„Top Gun 2: Maverick“ Filmkritik: Ein donnerndes Comeback

  

von Heiner Gumprecht | 17.05.2022

Bei all den aktuellen Fortsetzungen zu jüngeren, älteren, ganz alten und teilweise sogar schon mit mehreren Zentimetern Staub bedeckten Filmen war es eigentlich überraschend, dass das einzige Werk, dass Militärpiloten je so richtig cool hat aussehen lassen, noch nicht auf die große Leinwand zurückgekehrt ist. Doch nun, beinahe 36 Jahre nachdem Regisseur Tony Scott mit „Top Gun“ einen absoluten Hit und Soldatenfänger für das US-Militär veröffentlicht hat, erscheint mit „Top Gun 2: Maverick“ die lang ersehnte Fortsetzung.

Top Gun Maverick Filmszene 001 (c) Paramount PicturesBild: „Top Gun: Maverick“ (2022). ©Paramount Pictures

Von der alten Crew ist abgesehen von dem Fliegerass Pete „Maverick“ Mitchell (Tom Cruise), der seine stärkste Charaktereigenschaft bereits im Namen trägt, nicht mehr viel übrig und auch auf dem Regiestuhl hat nach dem Tod von Scott mit Joseph Kosinski ein anderer Platz genommen, doch das alte Feuer brennt noch immer in der donnernden Maschinerie, weswegen ihr euch trotz aller Veränderungen getrost auf den Kinostart am 26. Mai 2022 freuen dürft. Und das unabhängig davon, ob ihr bereits Berührungspunkte mit dem Erstling hattet oder nicht.

Top Gun 2: Zur Handlung

Einzelgänger Maverick hatte es nie so mit Autoritäten, weswegen seine Karriere ganz schön zu leiden hatte und er es selbst nach all diesen vielen Jahren nie zu mehr als zum Captain geschafft hat. Dafür konnte er seine Leidenschaft zum Fliegen in vollen Zügen genießen und darf als Testpilot des Militärs geheime und wirklich kraftvolle Maschinen in die Luft begleiten, wie zum Beispiel einen Prototypen, der sage und schreibe Mach 10 erreichen kann. Doch genau beim Flug mit diesem Monstrum schlägt der gute Maverick mal wieder etwas über die Stränge.

Zu seinem Glück hat er mit Admiral Tom „Iceman“ Kazanski (Val Kilmer) einen mächtigen Verbündeten bei der Armee, der dafür sorgt, dass sein ehemaliger Kamerad nicht auf der Straße landet, sondern als Ausbilder zu der United States Navy Fighter Weapons School, auch Top Gun genannt, versetzt wird. Hier soll er junge, heißblütige und absolut begabte Flieger*innen auf eine äußerst schwere Mission vorbereiten, doch Mavericks Vergangenheit und seine Fehler begleiten ihn zu seinem neuen alten Job und lasten schwer auf seinem Gewissen.

Top Gun Maverick Filmszene 002 (c) Paramount PicturesBild: „Top Gun: Maverick“ (2022). ©Paramount Pictures

Top Gun 2: Eine Kritik

Bei Fortsetzungen, die zwischen ihrer Veröffentlichung und dem Release ihres Vorgängers sehr viele Jahre zählen können, ist es immer schwer, den richtigen Ton zu treffen. Zu viel Nostalgie und Szenen, die an das Erstlingswerk erinnern, und die Zuschauer*innen sehen einfach nur einen geklonten Film. Zu viel neue Ideen und Richtungswechsel sorgen hingegen oft dafür, dass Fans ihren Lieblingsfilm nicht wiedererkennen können und die Daseinsberechtigung des Nachfolgers in Frage stellen.

In einer Welt, wo diese beiden Szenarien mittlerweile zur Tagesordnung gehören, ist Top Gun 2: Maverick wie ein frischer Wind, der mit halsbrecherischer Geschwindigkeit an euch vorbei saust und den alten Staub und Dreck gehörig aufwirbelt. Denn Konsinskis Werk schafft beinahe mühelos den Spagat zwischen neu und alt. Er spricht gleichzeitig jene unter euch an, die „Top Gun“ gerade erst gesehen haben, als auch solche, die das Werk schon einige Monde nicht mehr anrührten. Außerdem, und das ist die größte Überraschung, auch Neueinsteiger.

In den knapp 130 Minuten Laufzeit bedient die Fortsetzung drei unterschiedliche Ansprüche, ohne das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. So gibt es allerlei große sowie kleine Momente für jene unter euch, die den Film von 1986 noch immer für perfekt halten, es gibt aber auch allerlei neue, moderne Herangehensweisen. Gleichzeitig wird das Ganze so aufbereitet, dass auch diejenigen, die Scotts Original nie gesehen haben, problemlos der Geschichte folgen können und keinerlei Vorkenntnisse benötigen.

Top Gun Maverick Filmszene 004 (c) Paramount PicturesBild: „Top Gun: Maverick“ (2022). ©Paramount Pictures

Der Erzählstil und die Kameraarbeit sowie die musikalische Untermalung erinnern nichtsdestoweniger eher an Filme aus den späten 1980er Jahren, auch wenn sie der heutigen Zeit hier und da leicht angepasst wurden. Außerdem bemüht sich „Top Gun 2: Maverick“ stellenweise ein bisschen zu sehr, aus dem Klischee geborene Männerfantasien zu bedienen und mit einer ordentlichen Portion Fanservice die alten Hasen zufriedenzustellen, deren Herz für Filme noch immer auf einem roten Polsterstuhl in einem Kinosaal aus einem anderen Jahrzehnt liegt.

In Sachen Handlungsdetails und vor allen Dingen bei der Charakterentwicklung schwächelt Kosinskis Werk ebenfalls und muss weitere Abstriche in der B-Note hinnehmen, denn diese Standsäulen des Films wirken durchgehend etwas brüchig. Dafür beklagt das Sequel keine wirklichen Leerläufe, präsentiert einen Tom Cruise in Topform und überrascht mit manch einer netten Wendung sowie einer ausgewogenen Mischung aus Spaß und Drama, gewürzt mit guten Nebendarsteller*innen.

Fazit

Kosinskis sehr späte Fortsetzung zu einem bis heute gefeierten und oft zitierten, kopierten und persiflierten Meisterwerk besitzt große Stärken und absolviert beinahe ohne zu wackeln und zu zittern den Balanceakt, dem originalen Werk treu zu bleiben, aber auch in der heutigen Zeit zu funktionieren. Einige Bereiche in „Top Gun 2: Maverick“ kommen leider etwas zu kurz, dafür vergehen die 130 Minuten Laufzeit beinahe wie im Überschallflug, da die Geschichte wie aus einem Guss wirkt und mit einem exzellenten Hauptcharakter aufwarten kann.

Bewertung: 4/5****


Top Gun Maverick Plakat  (c) Paramount Pictures


Bild: Das Filmplakat zu „Top Gun: Maverick“ (2022). ©Paramount Pictures