„Luca“ Filmkritik: Der neue Film von Pixar unter der Lupe

  

von Heiner Gumprecht | 16.06.2021

Zwischen zwei großen Pixar-Filmen, von denen jeder Kinofan bereits Monate vor Kinostart weiß, da die Werbetrommel entsprechend ordentlich gerührt wird, liegt beinahe immer ein etwas kleinerer Film des Animationsstudios, von dem die meisten Zuschauer erst zum Start oder sogar deutlich später erfahren.

In diesem Jahr ist das Luca, ein Familienfilm von Enrico Casarosa, der einen Kinostart umgeht und direkt auf dem VoD-Sender Disney+ veröffentlicht wird. Dort steht „Luca“ ab dem 18. Juni 2021 für alle Abonnenten kostenlos zur Verfügung.

luca szene 3Bild: „Luca“ (2021). ©Walt Disney/Pixar

Luca: Zur Handlung

Der Junge Luca (Jacob Tremblay) ist nicht wie andere Kinder in seinem Alter. Denn im Gegensatz zu den Jungs und Mädels, die durch die Straßen tollen und Eis am Strand essen, handelt es sich bei Luca um einen Fischmenschen, der mit seinen Eltern und seiner Großmutter unter Wasser und ein einfaches Leben als Farmer lebt. Doch nachdem mysteriöse Gegenstände von der Oberfläche auf den Grund sinken und von Luca gefunden werden, wurde dessen Faszination von den Menschen und ihrer Welt geweckt.

Seine Eltern würden ihm jedoch nie erlauben, das schützende Nass zu verlassen, da sie den Menschen nicht über den Weg trauen. Ganz im Gegensatz zu einem anderen Fischjungen im gleichen Alter wie Luca, Alberto (Jack Dylan Grazer). Dieser war schon oft an der Oberfläche und hat sich dort sogar in den Ruinen eines alten Leuchtturms ein Zuhause aufgebaut. Als er Luca das erste Mal dorthin mitnimmt, erfährt der Protagonist, dass die Seinen an Land wie ganz normale Menschen aussehen.

Gut getarnt zieht es die beiden Jungs in eine kleine Küstenstadt nahe des Leuchtturms, wo sie hoffen, Senior Vespa zu finden, von dem sie glauben, dass es sich um den Mann handeln muss, der die weltberühmten Motorroller herstellt. Mit einem solchen Gefährt könnten sie ihr altes Leben hinter sich lassen und die ganze Welt bereisen. Doch da stellt sich die Frage, wie sie überhaupt an das Geld für eine Vespa gelangen sollen und während sie versuchen, dieser Frage auf den Grund zu gehen, müssen sie aufpassen, von den Menschen nicht enttarnt zu werden.

luca szene 2Bild: „Luca“ (2021). ©Walt Disney/Pixar

Luca: Eine Kritik

Der neue Film von Regisseur Enrico Casarosa ist eines dieser Werke, deren Handlung sich auf dem Papier ziemlich öde anhören kann. Selbst der Trailer zu „Luca“ erweckt nicht unbedingt den Eindruck, dass es sich hierbei um eine interessante oder gar spannende Geschichte handeln könnte. Ganz klar, in einer Sparte mit Filmen wie Soul und Alles steht Kopf würde ich das Abenteuer der zwei Fischjungen auch nicht stecken, doch ihn gänzlich abzuschreiben wäre ein Fehler, denn „Luca“ ist deutlich besser als ein durchschnittlicher Kinderfilm.

Tatsächlich handelt es sich hierbei um einen gut gemachten, wunderschön animierten und lebensbejahenden Streifen, der beinahe zu jeder Sekunde etwas bieten kann. Manchmal durch seine beinahe schon albernen Slapstickeinlagen, manchmal durch clevere, unerwartete Momente und manchmal, weil die kindliche Vorstellungskraft in dem Film so wunderbar umgesetzt wurde, dass man die Schöpfer für ihren Einfallsreichtum loben muss.

Wären da nicht der eine oder auch andere klitzekleine Logikfehler, „Luca“ wäre vielleicht frei von jeder negativer Kritik. Zumindest, wenn man mit Familienfilmen, deren Zielgruppe eindeutig unter Teenageralter liegt, etwas anfangen kann. Denn die Geschichte ist trotz allen Propunkten ein wenig oberflächlich und kommt zu keinem Zeitpunkt an die Tiefe von Pixar-Filmen heran wie wir sie weiter oben genannt haben. Was aber überhaupt kein Problem ist, denn für das, was der Film sein will, lässt er sich wenig bis nichts zu Schulden kommen.

„Luca“ hat viele interessante Ideen und scheut sich zu keiner Sekunde, etwas freier zu drehen als notwendig wäre, doch gerade dieser Humor macht aus einer eigentlich recht drögen Geschichte ein Erlebnis für die ganze Familie, bei dem es auch Eltern möglich ist, zusammen mit ihren Kindern Spaß zu haben. Doch erneut sollte vielleicht erwähnt werden, dass dafür auch die richtige Einstellung vonnöten ist, denn wer einen Film mit viel Tiefgang oder einer komplexen Handlung erwartet, ist hier an der falschen Adresse.

Luca szeneBild: „Luca“ (2021). ©Walt Disney/Pixar

Luca: Itangliano Mixmax

Der Animationsstil in „Luca“ ist ebenfalls etwas kindlicher, runder und einfacher gehalten, als man es von anderen Pixar-Filmen vielleicht gewohnt ist, doch dieser Stil passt perfekt zu der Geschichte, weswegen dies zu keinem Zeitpunkt in die Sparte negativer Kritik fällt. Außerdem ist der Detailgrad - vor allen Dingen von Hintergründen, von Gegenständen und der Landschaft - so hoch, dass es schon ein besonders grummeliges Murmeltier braucht, um hier zu motzen und Beschwerde einzureichen.

Etwas merkwürdig ist jedoch die Idee, dass in einem italienischen Ort beständig Englisch/Deutsch gesprochen wird, die Bewohner aber italienische Wörter, Redensarten und manchmal sogar ganze Sätze mit in die Unterhaltungen einbringen. Ich halte diese Vorgehensweise zwar für die einzig richtige (schließlich wäre es sowohl grotesk, in den nicht-italienischen Fassungen durchgehend Italienisch zu sprechen, als auch, wenn in Italien nur Englisch gesprochen würde), gewöhnungsbedürftig ist sie aber dennoch. Wenngleich auch liebenswert.

Fazit

Es ist beinahe unfair, dass „Luca“ kaum beworben wird, einen Kinostart komplett umgeht und selbst auf Disney+ Abonnenten direkt kostenlos zur Verfügung gestellt wird, doch schlussendlich ist diese Vorgehensweise verständlich, denn Casarosas Film ist nun einmal ein Werk für die Kleinsten unter uns und hat damit eine deutlich geringere Zielgruppe.

Nichtsdestoweniger hat der Film viele gute Ideen, einen schön schrägen Humor, süße sowie auch lehrreiche Szenen und einen lebensbejahenden Unterton, der sich auch an die Eltern richtet. Kein Meisterwerk für jedermann, aber ein schöner Urlaub vom grauen Alltag.

Bewertung: 4/5****

Luca poster

Bild: „Luca“ Filmposter (2021). ©Walt Disney/Pixar