„The Gilded Age“: Neues Futter für „Downton Abbey“-Fans (Serienkritik)

  

von Heiner Gumprecht | 24.01.2022

Der als Julian Fellowes bekannte Filmschauspieler sowie Drehbuch- und Romanautor hat mit Julian Alexander Kitchener-Fellowes, Baron Fellowes of West Stafford einen schrecklich langen Namen und mit Produktionen wie „Victoria, die junge Königin“, „Downton Abbey“, „Romeo und Julia“ und vielen weiteren, ähnlich angehauchten Werken hat er auch ein ähnlich langes Repertoire an feinstem Kostümdrama. Die Zahl der Fans seiner Serien und Filme ist groß und dank der neuen Show „The Gilded Age“ wird sie vielleicht noch größer.

the Gilded Age TV Serie Szene 001Bild: „The Gilded Age“, Staffel 1 (2022). ©Home Box Office

The Gilded Age: Zur Serie

Die Mischung aus Drama und Historie läuft offiziell am 24. Januar 2022 auf dem VoD-Sender HBO Max an und erfreut sich bereits im Vorfeld über das große Interesse derer, die schon die anderen Produktionen von Fellowes verschlungen haben. Kein Wunder, denn die ersten Trailer versprachen ja auch genau das, was Anhänger seiner Ideen immer geliebt haben: Tolle Kulissen, fantastische Kostüme und exzellente Schauspieler*innen, die längst vergangene Zeiten wieder zum Leben erwecken. Natürlich voll mit Liebe, Drama und Spannung.


Die Handlung der Serie spielt 1882 in New York, während der so bezeichneten Gilded Age, also der wirtschaftlichen Blütezeit in den USA, die dem Sezessionskrieg folgte. Im Mittelpunkt steht die junge Marian Brook (Louisa Jacobson), deren Vater gerade verstorben ist, weswegen sie zu ihren wohlhabenden Tanten Agnes van Rhijn (Christine Baranski) und Ada Brook (Cynthia Nixon) in die Metropole zieht. Die älteren Damen bestehen auf Tradition und Titel und nehmen die vielen Neureichen in der Nachbarschaft mit gerümpfter Nase wahr.

Doch Marian steht dem Wandel der Zeit positiv gegenüber und ist entsprechend fasziniert von aufsteigenden Mitgliedern in der High Society wie beispielsweise der benachbarte Eisenbahn-Tycoon Geroge Russell (Morgan Spencer) und seine ehrgeizige Ehefrau Bertha (Carrie Coon). Das Mädchen freundet sich sogar mit einer dunkelhäutigen Schriftstellerin namens Peggy Scott (Denée Benton) an, die jenseits der gesellschaftlichen Normen ihren eigenen Weg gehen will. Als ein junger Anwalt (Thomas Cocquerel) Mirian einen Antrag macht, steht ihre Welt plötzlich völlig Kopf.

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The Gilded Age: Eine Kritik

An vorderster Front begeistert „The Gilded Age“ durch zwei Eckpunkte, die beinahe perfekt in die Handlung eingebunden werden, nämlich die fantastischen Kostüme und die gut orchestrierten Ensemble-Stücke. Das Kostümdrama hat zwar in beiden Bereichen sowie in der allgemeinen Handlung viele Ähnlichkeiten zu Downton Abbey, steht über die ersten fünf Folgen aber dennoch weitgehend auf eigenen Beinen und schlägt im späteren Verlauf auch grundsätzlich eine etwas andere Richtung ein.

In ihren besten Momenten ist die neue Serie von Fellowes eine kluge, auf Hochglanz polierte Seifenoper auf höchstem Niveau, die diese Qualitätsstufe jedoch nicht durchgehend halten kann. Zumindest dann nicht, wenn ihr zur Zielgruppe dieser Serie gehört, die sich hauptsächlich an solche Zuschauer*innen richtet, die diesem Genre äußerst wohlwollend gegenüber stehen. Doch genau diese Zielgruppe dürfte den Look, einige Wendungen und viele der Archetypen bereits zur Genüge kennen und wird entsprechend nur selten mit neuen Ideen überrascht.

Nichtsdestoweniger sind viele der Handlungsstränge äußerst interessant und eigentlich zu keinem Zeitpunkt langweilig, problematisch ist nur, dass die Schöpfer*innen von „The Gilded Age“ zu viele Bälle auf einmal in die Luft werfen und nicht alle wieder auffangen können. Manch ein Handlungsstrang dümpelt vor sich hin, manch einer wird ganz fallengelassen und obwohl es genügend interessante Figuren in der Geschichte gibt, werden lediglich die typischen Fanfavoriten wirklich näher beleuchtet, was an verschwendetem Potenzial grenzt.

Wer sich davon jedoch nicht abschrecken lässt und den etwas schwerfälligen, teilweise sogar langgezogenen Einstieg in die Handlung überstanden hat, wird mit überzeugenden Schauspielleistungen und viel Liebe zum Detail entschädigt. Vor allen Dingen Baranski und Nixon, die die beiden Tanten der Protagonistin spielen, liefern in dieser Serie eine formidable Leistung ab und sind für sich bereits Grund genug, „The Gilded Age“ eine Chance zu geben, doch auch Fans von schockierendem Gesellschaftsdrama kommen auf ihre Kosten.

Fazit

Die neue Serie von Julian Fellowes ist wirklich nicht schlecht, an das Niveau von der vielfach damit verglichenen „Downton Abbey“ kommt sie jedoch nicht heran, dafür fehlt es vorne und hinten an eigenen Ideen und Tiefe in der Handlung. Dennoch überzeugt „The Gilded Age“ mit fantastischen Kostümen, tollen Kulissen, erstklassiger Musikuntermalung und äußerst engagierten Schauspieler*innen. Die Charaktere wirken wie aus der Klischeeschublade entnommen, werden durch die erstklassige Leistung der Akteure jedoch interessant dargestellt.

Bewertung: 3/5***


Hinweis: "The Gilded Age" startet in Deutschland bei Sky. Ein genaues Datum steht noch nicht fest. Wir können vorausichtlich im April mit dem Start rechnen.


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Bild: „The Gilded Age“, Staffel 1 (2022). ©Home Box Office


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Bild: Das US-Poster zu „The Gilded Age“, Staffel 1 (2022). ©Home Box Office