„The Outpost“ Filmkritik

  

von Heiner Gumprecht | 19.01.2021

Kriegsdramen können gut sein, sie können schlecht sein und manchmal gehen sie uns komplett wo vorbei. Nur selten erreichen sie das Niveau von Werken wie Jarhead - Willkommen im Dreck und eigentlich nie können sie mit Francis Ford Coppolas Apocalypse Now verglichen werden. Was man unterm Strich aber behaupten kann: Zeigen sie den Schrecken des Krieges, ohne diesen zu schönen und die sprichwörtliche Fahne des Patriotismus im Wind wehen zu lassen, sind sie sehenswert, tun sie das Gegenteil, handelt es sich hoffentlich um den Einsatz eines ironisch gemeinten Stilmittels, ansonsten kann der Streifen gleich in die Tonne.

O_00199Bild: Szene aus "The Outpost" (c) EuroVideo

Bei Rod Luries neuem Kriegsfilm, The Outpost – Überleben ist alles, der mit Schauspielern wie Scott Eastwood und Orlando Bloom aufwartet, ist die Sache nicht ganz so einfach. Zwar bemüht sich das Werk, das auf dem Roman „The Outpost: An Untold Story of American Valor“ von Jake Tapper basiert, das ganze Elend einzufangen, das Soldaten über sich ergehen lassen müssen, die in einem Land stationiert wurden, dessen Einwohner die Invasoren nicht willkommen heißt, doch so richtig Mühe gibt man sich bei den Detailfragen leider nicht …

O_SS_01201Bild: Szene aus "The Outpost" (c) EuroVideo

The Outpost – Zur Handlung

Weit im Norden Afghanistans, nahe der Stadt Kamdesh, liegt das Camp Keating, ein kleiner Außenposten des US-Militärs, der die Aufgabe hat, der Region dauerhaften Frieden zu bringen und die Bevölkerung in Wiederaufbauprojekte einzubeziehen. Nur leider steht das Camp an der strategisch denkbar schlechtesten Position, nämlich direkt am Fuß von drei Bergen, nur 14 Meilen von der pakistanischen Grenze entfernt. Überfälle der Taliban und deren Verbündeten gehören zum Alltag und die Verluste der US-Amerikaner sind entsprechend hoch.

Die psychologische Belastung der Soldaten, die in Camp Keating stationiert sind, ist extrem und das Warten auf den nächsten Angriff in der afghanischen Hitze grenzt an Wahnsinn. Die Neuigkeit, dass das Camp endlich aufgegeben wird, wird von den Soldaten dementsprechend positiv aufgenommen, nur kommt diese Nachricht mit einem ordentlichen Wermutstropfen. Denn die Taliban, die das Camp mit jedem Angriff etwas besser einschätzen konnten, haben ebenfalls Wind von dem Abzug der Amerikaner bekommen und bereiten sich deswegen auf einen finalen Stoß vor.

O_01965Bild: Szene aus "The Outpost" (c) EuroVideo

The Outpost – Eine Kritik

Zumindest aus technischer Sicht macht der Film von Rod Lurie nicht viel falsch. Die oftmals langen Kamerafahrten wurden gekonnt umgesetzt, nerven nur selten durch zu starke Ruckeleinlagen und geben dem aufmerksamen Zuschauer ein angenehm unangenehmes Gefühl von dem beängstigenden Alltag, der zur Realität der Soldaten geworden ist. Die Kulisse kann durchgehend überzeugen und die Darsteller wirken optisch allesamt als wären sie tatsächlich viel zu lange an einem Ort wie Camp Keating gefangen gewesen.

Auch in Anbetracht der viel zu kurzen Aufmerksamkeitsspanne, unter der viele Kinogänger zu leiden haben, macht „The Outpost“ weitgehend alles richtig, schließlich gibt es kaum einen Moment, der sich zu lange zieht oder dessen Daseinsberechtigung angezweifelt werden kann. Feuergefechte, spannende Einzelmomente und lockere Sprüche, die irgendwo zwischen Problembewältigung und typischer Soldatensprache eingeordnet werden können, geben sich die Klinke in die Hand und machen es schwer, mit den Gedanken abzudriften.

Zwischen dem gut umgesetzten Einstieg und dem brachialen Ende des Films, das wohl am besten als langgezogener Horrortrip der viel zu realistischen Art bezeichnet werden kann, gibt es jedoch einige sehr gravierende Schwachstellen, die das Niveau des ganzen Films nach unten ziehen. Denn obwohl die Geschichte von einem cleveren Aufbau profitiert, der auf einen Moment vorbereitet, der dann trotzdem unerwartet heftig ist, schafft es „The Outpost“ nicht, die dargestellten Charaktere zu Menschen werden zu lassen.

Die Charaktere bleiben ohne Tiefe und lassen sich nur schwer greifen. Man kann sich zwar gegebenenfalls durch das Aufbringen von einer gehörigen Portion Empathie mit ihnen identifizieren und angesichts ihres Schicksals Mitleid entwickeln, aber dies ist dann nur dem Einfühlungsvermögen des Zuschauers geschuldet und nicht dem Feingefühl des Films. Zu viele Figuren, die zu wenig Zeit erhalten, um sich zu präsentieren und als menschliche Wesen wahrgenommen zu werden. Tauchen sie das erste Mal auf, wird ihr Name auf dem Bildschirm angezeigt und hier und dort erhalten wir einen Einblick in ihre Psyche, doch ist der Aufwand zu gering, um wirklich mitfühlen zu können und sich um ihr Schicksal zu scheren.

Negativ kommt hinzu, dass die Geschichte, die es schon nicht schafft, die relevanten Figuren entsprechend ins Rampenlicht zu rücken, ebenfalls dabei versagt, die Umstände der Mission ordentlich darzustellen. Die Amerikaner wirken hier oftmals wie Gutmenschen, die nach besten Wissen und Gewissen Frieden und Aufschwung mitbringen, doch beschäftigt man sich kaum bis gar nicht mit der Frage, warum so viele junge Männer in dem Gebiet bereit sind, den Taliban beim Zermürben des Außenpostens behilflich zu sein oder erlaubt gar einen alternativen Blick auf die Ereignisse.

Die Auswirkungen dieses Einsatzes, der als psychologische Folter der Superlative verstanden werden kann, werden nichtsdestoweniger mehr als ausreichend eingefangen und die Figuren in diesem Werk haben zumindest genügend Dimensionen, um nicht direkt nach Sichtung des Films wieder in Vergessenheit zu geraten. An einem Punkt der Handlung bringt es einer der Charaktere ganz gut auf den Punkt: Hier sind keine Helden stationiert, keine Supersoldaten, nur Menschen, die ihren Job machen und dafür mit ihrem Leben bezahlen.

Unterm Strich hätte ich mir persönlich dennoch gewünscht, die Soldaten in diesem Film wären ein klein wenig menschlicher ausgearbeitet worden. Denn auch wenn ich gut verstehen kann, wie man in dieser Situation nur mit einem gewissen Humor und einem dicken Fell nicht dem Wahnsinn verfällt, hätte der Geschichte ganz gut getan, wenn sich die Figuren wenigstens hier und dort etwas normaler unterhalten hätten, stattdessen wird der geneigte Zuschauer fast 90% der Zeit mit Sprüchen aus der Kategorie Soldatenklischee beschossen.

Fazit

"The Outpost" ist auf jeden Fall ein Film, der es kaum zulässt, dass beim Zuschauer Langeweile aufkommt, und wer nicht allzu hohe Ansprüche an ein Kriegsdrama hat, findet in dem Film von Regisseur Rod Lurie ganz sicher eine passende Abendunterhaltung, die in diesem Sinne nicht viel falsch macht. Wessen Sehnsucht nach Qualität sich jedoch etwas höher angesiedelt befindet, wird wahrscheinlich enttäuscht, denn „The Outpost“ ist nur einen Steinwurf vom überspitzten Patriotismus entfernt, die meisten Figuren sind unzureichend ausgearbeitet worden und der Fokus liegt zu oft auf dem deutlich erkennbaren Wunsch, eine Reaktion beim Zuschauer hervorzurufen, und nicht darauf, eine Geschichte ordentlich und umfassend zu erzählen.

Bewertung: 3/5***