Suicide Squad Filmkritik — Knapp vorbei ist auch daneben

  

Comicverfilmungen sind eine Kunst für sich. Das produzierende Studio muss einen Weg finden, die breiten Massen an regulären Kinogängern abzugreifen, damit sich der Kostenaufwand auch lohnt. Gleichzeitig wollen die Fans der Vorlage befriedigt werden und — bei aller Liebe — denen kann man es nur schwer recht machen. Eine Zwickmühle, die nicht viele zu lösen wissen. Manchmal klappt es, manchmal nicht. Im zweiten Fall ist der Grund oft banal und grau: Männer in Anzügen, die von der Materie kaum eine Ahnung haben, glauben es besser zu wissen.

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Die reinste Chaotengruppe

Letzten Endes hat dieses Vorgehen auch "Suicide Squad", dem kleinen, dreckigen Bruder des "DC Extended Universe", das Genick gebrochen. Es ist allzu deutlich, dass man sich darauf fixiert, mit Marvel und seinem "Cinematic Universe" Schritt zu halten, ohne sich dabei den Aufwand zu gönnen, das ganze Paket erst langsam und allmählich zu füllen. Es muss bereits heute so groß und fantastisch sein wie bei der Konkurrenz, aber den langen, Jahre fressenden Weg, möchte man nicht beschreiten.

Eine Problematik, die schon "Batman v Superman" zu einer hinkenden Abendunterhaltung auf Popcornniveau hat sinken lassen. Zu viel und zu groß in zu kurzer Zeit. Gut. Damit haben wir irgendwie auch gerechnet. Und trotzdem darf die eine oder auch andere Träne weggewischt werden, denn das Potenzial dieses Himmelfahrtskommandos war gigantisch. Theoretisch der Blockbuster des Jahres, doch man konnte sich ja nicht zurückhalten. Erschaffen wurde also etwas Austauschbares, ohne großen Wiederschauwert. Wie viel mehr jedoch möglich gewesen wäre, zeigt die erste Hälfte des Films.

Das "Suicide Squad" wird gut in Szene gesetzt und entsprechend des Potenzials der einzelnen Figuren mit verschieden viel Screentime versehen. Der Fokus liegt auf Harley Quinn (Margot Robbie) und Deadshot (Will Smith), die anderen Figuren kommen jedoch nicht zu kurz und allesamt profitieren sie von dem ausbalancierten Wechselspiel ihrer Persönlichkeiten. Ein fast schon bodenständiges Team von Menschen mit Superkräften oder speziellen Fähigkeiten. Spannend erzählt und ohne langatmig zu werden auf einen düster-komischen Weg geleitet.

Wenn man jetzt noch ignoriert, dass manche Szenen nur aus der bloßen Idee heraus geboren wurden und oftmals keinen Mehrwert für die Geschichte selbst haben — man könnte sich auf eine unterhaltsame Actionkomödie freuen. Aber bei Marvel gibt es bereits Götter und kosmische Entitäten und was weiß ich noch alles. Das brauchte DC scheinbar unbedingt auch. Also verlässt man nach einiger Zeit diesen soliden und vielversprechenden Weg und — verzeiht die Ausdrucksweise — haut so richtig auf die Kacke.

Mächtige Widersacher, die die Welt vernichten wollen und auch die Kräfte dafür haben kämpfen gegen eine Art dreckiges Dutzend, das ohne Plot-Rüstung gar keine Chance haben dürfte. Der Joker mit einer schmutzigen Bombe wie in "Assault on Arkham", feindliche Banden auf Amoklauf oder auch Terroristen, die sich in einem Hochhaus verschanzen. All das wären gute Gegenspieler für diese Truppe gewesen. Doch bekommen tun wir gesichtslose Massen von Haudrauf-Gegnern und einen viel zu überfordernden Endgegner.

Was wie "mi mi mi" auf niedrigen Niveau klingt, ist leider viel mehr als das. Denn durch diese Richtung verliert das "Suicide Squad" an Glaubwürdigkeit. Die Logik geht schneller Flöten als ein Nichtschwimmer bei reißender Strömung und die Glaubwürdigkeit springt betrunken über Bord. Aus einem unterhaltsamen Film wird schnell der gleiche Käse, den wir schon hundert mal gesehen haben. Ein paar Sprüche, ein bisschen Action und der halbnackte Hintern von Margot Robbie. Manchen mag das genügen, aber mit Blick auf die Möglichkeiten ist es trotzdem deprimierend.

Potenzial ohne Ende

Den Schauspielern kann man dabei keine Vorwürfe machen, denn sie leisten sehr gute Arbeit. Vor allem Will Smith, Jared Leto (wenn auch nur in einer kleinen Nebenrolle) und Robbie glänzen die gesamte Zeit über. Aber sie können nichts retten, was schon nicht mehr atmet und so sind sie ab der zweiten Hälfte eine der drei Ecksäulen, um überhaupt von einem gelungenen Film zu sprechen. 1) Die Akteure. 2) Die brachiale Action. 3) Die gelungen Special Effects. Die habe ich jedoch in anderen Filmen auch. Es ist also die Vorliebe für diese Vereinigung die letzten Endes den ausschlaggebenden Grund liefert, sich hierfür zu entscheiden.

Ha, ha, ha, ha, ha

Suicide-Squad-poster04Der Clownprinz des Verbrechens wird dieses Mal von Jared Leto dargestellt und folgt dem gleichen Motto, wie schon viele Versionen des Joker vor ihm. Er wurde völlig neu definiert und lässt sich daher nur schwer — eigentlich gar nicht — mit anderen Verkörperungen dieses Schurken vergleichen. Die Version von Leto ist ein völlig durchgeknallter Irrer, ein moderner Gangster, der keinen großen Plan verfolgt, sondern lediglich das tut, worauf er Lust hat. Der Harley tatsächlich liebt, aber kein Problem damit hat, sie für seine Flucht zu opfern. Sofern er sie danach zurückbekommen kann.

Das entspricht im weitesten Sinne einigen Umsetzungen von ihm, die es auch in der Comicwelt bereits gab. Ob er das wirklich gut macht oder nicht, kann ich hier jedoch nicht beantworten. Mir hat zwar gefallen, was ich gesehen habe, doch hat der Joker zusammengerechnet kaum eine Minute Screentime und nur sehr wenig Daseinsberechtigung in diesem Machwerk. Wir müssen also wohl oder übel die anderen Filme abwarten, in denen er zu sehen sein wird, um wirklich sagen zu können, wie viel "Ha, ha, ha" in diesem Psychopathen steckt.

Fazit

"Suicide Squad" hat eine Menge Potenzial, welches absolut verschenkt wird. Auf einen guten Aufbau und eine unterhaltsame erste Hälfte, folgt der gleiche Käse, der schon hundertfach neu aufgewärmt wurde. Das Universum ergibt lange Zeit in sich selbst Sinn und verzichtet bis zur Hälfte auf großen Bombast und überzogene Fantasy, an die das Publikum eigentlich erst langsam herangeführt werden sollte. Danach schwenkt man jedoch in eine komplett andere Richtung und übertreibt es, bis es kein morgen mehr gibt.

Ob wir von dieser Vereinigung noch einmal etwas sehen dürfen, ist fraglich. Ich würde mich freuen. Denn die leise Hoffnung schwingt mit, dass man aus seinen Fehlern lernen wird. Groß ist sie jedoch nicht und wenn ich mir die Planung der nächsten DC-Streifen so ansehe, nehme ich an, dass man auch nicht wieder zu etwas menschlicheren zurückkehren wird. Man wird weiter dem Schwanz von Marvel hinterherjagen und so viele coole Figuren wie nur möglich einführen. Harley Quinn und den Joker sehen wir auf jeden Fall wieder und es bleibt der bittere Gedanke, dass das auch der einzige Existenzgrund für diesen Film darstellt.

Kinostart ist am 18.08.2016

Bewertung: 3/5***

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 09.08.2016