"John Wick: Kapitel 3" Filmkritik - John Wick Forever

Wer bisher nur gehört hat, wie gut die Filme rund um Auftragskiller John Wick sind, nichtsdestoweniger keine Zeit gefunden hat, sich selbst davon zu überzeugen, hier ein Wort der Warnung. Kapitel 3 baut auf die ersten beiden Werke auf, im Besonderen jedoch auf den zweiten Teil. Wer diesen bis dato noch nicht gesehen hat, kann zwar oberflächlichen Spaß mit Chad Stahelskis ("John Wick", "Sandman Slim") Streifen haben, wird aber höchstwahrscheinlich recht wenig, bis gar nichts verstehen.

John Wick - kapitel 3 Kinostart header DE


Mit Pauken und Trompeten

"John Wick - Kapitel 3" setzt punktgenau dort an, wo sein Vorgänger zum Ende gefunden hat. John wurde von der Gemeinschaft aus Auftragsmördern exkommuniziert und hat noch eine knappe Stunde Zeit, bis jeder Killer in der Stadt versuchen wird, sich sein exorbitant hohes Kopfgeld einzusacken. Da Herr Wick jedoch noch immer zu den Besten der Besten gehört, ist dies leichter gesagt als getan. Der einfallsreiche Assassine verfügt nämlich über Mittel und Wege, und obwohl er als vogelfrei gilt, gibt es hier und dort verbliebene Verbündete, die ihm eine helfende Hand leihen ...

Für Actionfans kann "John Wick - Kapitel 3" gar nicht schöner starten, als es hier der Fall ist. Die erste halbe Stunde des Films ist ein reines, gut inszeniertes und fantastisch choreografiertes Feuerwerk aus Schusswechseln, Martial-Arts-Einlagen und roher, brachialer Action. Wer beim Kinobesuch vergessen hat, wieso die Filmreihe aktuell so beliebt ist, wird zu Beginn beeindruckend daran zurückerinnert. In diesen Momenten ist die Storyline erst einmal unbedeutend.

Jene drängt sich verhältnismäßig spät in den Vordergrund und dient in erster Linie dazu, das Universum der Filmreihe zu erweitern, konzentriert sich also auf den Ausbau an Informationen, die der geneigte Zuschauer über die Welt der Auftragskiller erhält. Wenn überhaupt, ist dies der schwächste Part des Films. Nicht nur, dass sich die Geschichte an dieser Stelle (und einer weiteren, in der zweiten Hälfte) unnötig in die Länge zieht, die Qualität dessen, was wir dort zu sehen bekommen, lässt ebenfalls zu wünschen übrig.

Betrachtet diese Negativkritik jedoch als Motzen auf hohem Niveau, denn die Güte des Films sinkt dadurch nur minimal ab. Es ist tatsächlich eher so, dass das Ablenken von der Action und die Konzentration auf storyrelevante Elemente, nur deswegen sauer aufstoßen, weil die Geschichte im Vergleich zu den Kampfeinlagen so irrelevant, fast schon nichtig wirkt. Das einige der gezeigten Storyvertiefungen zusätzlich den Wert von etwas an den Haaren Herbeigezogenem haben, macht den Umstand natürlich kaum besser.

Einen Ausgleich findet das Drehbuch durch das Einführen interessanter, bisher völlig unbekannter Charaktere, die das Universum rund um John Wick nicht nur bereichern. Zusätzlich wurden diese auch spannend genug konzipiert und in Szene gesetzt, um ernsthaftes Interesse an ihnen und ihrer Vergangenheit hervorzubringen. Allein ihre Existenz lässt Fans nach einer Fortsetzung und/oder Ablegern der Reihe schreien. Dank einiger Kniffe in der Geschichte, zusammen mit besagten Figuren, wird aus den Filmen ein echtes Shared Universe.

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Mit Vollgas

"John Wick - Kapitel 3" besteht vordergründig aus drei größeren Aneinanderreihungen von Actionsequenzen, zwei Male unterbrochen durch ruhigere Momente, welche die Geschichte voranbringen. Man könnte meinen, der Fokus auf Action und Kampfeinlagen dürfte ein wenig zu viel sein, tatsächlich fühlt sich die Mischung aber genau richtig an. Dieser Umstand liegt in erster Linie daran, dass in den brachialeren Szenen genügend Abwechslung herrscht.

Statt sich einfach nur aus das zu verlassen, was in den beiden Vorgängern bereits funktioniert hat, setzt der dritte Teil der Reihe auf deutlich mehr Diversifikation. Um nicht in irgendeiner Form zu spoilern, verzichten wir an dieser Stelle darauf, zu sehr ins Detail zu gehen; lasst euch jedoch versichern, dass sich das Produktionsteam sichtlich Mühe gegeben hat, dem Zuschauer eine ungewöhnliche Vielfalt an Gewalt zu präsentieren.

Auch hier muss der ewig nörgelnde Kritiker die Lupe zur Hand nehmen, um einen Ansatz für die Brechstange des Motzens zu finden. In diesem Fall liegt das Problem bei einigen Kampfszenen, welche im Großen und Ganzen zwar fantastisch wirken, jedoch hier und dort kleinere Fehler aufweisen. In Gruppenkämpfen gibt es immer wieder Gegenspieler, die abwarten, statt John gemeinsam zu attackieren und wer ein gutes Auge hat, wird zusätzlich bemerken, dass die Kämpfe oftmals unnötige Bewegungen beinhalten.

Dies fällt in erster Linie nur auf, wenn ihr euch nicht völlig eingelullt von dem Film beschallen lasst, sondern fokussiert auf das achtet, was rund um John Wick herum geschieht. An dieser Stelle sei gesagt, dass dies nicht unbedingt der beste Weg ist, Stahelskis Werk zu genießen. Bei Kapitel 3 handelt es sich zwar um keinen Hirn-aus-Streifen, doch sollte der geneigte Zuschauer trotz dessen in der Lage sein, Details einfach mal Details sein zu lassen.

Wer das schafft, wird in erster Linie mit Actionchoreografie belohnt, die selbst bei den Experten im Fernen Osten kaum besser funktioniert. Die Kämpfe verfügen über alles, was moderne Martial-Arts-Einlagen haben sollten, sind jede für sich ein kleiner, eigenständiger Film; mit verschiedenen Akten, dramaturgischem Höhepunkt, Spannung, Entspannung und so weiter.

Experten am Set

Abgesehen von dem einen oder auch anderen Einbruch in der Qualität des Erzählstils und manch einem Detailfehler in den Kämpfen gibt es nichts, was noch auf der Kontraseite zu vermerken wäre. "John Wick - Kapitel 3" setzt zwar in Sachen Technik keine neuen Maßstäbe, macht aber gleichzeitig auch nichts falsch. Das gilt quasi in jedem Bereich, angefangen bei der Kameraarbeit, über den Schnitt, bis hin zur Leistung der beteiligten Schauspieler.

Es ist schwer bis unmöglich, hier mit dem Finger auf jemanden zu zeigen, der oder die einen schlechteren und/oder besseren Job macht als der jeweils nächste. Selbst unter den Akteuren ist jeder Einzelne mit sichtlichem Herzblut dabei und das von der größten Rolle, in diesem Fall also Keanu Reeves als John Wick, über Nebenfiguren wie Winston (Ian McShane) oder auch Sofia (Halle Berry), bis hin zu Mini-Auftritten wie sie "Gotham"-Star Robin Lord Taylor zum Besten gibt.

Fazit

Kapitel 3 der John-Wick-Reihe erweitert das Universum rund um die Assassinengilde auf löbliche Art und Weise, begeistert mit fantastischen Actioneinlagen und einem Plot, der sich nicht zu verstecken braucht. Kleinere Fehler in einigen Bereichen werden durch die saubere Arbeit des Produktionsteams und der erstklassigen Performance aller anwesenden Schauspieler ausgeglichen. Ein würdiger Nachfolger für die ersten beiden Filme und sicherlich ein festes Standbein für Teil 4.

Bewertung: 5/5*****

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 15.05.1019