Spider-Man 3: No Way Home - Unsere spoilerfreie Filmkritik

  

von Heiner Gumprecht | 14.12.2021

Es gab noch keinen Film des Marvel Cinematic Universe, der bereits Wochen und Monate vor der offiziellen Veröffentlichung im Kino für so angeregte Diskussionen und eine solch heiß brodelnde Gerüchteküche gesorgt hat wie „Spider-Man 3: No Way Home“. Das Werk von Regisseur Jon Watts hat Kinofans weltweit hoffen und bangen lassen, man munkelte, wer alles einen Auftritt in dem Film haben würde und welche Konsequenzen die Thematik dieses Teils für das MCU haben wird.

Spider Man No way Home Filmszene 002Bild: „Spider-Man 3: No Way Home“ (2021). ©Marvel Studios, LLC.

Von all diesen Gerüchten wollen wir uns in dieser Kritik distanzieren und geben euch entsprechend auch keine Antworten darauf, welcher Spider-Man Darsteller vielleicht oder vielleicht auch nicht vorkommen wird, welche Bösewichte wie und warum auftauchen und in welche Richtung „Spider-Man 3“ zeigt, stattdessen konzentrieren wir uns auf die Qualität des Films, losgelöst von den Erwartungen mancher und den Hoffnungen vieler.

Spider-Man 3: No Way Home – Eine Kritik

Bevor wir uns nun in die Abgründe der Details stürzen und das Werk aus der vierten Phase des MCU in seine Einzelteile zerlegen, wollen wir zwei Dinge direkt klargestellt haben. Erstens: „Spider-Man 3: No Way Home“ funktioniert nicht losgelöst von den anderen Filmen, will sagen, ihr müsst zumindest die beiden Vorgänger kennen und bestenfalls auch die wichtigsten anderen Filme dieses Filmuniversums, ansonsten steht ihr während der beinahe zweieinhalb Stunden Laufzeit kontinuierlich auf dem Schlauch.

Zweitens: Egal welche Vorstellungen ihr von dem Film habt und welche Auftritte ihr euch in den Tiefen eures Herzen wünscht, solltet ihr euch selbst als Fans der ersten beiden Spider-Man-Filme von 2017 und 2019 zählen, werdet ihr mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht enttäuscht. Der dritte Teil setzt nicht nur in Sachen Handlung direkt beim Vorgänger an, sondern auch in jeder anderen Hinsicht, dies schließt die allgemeine Qualität genauso mit ein wie der ursprüngliche Erzählstil sowie die Ausrichtung und die Mischung aus Humor, Action und Drama.

Tatsächlich ist es Regisseur Watts und den Drehbuchautoren Chris McKenna sowie Erik Sommers äußerst gut gelungen, den dritten Teil der Reihe so zu konstruieren, dass er sich wie ein vollwertiger, eigenständiger Film anfühlt, obwohl er indiskutabel mit dem letzten Avenger-Film und seinem direkten Vorgänger verknüpft ist. Und dennoch schlägt das Werk zusätzlich eine ganz eigene Richtung ein, denn die Hauptfigur wird erst jetzt zum vollwertigen Spider-Man, mit allem was dazu gehört und von dem Comicfans bereits ein Lied singen können.

MK1_2646_A4Bild: „Spider-Man 3: No Way Home“ (2021). ©Marvel Studios, LLC.

Entsprechend ist der Anteil an dramatischen Aspekten etwas höher als noch in Spider-Man: Far From Home, doch kommen der Humor und die Action deswegen nicht zu knapp. Diese drei Elemente des Streifens halten sich stattdessen die Waage und koexistieren wunderbar miteinander, während sie sich immer wieder gegenseitig ablösen oder sogar ineinanderfließen. Das Ergebnis ist einer der erzählerisch stärksten und auch interessantesten MCU-Filme, der sich kaum Blößen erlaubt und lediglich verschmerzbare, gar winzige Logikfehler vorweist.

Wenn wir überhaupt mit dem Traktor der negativen Kritik über das Feld der möglichen Filmfehler brettern müssen, dann würden wir uns an dieser Stelle auf den vorhersehbaren und gleichsam sinnlosen Versuch stürzen, abermals eine Brücke zwischen diesen Werken aus dem Hause Marvel und Sonys Venom zu schlagen. Dieser Ansatz hat bereits in Venom: Let There Be Carnage für Kopfschütteln und Fragezeichen gesorgt und in „Spider-Man 3“ werden diese Abneigungen aufgrund fehlender Sinnigkeit nur noch befeuert.

Doch zum Glück sprechen wir hier von einer einzelnen Szene, die man getrost unter den Teppich kehren kann. In dem Fall sollten geneigte Kinogänger*innen aber auch versuchen, nicht über die Zukunft von Marvels Spider-Man nachzudenken, denn die steht noch immer in den Sternen und Sony lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass sie sich die Figur, verkörpert von Tom Holland, so schnell wie möglich schnappen und ihr eigenes Ding mit ihr durchziehen wollen. Bei den qualitativen Unterschieden zwischen beiden Filmen ein Ansatz, der uns erschaudern lässt.

DF-00994_rBild: „Spider-Man 3: No Way Home“ (2021). ©Marvel Studios, LLC.

Spider-Man 3: No Way Home – Das MCU in Höchstform

Das Marvel Cinematic Universe hat gerade in diesem Jahr ziemlich zu wünschen übrig gelassen, denn die drei Filme, die 2021 das Licht der Kinowelt erblickt haben, waren allesamt bestenfalls durchschnittlich gut und folgten beinahe durchgehend einem Copy & Paste-Schema. Neue Ansätze, Ideen, Richtungswechsel und/oder anderweitige Überraschungen gab es fast keine, lediglich Eternals hat versucht, sich von dem Schema F zu lösen, was von Zuschauer*innen jedoch sehr gemischt aufgenommen wurde.

Da kommt „Spider-Man 3: No Way Home“ gerade recht und fühlt sich ein wenig wie die sommerliche Erfrischung an, nach der wir uns in der brütenden Hitze gesehnt haben. Vielleicht nicht ausnahmslos anders und neuartig, dafür aber mit vielen interessanten Ideen und spannenden Experimenten. Außerdem schlägt der Film storytechnisch eine Richtung ein, die das Gesicht des MCUs für immer verändern könnte und wahrscheinlich auch wird. Auf jeden Fall ist Watts' Werk mutig, konsequent und voller Fanservice, der sich jedoch nie aufgedrängt anfühlt.

Spider Man No way Home FilmszeneBild: „Spider-Man 3: No Way Home“ (2021). ©Marvel Studios, LLC.

In Sachen Technik, CGI und Erzählstil arbeitet der dritte Spider-Man-Film auf hohem Niveau und lässt manch anderes Superheldenwerk ganz schön alt aussehen, was nicht zuletzt der cleveren Geschichte und den erstklassigen Schauspieler*innen geschuldet ist. Von manch einem großen Darsteller hätten wir uns zwar ein wenig mehr Leistung gewünscht, aufgrund der wunderbaren Chemie unter den Akteuren ist dies aber durchaus in Ordnung und fällt nur geringfügig ins Gewicht.

Generell gibt es an dem neuen MCU-Film kaum etwas auszusetzen und wenn doch, dann wäre es Motzen auf hohem Niveau und dementsprechend vollkommen unnötig. In Anbetracht dessen, was das Werk sein möchte und welches Klientel es versucht anzusprechen, gibt es keine Möglichkeit, unzufrieden zu sein. Ich traue mich nicht zu behaupten, „Spider-Man 3“ ist die beste Produktion aus dem Hause Marvel die es je gab, doch welcher Titel sich diese Krone aufsetzen darf, ist nach dem Release am 15. Dezember 2021 definitiv diskutabel.

Das Ende von Watts' Film wird wahrscheinlich nicht jedem gefallen, doch wir bezeichnen es an dieser Stelle als einen gelungenen Spagat zwischen der Hoffnung, dass es doch noch einen vierten Teil geben wird, und der Befürchtung, dass nach dem nächsten, bereits angekündigten Abenteuer von Spider-Man in einem anderen MCU-Film Schluss ist.

Tipp: Die Kinospielzeiten für Spider-Man: No Way Home findest du in unserem Kinoprogramm. Hier findest du auch dein Lieblingskino.


Fazit

Der neue Spider-Man-Film erlaubt sich nur sehr wenige, absolut verschmerzbare Fehler und ist in sich selbst beinahe durchgehend stimmig und logisch. Technisch hochwertig in Szene gesetzt, erzählerisch stark wiedergegeben und mit einem Cast, der sich mit wenigen Ausnahmen in Höchstform befindet. Die neu eingeschlagene Richtung gefällt, die Mischung aus Humor, Drama und Action fruchtet in jedem Moment und die über zweieinhalb Stunden Laufzeit vergeht für jeden Kinofan wie im Flug. Ohne Frage einer der besten MCU-Filme aller Zeiten.

Bewertung: 5/5*****

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Bild: „Spider-Man 3: No Way Home“ (2021). ©Marvel Studios, LLC.