welches lediglich die prominenten Charaktere befördern soll, aber sonst keinem komplexeren Zweck dient.

Was also bleibt, ist pure Action. Müsste man zumindest meinen, oder etwa nicht? Doch in diesem Punkt kann ich euch beruhigen, denn „Guardians Of The Galaxy Vol. 2“ hat ohne Frage eine ganze Wagenladung mehr zu bieten als Explosionen und Laserfeuer am laufenden Band. Auch wenn das tatsächlich einen großen Teil des Films ausmacht. Gleichzeitig bekommen wir aber auch eine gehörige Portion Situationskomik, viele flotte Sprüche und atemberaubendes CGI.

Wirklich punkten kann aber vor allem der Schnitt und die Ideen von Regisseur James Gunn, der bereits den Vorgänger verwirklicht hat. Viele Szenen und Bildeinstellungen hat es so wie in diesem Film noch nicht gegeben und sie fügen sich zudem auch noch perfekt in die Welten der Galaxisretter ein. Dazu eine Musikuntermalung, die dem ersten Teil alle Ehre macht. Rein aus der Sicht einer abendfüllenden Unterhaltung, die sich vom Niveau her deutlich von direkten Konkurrenztiteln unterscheidet, ist „Guardians 2“ die perfekte Wahl für Sci-Fi-Fans und Marvel-Jünger.

Nichts vor dem Abend loben …

In erster Linie lebte Teil 1 von der einzigartigen Gruppendynamik. Daher ist es schwer nachzuvollziehen, warum sich die Macher hinter dem Sequel dafür entschieden haben, diese nur beim Auftakt und im großen Finale zu verwenden und die Figuren zwischenzeitlich eigene Wege gehen lassen. Darunter leidet der Flow des Films und die Qualität des Vorgängers wird nur stellenweise erreicht.

Kurzweilig und durchaus in der Lage Spaß zu bereiten, aber leider auch mit großen Schwächen im Erzählstil. Hinzu kommt, dass die Bösewichte dieses Teils eher für den einen oder auch anderen Gag gut sind, aber nicht wirklich überzeugen können oder gar bedrohlich wirken. Stattdessen ist „Guardians Vol. 2“ ein Ausflug in die Welt der Cameos, nerdigen Anspielungen und amüsanter Bad-Ass-Momente. Alles, was dem Zuschauer schon 2014 die Laune versüßt hat, nur eben etwas … abgemagerter.

Fazit

Eine würdige Fortsetzung, die jedoch im Schatten des Vorgängers bleiben wird. „Guardians Of The Galaxy Vol. 2“ beschränkt sich selbst auf den Unterhaltungsfaktor und lässt Geschichte und mehrdimensionale Charaktertiefen außen vor. Was bleibt, ist oberflächlicher Spaß, der jedoch im Sinne der größten Feinschmecker abgestimmt wurde. Somit bietet dieser Ausflug ins Marvel Cinematic Universe beste Unterhaltung, persifliert an vielerlei Stellen jedoch lediglich den Erfolg von Teil 1.

Ob das ausreichend ist, muss jeder für sich selbst entscheiden können, im Falle dieses Autors hat es aber nicht nur ausgereicht, sondern mein Fassungsvolumen für actionreiche Unterhaltung völlig ausgefüllt. „Vol. 2“ ist in erster Linie ein Produkt für Fans des ersten Teils, Fanservice, wenn ihr so wollt. Dadurch eignet sich James Gunns Film eher schlecht als recht für Neueinsteiger, bietet Fans des originalen Teils aber alles, was sie sich nur wünschen konnten.

Guardians of the galaxy Vol. 2 läuft am Donnerstag (27.04.2017) in unseren Kinos (Spielzeiten in unserem Kinoprogramm) an. Mehr zum Film (Trailer, Bilder, Poster etc.) findet ihr in unserer Filmdatenbank.

Bewertung: 4/5****

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 25.04.2017