von Heiner Gumprecht | 27.08.2021
In der Regel erscheinen hochwertig produzierte Filme auf dem Video-on-Demand-Sender Disney+ lediglich über einen so bezeichneten VIP-Zugang, was bedeutet, dass Abonnenten eine einmalige Gebühr bezahlen müssen, um das entsprechende Werk schauen zu können. Doch manchmal werden solche Filme einfach so veröffentlicht, ohne Aufpreis und ohne gleichzeitigen Release im Kino. Wie nun bei der Komödie „Vacation Friends“, mit dem ehemaligen Wrestler und Publikumsliebling John Cena, die ab dem 27. August 2021 im Stream verfügbar sein wird.
Bild: Szene aus der Disney+Komödie "Vacation Friends" (c) 2021Walt Disney
Meistens ist dies aber ein überaus schlechtes Zeichen, denn wenn man selbst bei Disney keine Chance sieht, dass Zuschauer für so etwas Geld ausgeben würden, lässt das meist auf die tatsächliche Qualität der Produktion schließen. Zuletzt war diese Faustregel eindrucksvoll bei den desaströs schlechten Filmen Susi und Strolch (2019) und Artemis Fowl zu beobachten, über deren freie Verfügbarkeit wir uns erst gefreut, uns später aber über die verschwendete Zeit geärgert haben.
Vacation Friends: Zur Handlung
Der Spießer Marcus (Lil Rel Howery) überlässt nichts dem Zufall, muss alles ganz genau durchplanen und kann selbst im Urlaub nur an seine Arbeit denken. Sehr zum Missfallen seiner Freundin Emily (Yvonne Orji), die zwar auch kein Partytier ist, aber zumindest ab und zu gerne mal etwas Neues ausprobieren möchte. Trotzdem lieben die beiden sich und Marcus ist sich sicher, dass der gemeinsame Urlaub in Mexiko der perfekte Zeitpunkt für einen Heiratsantrag ist.
So romantisch, so gut, doch die Welt der beiden wird schon bald gehörig auf den Kopf gestellt, denn zwei andere Urlauber beobachten den Heiratsantrag und machen es sich fortan zur Aufgabe, die Auszeit der beiden zu einem ganz besonderen Erlebnis zu machen. Ron (John Cena) und Kyla (Meredith Hagner) sind das genaue Gegenteil von Marcus und Emily. Sie nehmen Drogen, kümmern sich nicht um Geld und die Zukunft und probieren alles aus, was Spaß machen könnte.
Ihre extrovertierte und halsbrecherische Art färbt schon bald auf das eigentlich so besonnene Pärchen ab und nach einer kurzen Kennenlernphase haben die vier die Zeit ihres Lebens. Macht ja nix, was in Mexiko passiert, bleibt schließlich auch in Mexiko … oder? Mitnichten. Sieben Monate später, als Marcus und Emily heiraten wollen, stehen plötzlich Ron und Kyla vor ihrer Tür und sorgen dafür, dass die heile Welt der Spießer zu einem einzigen Chaos wird, dem sich auch die anderen Familienmitglieder auf der Hochzeit nicht entziehen können.
Bild: Szene aus der Disney+Komödie "Vacation Friends" (c) 2021Walt Disney
Vacation Friends: Eine Kritik
Komödien wie Vacation Friends leben meist von zwei Elementen. Zum einen von der Situationskomik, die aus der Gegensätzlichkeit und/oder aus dem extremen Verhalten einer der beiden Parteien entsteht sowie der zwingend notwendigen Chemie zwischen den Schauspielern, ohne die viele Szenen einfach nur aufgesetzt und unangenehm wirken würden. Erschreckenderweise sind dies aber auch genau die Punkte, bei denen es in der Komödie von Regisseur Clay Tarver am meisten hapert.
Denn auch wenn man über Humor nicht streiten kann, so gibt es doch zumindest eine Möglichkeit, das gezeigte Niveau abzuschätzen. Und das bewegt sich in diesem Film irgendwo zwischen einem Loch in der Wüste und dem Fußboden der Hütte, die darüber errichtet wurde. Für einen Film dieses Genre gibt es sowieso schon erstaunlich wenig humorvolle Szenen und diese beschränken sich meist darauf, dass sich Ron und Kyla übertrieben unhöflich benehmen und dies für eine Art von selbstverständlichen Humor halten, oder, dass jemand Drogen nimmt.
Was verhältnismäßig oft passiert und irgendwie nie richtig witzig ist. Nicht, weil die Einnahme von verbotenen Substanzen und die damit verbundenen Auswirkungen per se unlustig sind, sondern einfach nur, weil es in „Vacation Friends“ beinahe schon zu einem platt gelaufenen Running Gag degradiert wird. Die meisten Kalauer in diesem Film wurden außerdem aus anderen Komödien entliehen und eher schlecht als recht kopiert, während man nichtsdestoweniger der Meinung zu sein scheint, dass die reine Präsentation von Humor bereits ausreicht, um Zuschauer zum Lachen zu bringen.
Bild: Szene aus der Disney+Komödie "Vacation Friends" (c) 2021Walt Disney
Vacation Friends: Fremdschämen leicht gemacht
Auf der anderen Seite stimmt die Chemie, die wie gesagt für solche Filme eigentlich das A und O sein sollte, vorne und hinten nicht. Alle vier Hauptdarsteller spielen recht unmotiviert eine beinahe schon lächerliche stereotypische Version eines bestimmten Charakters, ohne auf das Schauspiel der anderen einzugehen, dieses abzurunden oder den verschiedenen Szenen einen gewissen Mehrwert beizusteuern. Sie sind einfach nur anwesend und machen ihr Ding. Kann man darüber lachen? Bestimmt. Wird man dazu motiviert? Zu keinem Zeitpunkt.
Das Gesamtbild noch weiter verschlechternd kommt hinzu, dass Regisseur Clay Tarver einige sehr unschöne technische Fauxpas unterlaufen sind und es nicht wenige Szenen gibt, die absolut keine Daseinsberechtigung in dem Film haben. Was wiederum dazu führt, dass die knapp 100 Minuten lange Komödie sehr viele Leerläufe hat. Von den schwer nachzuvollziehenden Beweggründen einzelner Figuren mal ganz abgesehen. Oder den vielen Fragezeichen in der Handlung, die bis zum Schluss einfach offen gelassen werden.
Fazit
„Vacation Friends“ ist zu lang, hat zu wenige wirklich funktionierende Gags und besteht zu großen Teilen einfach nur aus einem Flickwerk an Ideen, die aus anderen Komödien entliehen und schlecht kopiert wurden.´Die gezeigte Schauspielkunst ist bestenfalls durchschnittlich, die Handlung konfus und die Chance, dass ich diesen Film irgendwem empfehlen würde liegt im kritischen Negativbereich.
Schaut euch bestenfalls den Trailer an. Trifft das dort Gezeigte euer Humorzentrum, viel Spaß bei der Sichtung auf Disney+. Könnt ihr nicht einmal schmunzeln, seid euch gewiss, dass es besser nicht mehr wird.
Bewertung: 2/5**
Bild: Szene aus der Disney+Komödie "Vacation Friends" (c) 2021Walt Disney