Pirates of the Caribbean 5: Salazars Rache - Filmkritik

  

Was bedeutet denn schon Kontinuität, wenn man den Gefallen der breiten Masse treffen muss? Eine Weisheit, nach der die Teile der Fluch-der-Karibik-Reihe schon immer zu leben schienen. Was dem Zuschauer gefiel wurde übertrieben ins Rampenlicht gestellt und was für Kopfschüttler im Kino gesorgt hat, gnadenlos ersetzt. Kein Wunder, dass es kaum ein Franchise gibt bei dem die Meinungen der Zuschauer zu einzelnen Teilen so stark auseinander gehen wie hier. Den perfekten Querschnitt gibt es in cineastischer Form nun mal nicht.

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Yohohoho, yohohoho!

Was natürlich nicht bedeuten soll, dass man es nicht versuchen kann. Und wir kennen Hollywood und Disneys Liebe dafür, auf Nummer Sicher zu setzen. Was ihr also bekommt, ist quasi das Best-Of der letzten vier Teile. Alles, was sich bewährt hat, bekommt noch einmal eine extra Ladung verpasst und was dem daraus resultierendem Plot im Weg stand, versank mit Zement an den Schuhen im See.

Captain Jack Sparrow (Johnny Depp) ist also wieder im Mittelpunkt der Ereignisse und mit beiden Augen im Fokus. Toppen kann man diesen, in allen Bereichen grenzwertigen Charakter, sowieso nicht mehr, jedoch um eine Dimension erweitern. Zum Beispiel in Form von neuen Fakten aus seiner Vergangenheit; auch wenn diese sicherlich nicht den Nerv eines jeden Fans treffen dürfte.

Diese neuen Erkenntnisse aus dem Leben des wohl schrulligsten Piraten aller Zeiten widersprechen gerne mal bisherigen Eckpunkten aus den Vorgängern und machen den berühmtesten Theorien aus dem Internet einen Strich durch die Rechnung. Leider jedoch nicht sonderlich originell, aber dass sollte jeder für sich selbst entscheiden (können).

Gruselspaß mit Javier Bardem

Die große Rache des Geisterkapitäns Salazar (Javier Bardem) wird ebenfalls aus dem blauen Himmel gezogen und hält keiner weiteren Inspektion stand. Sobald man sich zu der gesamten Hintergrundgeschichte auch nur die kleinsten Fragen zu stellen beginnt, fällt das schöne Kartenhaus in sich zusammen und lässt lediglich noch mehr Fragen zurück. Wendungen in der Geschichte, aus dem lustigen Abgrund des Nichts gezogen und ins Geschehen geworfen. Ohne Erklärung.

So dürft ihr euch gerne das ganze Werk der Regisseure Joachim Ronning und Espen Sandberg vorstellen. Dem Schein nach erstklassig, aber nur auf Trailer-Ebene funktionstüchtig. Auf der großen Leinwand ein Augenschmaus, doch hinter dem schönen Sein vor allen Dingen das Ergebnis eines minderwertigen Drehbuchs. Oder anders ausgedrückt: die grundsätzlichen Ideen sind weitgehend großartig, doch an der Umsetzung, vor allen an den Details, hapert es gewaltig.

Und dabei ist es völlig egal wo ich ansetze oder welchen Punkt wir uns aus dem Gesamtwerk picken. Nehmen wir zum Beispiel den großen Antagonisten des Films, Salazar. Das an die alten Horrorfilmtage erinnernde Spukgespenst ist eine wundervolle Mischung aus Fantasy-Gestalten und klassischen Gruselmonstern. Optisch eine Wucht und von Javier Bardem („No Country For Old Men“, „James Bond 007 — Skyfall“, „Das Meer in mir“) erstklassig gespielt. Doch mit der Persönlichkeitstiefe einer Butterblume versehen, belastet durch eine Origin-Geschichte, die erahnen lässt, wie lange die arbeiten an dem Drehbuch gedauert haben könnten — oder eben nicht.

In diesem Sinne darf wohl davon gesprochen werden, dass „Fluch der Karibik 5“ viel Schein ist. Schön anzusehen, hervorragende, schauspielerische Leistungen und richtig, richtig gute Trickeffekte und CGI-Arbeiten. Doch in allen anderen Belangen ist dieses cineastische Werk kaum besser als Popcornfilme wie „Fast & Furious 8“ oder „Baywatch“; unlogische, irrwitzige Handlungen und jede Menge Löcher in der Logikkette.

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Es gefällt was gefällt

Aber nicht alles ist Pech was klebt. „Salazars“ Rache auf dem Niveau der Feinheiten zu bewerten erscheint unangebracht und ist vor allem dem Gesamtwerk gegenüber unfair. Der neue Schal den Omi euch gestrickt hat besteht ja auch nicht nur aus der Stricktechnik welche die alte Dame da angewandt hat, sondern auch aus … Äh. Liebe? Aber auch — zumindest in diesem Fall — Tricktechnik, Bildeinstellungen, schauspielerische Leistungen, und so weiter und so fort.

So, oder so ähnlich jedenfalls, verhält es sich ebenfalls bei diesem Actionfeuerwerk. Der Lupe des anspruchsvollen, professionellen Nörglers mögen Skript und Tiefe nicht standhalten können, mit deutlich weniger Verlangen in Sachen systematische Auseinandernahme von filmischen Werken ist dieser Ausflug in die Fantasy-Piratenära jedoch zweifelsohne ein Fest.

Bild und musikalische Untermalung harmonieren wunderbar und die Gags zünden. Sie sind nicht neu und vor allem nicht sonderlich subtil, unterhalten aber im Zusammenspiel mit den neuen und alten Figuren ziemlich gut. Das mag niemandem vom Stuhl klatschen und auch keinen Eintrag im Geschichtsbuch der großen Filmklassiker gewähren, nichtsdestoweniger kann man sich zurücklehnen und sich einfach mal unterhalten lassen.

Dabei ist es halt wichtig, Fragen Fragen sein zu lassen und bestenfalls die Motorik des Gehirns hier und dort ein wenig — oder besser noch: ein wenig mehr — zu drosseln. Unterm Strich bekommt ihr einen Fluch-Der-Karibik-Film, der stärker an Teil 2 und 4 erinnert als an 1 und 3. Aber was bedeutet das schon bei der höchst unterschiedlichen Art und Weise wie diese Filmreihe bisher bewertet wurde?

Das Bloom-Sandwich

Einzig der Auftritt von Orlando Bloom („Der Herr der Ringe“, „Troja“, „Zulu“) als Will Turner, der im Vorfeld ja für allerlei werbetechnische Maßnahmen herhalten musste, bedarf jetzt noch einer speziellen Erwähnung. Er ist nämlich unnötig, schlecht umgesetzt und ganz sicher kein Highlight, sondern bestenfalls nur billiger Fanservice. Die Figur des Turner erscheint ganz zu Beginn für einen kurzen Augenblick und kurz vor dem Abspann. Sozusagen ein Will-Turner-Sandwich in Filmform.

Seine Auftritte sind mies geschrieben, völlig gelangweilt von Bloom gespielt und dienen einzig und alleine dem Zweck, Fans eine gewisse Genugtuung zu verpassen, währenddessen jedoch große Teile der Geschichte aus den Vorgängern durchlöchert und tot im Wasser zurückgelassen werden. Als Weitergabe des Zepters an eine jüngere Generation vielleicht akzeptabel, in dieser Form aber weitgehend sinnentleert.

Fazit

Nennen wir das Kind doch einfach mal beim Namen. „Pirates Of The Caribbean 5: Salazars Rache“ ist dumm und voll mit Gründen, sich die flache Hand gegen das Gesicht zu klatschen. Völlig überzogen und eine Beleidigung dem gegenüber, was offenkundig hätte sein können. Aber wir müssen an dieser Stelle auch ein wenig Milde walten lassen, denn Disney und — um ganz ehrlich zu sein — die halbe Kritikerwelt konnten bisher nicht zufriedenstellend beantworten, wie man dieses Franchise hätte retten könnte.

So gesehen ist der fünfte Teil der Reihe wohl wirklich eine Art Kompromiss. Halb ja, halb nein sozusagen. Kein Grund Nachts unruhig zu schlafen und direkt am Starttag ins Kino zu rennen, aber definitiv ein Film, den man gesehen haben kann und als Fan der bisherigen Reihe auch gesehen haben sollte. Hinterfragt wenig bis nichts und bleibt immer schön oberflächlich, dann steht dem Vergnügen nichts im Wege.

Kinostart ist am Donnerstag, 25.05.2017

Bewertung: 3/5***

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 23.05.2017