„Phantastische Tierwesen 3: Dumbledores Geheimnisse“ Filmkritik

  

von Heiner Gumprecht | 05.04.2022

Seit die britische Autorin J. K. Rowling vor so vielen Jahren die Zaubererwelt von Harry Potter erfunden hat, hat sich die Tonlage ihrer Geschichten einige Male stark verändert. Von den harmlosen Kindergeschichten ist längst nichts mehr übrig, stattdessen geht es um die Abgründe menschlicher Gier, Rassismus, Krieg und Korruption. Natürlich schmackhaft gemacht mit manch einem ulkigen Charakter und schön bunten Zaubereffekten. Und im dritten Teil der Spin-off-Reihe ist die einst so magische Leichtigkeit schließlich fast komplett verschwunden.

Phantastische Tierwesen 3 Szene 1Bild: „Phantastische Tierwesen 3: Dumbledores Geheimnisse“ (2022) ©Warner Bros.

Man könnte meinen, die Welt der Zauberer und Hexen ist zusammen mit ihren ersten Fans erwachsen geworden, doch gleichzeitig scheint sie sich auch beständig in neue Richtungen ausdehnen zu wollen, ungeachtet des zuvor eingeschlagenen Wegs. Bereits der zweite Teil der Ableger-Reihe erlaubte sich, sich die Vorgaben des Erstlingswerks zurechtzubiegen und teilweise sogar damit zu brechen. Der dritte Teil macht quasi genau das gleiche und strebt eine Geschichte an, die den Zuschauer*innen gefallen, aber nicht unbedingt Sinn ergeben soll.

Tipp: Weitere Informationen zu Phantastische Tierwesen 3 findest du hier.

Phantastische Tierwesen 3: Eine Kritik

Entsprechend solltet ihr bei einem Kinobesuch damit rechnen, dass sich nicht jedes Detail des Films von Regisseur David Yates problemlos in die Welt einfügt und mehr als nur ein paar wenige Szenen mit zugekniffenen Augen und abgeschalteten Denkapparat wahrgenommen werden sollten, da es entweder nur sehr unbefriedigende Antworten auf die Differenzen zwischen den Werken gibt oder diese gar nicht angesprochen werden. Dies bezieht sich auf viele Eckpunkte in der Handlung, aber vor allen Dingen auch um den prominenten Wechsel in der Schauspielriege.


Wie ihr vielleicht schon mitbekommen habt, wurde Johnny Depp als Antagonist Grindelwald ersetzt, da es zum Zeitpunkt der Dreharbeiten von „Dumbledores Geheimnisse“ unschöne Vorwürfe gegenüber den Schauspieler gab, die damals noch nicht abgetan werden konnten und vielen potenziellen Kinogänger*innen Kopfschmerzen bereitet haben. Daher wurde Depp schließlich durch Mads Mikkelsen ersetzt, der in diesem Film zwar gute Arbeit abliefert, dessen Performance aber ein paar Probleme mit sich bringt.

Schließlich sieht der gute Mann in seiner Rolle als böser Zauberer signifikant anders aus, als die Version, die Depp im zweiten Teil der Reihe zum Besten gegeben hat. Außerdem ist sein Schauspiel ein ganz anderes, weswegen sich durchaus die Frage stellt, was Grindelwald dazu gebracht hat, sowohl Aussehen als auch Körpersprache sowie Duktus so extrem zu verändern. Die Antwort ist enttäuschend: Das Studio wollte wohl einfach jegliche Hinweise darauf, dass Johnny Depp jemals Grindelwald verkörpert hat, totschweigen.

In diesem Sinne gibt es im dritten Film keinerlei Erwähnungen, warum der große Gegenspieler von Dumbledore so anders ist als damals, als wir ihn kennengelernt haben. Niemand erwähnt die Transformation, niemand spricht darüber. Es gibt nicht einmal einen skeptischen Blick oder verwirrte Gesichter. Ein Umstand, der leider stellvertretend für den kompletten Film steht, denn „Phantastische Tierwesen 3“ ignoriert gleich mehrere Details, die zuvor etabliert wurden und zeigt keinerlei Interesse, dies zu begründen.

Stattdessen marschiert die Geschichte frohen Mutes in eine neue Richtung, die bereits im zweiten Teil der Reihe prophezeit wurde, sich aber stark von den Anfängen des Spin-offs unterscheidet. Nach diesem Motto werden auch einige andere Überbleibsel aus dem Erstlingswerk von 2016 zu einem abrupten und teilweise recht unbefriedigenden Ende geführt. Sogar Ansätze aus dem zweiten Teil werden korrigiert oder lieblos wieder rückgängig gemacht, ungeachtet, ob diese Vorgehensweise Sinn ergibt oder nicht.

Phantastische Tierwesen 3 Szene 2Bild: „Phantastische Tierwesen 3: Dumbledores Geheimnisse“ (2022) ©Warner Bros.

Phantastische Tierwesen 3: zur Handlung

All diese kleinen und großen Probleme, die sich mal mehr und mal weniger stark auf die Qualität der Handlung auswirken, müssen Fans akzeptieren oder ihrerseits ignorieren, um Yates Film, der am 07. April 2022 in die Kinos kommt, genießen zu können. Sollte euch dies gelingen, und ihr habt bereits nie hinterfragt, warum Zauberer und Hexen in „Phantastische Tierwesen“ normal gekleidet sind, in den „Harry Potter“-Filmen aber wie mittelalterliche Philosophen aussehen, dann könnt ihr mit diesem Werk mehr als nur ein wenig Spaß haben.

Die beinahe zweieinhalb Stunden Laufzeit dürften sich für die meisten Interessierten nicht zu lange anfühlen, da es kaum Leerläufe oder überflüssige Szenen gibt. Es gibt immer etwas zu entdecken und zu erleben und die Handlung wird kontinuierlich fortgeführt. Hinzu kommt, das viele neue Informationen und Personen der Zaubererwelt enthüllt werden, während man gleichsam einige Geheimnisse der originalen „Harry Potter“-Filme auflöst. Obendrauf gibt es natürlich reichlich Fanservice und allerlei interessante Anspielungen.

Die dargebotene Schauspielkunst ist durchweg mindestens überdurchschnittlich und die Trickeffekte können sich mehr als nur sehen lassen. Bei der Magie brechen die Schöpfer*innen dieses Films zwar ebenfalls mit manch einer bereits etablierten Regel, doch fällt dies zum Glück nicht weiter ins Gewicht. Schade ist hingegen, dass mehrere Szenen Probleme damit haben, mehr als einer Person Aufmerksamkeit zu schenken, wodurch teilweise recht ulkige Situationen entstehen.

Phantastische Tierwesen 3 Szene 3Bild: „Phantastische Tierwesen 3: Dumbledores Geheimnisse“ (2022) ©Warner Bros.

In mehreren Momenten geht eine der beiden konkurrierenden Parteien gegen die jeweils andere vor und bekommt dabei die geforderte Bühne, ohne Einspruch, ohne Diskussion. So stehen die Gegenspieler*innen meist einfach nur stumm da und warten die Ereignisse ab, was nicht nur ein wenig bizarr ist, sondern auch höchst unrealistisch. Generell ist das Spiel der Statisten durchgehend sehr steif und selbst relevante Figuren benehmen sich untypisch gelassen, um nicht zu sagen apathisch.

Dank all dieser unterschiedlich großen Kritikpunkte ist „Phantastische Tierwesen 3“ leider ein gutes Stück schwieriger zu genießen als seine beiden Vorgänger, doch ist Yates' Werk nichtsdestoweniger alles andere als ein schlechter Film. Es gibt nur leider mehr Baustellen und mehr problematische Kleinigkeiten, die einen Kinobesuch etwas trüben können. Unterm Strich ist der dritte Teil der Spin-off-Reihe aber immer noch großes Popcornkino mit vielen lustigen, traurigen, spannenden und atemberaubenden Szenen sowie exzellenten Darsteller*innen.

Fazit

„Phantastische Tierwesen 3: Dumbledores Geheimnisse“ versucht erneut neue Richtungen einzuschlagen und ignoriert dabei rigoros Vorgaben, die von den eigenen Vorgängern aufgestellt wurden. Das Ergebnis dieser Sturheit sind allerlei Logikfehler und Widersprüche, die das Kinoerlebnis durchaus in Mitleidenschaft ziehen können. Wer darüber hinwegsehen kann und kein Problem damit hat, dass ganze Schauspieler ohne Erklärung ausgetauscht wurden, sollte aber dennoch auf seine/ihre Kosten kommen.

Schließlich ist der neue Film von David Yates visuell bombastisch in Szene gesetzt worden und profitiert von seinen erstklassigen Darsteller*innen und den Figuren, die wir bereits in den ersten beiden Teilen kennen und lieben gelernt haben. Fans von Newt Scamander müssen jedoch damit leben, dass ihr Held noch ein wenig mehr in den Hintergrund gerät, um Jude Law als Dumbledore mehr Platz auf der Bühne zu garantieren. Noch ist Newt der Hauptcharakter, dies zu erkennen fällt aber bereits deutlich schwerer als noch im zweiten Teil.

Bewertung: 4/5****

Kinoprogramm auf Kinofans: Wenn du „Phantastische Tierwesen 3: Dumbledores Geheimnisse“ im Kino anschauen möchtest, findest du hier die Kinospielzeiten - auch für dein Lieblingskino.

Phantastische Tierwesen 3 Szene 4Bild: „Phantastische Tierwesen 3: Dumbledores Geheimnisse“ (2022) ©Warner Bros.

Phantastische Tierwesen 3 FilmplakatBild: Deutsches Hauptplakat zu „Phantastische Tierwesen 3: Dumbledores Geheimnisse“ (2022) ©Warner Bros.