„Kingsman 2: The Golden Circle“ Filmkritik — All Hail America

  

Es ist immer bedauerlich, wenn eine Fortsetzung unter zu vielen Ideen von zu einfallslosen Menschen zu leiden hat. Matthew Vaughn macht in diesem Actionfeuerwerk als Regisseur zwar wenig bis gar nichts falsch, doch in Zusammenarbeit mit Jane Goldman hat er ein Drehbuch auf die Beine gestellt, dass unmissverständlich klar macht, dass kaum einem — vielleicht sogar keinem — der Beteiligten wirklich klar ist, was „Kingsman: The Secret Service“ 2014 überhaupt zu einem Erfolg gemacht hat.

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Fortsetzungen...

Um es auf den Punkt zu bringen: der erste Teil hatte dieses gewisse Augenzwinkern, eine Hommage, die mehr Klasse in Wortwahl, Wendungen und Charakterdesign zu bieten hatte, als viele der ernst gemeinten Konkurrenztitel. Neben grandiosen Einfällen von Vaughn kamen die eigentlichen Eckpunkte des Erfolgs alle aus der Comicvorlage von „Kick-Ass“-Autor Mark Millar. Warum also lediglich Figuren aus dem Original entleihen? Wieso muss der Rest eine willkürliche Mischung aus dessen sein, was früher schon in anderen 08/15-Titeln funktioniert hat, wenn „Kingsman“ doch bewiesen hat, dass viel mehr möglich sein kann?

Vielleicht wollten alle Beteiligten auf Nummer Sicher gehen. Unterm Strich hat es dem Film auch nicht das Genick gebrochen. Doch soll euch diese Einleitung auf das vorbereiten, was euch im Kino erwarten wird. „Kingsman 2: The Golden Circle“ vermisst weitgehend den Charme des Vorgängers und hat in Sachen Plot, Spannungsbögen und Überraschungen eine ganze Ladung weniger zu bieten.

Die Geschichte um die Kriegserklärung einer weltweit führenden Drogenhändlerin und den Kingsman, die wiederum auf die Hilfe ihrer Schwestern-Organisation Statesman angewiesen sind, strahlt nicht unbedingt vor guten Einfällen. Die leichtfüßige Art mit welcher der erste Teil noch das Subgenre sowie große Filmklassiker verschmitzt persifliert hat, ist in der Vergangenheit geblieben. Dafür gibt es in der Fortsetzung mehr von allem Anderen.

Das ist das richtungsweisende Grundprinzip dieses Films. Seinen Vorgänger zur Brust nehmen, in seine Einzelteile zerlegen und jedes auf diese Weise erschaffenes Stückchen übertreffen. Meist in Größe, manchmal aber auch einfach nur im Grad des Irrsinns, mit welchem man gerade um sich werfen möchte, um den geneigten Kinozuschauer bei der Stange und vor allen Dingen bei Laune zu halten.

Wer also „Kingsman: The Secret Service“ für Popcornkino gehalten hat, wird sich für „Kingsman 2“ eine neue Bezeichnung einfallen lassen müssen, denn diese Komödie kocht über beinahe zweieinhalb Stunden auf Sparflamme. Wohl gemerkt, was Erzählstil, Dialoge und Handlung angeht, ganz sicher jedoch nicht in Belangen der Action. Hier liegt einer der beiden Gründe, warum der neue Film von Matthew Vaughn („Layer Cake“, „Kick-Ass“, „X-Men: Erste Entscheidung“) überhaupt funktioniert.

Der andere Pfeiler dieses Torbogens besteht aus genialen Kamerafahrten und makellosem CGI. In Kombination mit verrückten Gimmicks, durchgeknallten Charakteren und natürlich genügend Explosionen, darf sich das Ergebnis rein optisch mehr als sehen lassen. Ach, was sage ich da: muss gesehen werden. Was den visuellen Einfallsreichtum angeht, kann diesem Werk schwer das Wasser gereicht werden — Ehre, wem Ehre gebührt.

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Ein visueller Augenschmaus

So oberflächlich betrachtet unterhält und gefällt „Kingsman 2“ auf ganzer Linie. Bereits nach wenigen Augenblicken habe ich völlig verdrängen können, wie lieblos das gekochte Gericht eigentlich angefertigt wurde. Es ist der Anblick, oder in diesem Vergleich wohl eher der Geruch, welcher am Ende den ausschlaggebenden Punkt zwischen Pro- und Kontraliste ausmacht. Nur, dass sich das hier angewendete Rezept deutlich weniger weit von Omas originaler Anleitung entfernt, als dies bei so manch anderer Fortsetzung der Fall war.

Über die Leistung der Akteure braucht sich auch nicht das Mundwerk zerrissen werden, da keiner der Anwesenden schlechte Leistungen abliefert. Die Dimensionen, in welchen sich die Schauspieler bewegen können, lassen leider zu wünschen übrig, was jedoch in erster Linie erneut dem Drehbuch zugeschoben werden kann. Es ist schwer, aus einer vielversprechenden Figur das Maximum herauszuholen, wenn bereits beim Design geschludert wurde.

So sind Auftritte von Oscar-Preisträgerin Julianne Moore („Magnolia“, „Auf der Flucht“, „The Big Lebowski“) und die herrlich selbstironischen Szenen mit Elton John zwar äußerst unterhaltsam und gut gespielt, jedoch gleichzeitig hohl und ohne jeglichen Einfallsreichtum. Wo früher Klischees verarbeitet wurden, wird „Kingsman 2“ nun selbst zu einem. Nicht ohne satten Humor, jedoch dafür weit weniger originell als wir es nach Teil 1 gewohnt zu waren glaubten.

Gerade bei den neu eingeführten Helden aus der amerikanischen Geheimeinrichtung, darf weitgehend behauptet werden, dass die Figuren der Vorlage lieblos entliehen, jedoch nicht gerecht umgesetzt wurden. Der Gedanke Spaß zu verbreiten war dieses Mal deutlich wichtiger, als den Handlungsträgern Tiefe oder sogar Vielschichtigkeit zu verleihen. Was wir letzten Endes also bekommen ist definitiv unterhaltsam — jedoch nicht sonderlich originell.

Beschwichtigend sei in dieser Hinsicht erwähnt, dass zumindest Hauptfigur Eggsy eine interessante Entwicklung hingelegt hat. Sowohl in Sachen schauspielerischer Leistung seitens Taron Egerton („Sing“, „Legend“, „Eddie The Eagle“) als auch in Belangen der storyrelevanten Umsetzung seiner Figur. Wäre die (recht holprige) Wiedereinführung/Belebung von „Kingsman“-Star Colin Firth als Harry Hart nicht gewesen, würde er diese offene Position nun besetzen. So bleibt er zwar Hauptfigur, jedoch nicht Publikumsliebling. Mal wieder.

Fazit

„Kingsman 2: The Golden Circle“ ist recht inhaltsloses Gemansche, welches sich lediglich an der Comicvorlage orientiert, diese aber weitgehend außer Acht lässt. Die Stärken von Matthew Vaughns Action-Komödie liegen dieses Mal nicht im Charakterdesign und dem augenzwinkernden Humor, mit welchem großen Vertreter des Spionage-Genre Tribut gezollt wurde, sondern in rasanten Kamerafahrten und makelloser Action. Dieser Film ist etwas für die Lachmuskeln und definitiv nichts für das unterforderte Gehirn. Auf dieser Ebene kann das Werk durchaus funktionieren, lässt jedoch den Charme seines Vorgängers oftmals vermissen. Unterm Strich sind sich die beiden Filme zwar ebenbürtig, jedoch in komplett anderen Bereichen, gleichsam mit einer stark unterschiedlichen Gewichtung.

Kingsman 2 ist ab morgen, den 21.09.2017 in den deutschen Kinos zu sehen.

Bewertung: 3/5***

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 20.09.2017