„Soul“ Filmkritik – Das neue Meisterwerk aus dem Hause Pixar

  

Die Schöpfer von unvergesslichen Animationsmeisterwerken wie Toy Story, Die Monster AG, Ratatouille und Alles steht Kopf bringen ihren nächsten Film ins Rennen: Soul. Die Produktion der Regisseure Pete Docter und Kemp Powers umgeht jedoch aufgrund der so bezeichneten Coronakrise einen regulären Kinostart und erscheint stattdessen am 25. Dezember 2020 direkt auf Disneys hauseigenen Video-on-Demand-Sender Disney+.

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Soul – Zur Handlung

Die Handlung von Pixars neuestem Werk dreht sich um den Musiklehrer Joe Gardner, der sehnlichst davon träumt, als Jazz-Musiker groß raus zu kommen, stattdessen jedoch an einer Mittelschule in New York unterrichtet. Als Joe eines Tages die Chance bekommt, mit der berühmten Jazz-Saxophonistin Dorothea aufzutreten, scheint sein Traum in greifbare Nähe zu rücken, doch wie so oft im Leben kommt alles ganz anders.

Einen unbedachten Schritt später landet unser Held nämlich nicht auf der großen Bühne, sondern körperlos im Jenseits. Und wenige Schreckensmomente später und als Konsequenz aus Joes Unfähigkeit, sich seinem Schicksal zu ergeben, findet er sich plötzlich an einem geheimnisvollen Ort wieder, wo ungeborene Seelen mit Persönlichkeiten ausgestattet und auf das Leben auf der Erde vorbereitet werden.

Um in seinen Körper zurückkehren zu können und die Chance zu erhalten, das zu tun, was er für seinen Grund zum Leben hält, gibt er sich als jemand anderes aus und wird zum Mentor der abgeklärten Seele 22, die es über hunderte von Jahren hinweg erfolgreich geschafft hat, alle ihre vorherigen Mentoren in den Wahnsinn zu treiben. 22 sieht nämlich keinen Sinn darin, ihr Nichtleben für die Geburt in eine Welt aufzugeben, die sie nicht kennt und für die sie sich nicht interessiert.

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Soul Filmkritik: Grafik und Synchronsprecher

Nehmen wir eine Sache doch direkt vorweg, nämlich die Frage nach der optischen Qualität dieses Pixar-Films. Eine Frage, die sich eigentlich nicht stellen sollte, aber da sie manch einem vielleicht dennoch auf den Lippen brennt, verraten wir euch direkt zu Beginn dieser Filmkritik auf Kinofans, dass Soul in visueller Hinsicht genau das ist, was man erwarten darf. Menschliche und tierische Charaktere werden wie immer stilisiert dargestellt, strotzen aber nichtsdestoweniger vor Details.

Und alles andere, also die verschiedenen Welten, das Innere von Geschäften und Wohnungen, die Straßen und andere Orte, sind grafisch über jegliche Kritik erhaben. Alles ist liebevoll bis ins kleinste Detail ausgearbeitet worden und sieht stellenweise fotorealistisch aus, weswegen es auch eine doppelte und dreifache Schande ist, dass Soul wahrscheinlich niemals auf der großen Leinwand bestaunt werden kann.

Da uns der Film in seinem englischen Original gezeigt wurde, lässt sich zu den deutschen Synchronsprechern an dieser Stelle leider nicht viel sagen, die Trailer, die es zu dem neuen Pixarfilm gibt, lassen aber durchaus die Vermutung zu, dass hier genauso hochwertig gearbeitet wurde wie bei vergangenen Titeln aus den Pixar Animation Studios. Die englischen Originalsprecher haben auf jeden Fall einen fantastischen Job abgeliefert, weswegen Soul auch in diesem Bereich ohne negative Kritik verbleibt.

Soul Filmkritik: Handlung, Humor, Drama

Soul ähnelt weniger Filmen wie Onward: Keine halben Sachen, Findet Nemo oder auch Toy Story, die sich eher auf eine sehr eigene Geschichte fokussiert haben und die philosophischen und psychologischen Aspekte auf Anspielungen reduzierten, sondern mehr wie Alles steht Kopf, wo die Reise selbst weniger wichtig war, dafür aber die großen Fragen über das Wie und Warum in Angriff genommen wurden. Auch bei Soul steht der Wunsch, die Zuschauer gleichzeitig zu berühren aber auch zum Nachdenken zu bewegen, im Vordergrund.

Dabei versteht sich der Film darauf, die Ereignisse, die wir zu sehen bekommen, interessant und vor allen Dingen unterhaltsam darzustellen, während die wichtigen Fragen des Lebens, die Soul aufwirft, erst fein in die Handlung hinein gewoben werden, bevor sie dann immer mehr an Bedeutung erhalten und schlussendlich den kompletten Film übernehmen und fast schon im Alleingang zu einem Ende führen.

Die Waage zwischen Humor und Dramatik, die sich zu Beginn noch stark in Richtung Comedy neigt, kippt mit fortlaufender Zeit immer mehr auf die andere Seite und beschäftigt sich mit Fragen wie dem Leben an sich, unseren Zielen und Wünschen als Menschen und wie wir die Welt wahrnehmen und daraus unser Glück schmieden.

Beide Seiten heben die jeweils andere jedoch zu keiner Zeit vollständig auf, lediglich die Gewichtung verändert sich, wenn auch teilweise extrem. Sowohl die amüsanten Einlagen als auch der melancholische Unterton sind fein miteinander verwoben, so fein, dass ihr zu Beginn den dramatischen Aspekt in den Szenen noch suchen müsst, während am Ende schon ein gewisser Blickwinkel nötig ist, um zu erkennen, wo der Humor im Gezeigten liegt.

Soul zeigt sich zudem weitgehend konsequent im Finale und macht auf dem Weg dorthin nichts falsch. Klar, wer Probleme mit solch herzlichen, fast schon sensiblen Filmen hat oder wer sich mit dem Humor einfach nicht anfreunden kann, wird vielleicht nicht glücklich werden, doch nach unserer Sichtung mag ich behaupten, dass der Film von Pete Docter und Kemp Powers sowohl technisch als auch inhaltlich den sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf trifft.

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Soul Filmkritik – Fazit

Der neue Film aus dem Hause Pixar hat eine Menge Herz, viel Humor, stellt die wichtigen Fragen und liefert vor allen Dingen die richtigen Antworten. Obwohl man auf den ersten Blick meinen könnte, hierbei handle es sich um einen Kinderfilm, und Soul eignet sich tatsächlich von Anfang bis zum Ende hervorragend für Kids, ist er aber gleichzeitig auch etwas für Erwachsene, zumindest für solche, die nicht bereits auf ihrer Meinung zum Leben sitzen.

Die Handlung selbst mag nicht so ausgereift sein wie sie möglicherweise sein könnte, doch dafür stimmt so ziemlich alles andere. Gerade die geschickte Art, mit welcher hier wieder einmal verdeutlicht wird, wie nah sich Humor und Dramatik doch eigentlich sind, macht in Kombination mit dem etwas ernsteren Ton, den der Film zum Ende hin anschlägt, dieses Werk zu einem Ereignis für groß und klein, das man sich durchaus mehr als einmal ansehen kann und vielleicht auch muss.

Bewertung: 5/5*****


Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 21.12.2020