Verräter wie wir  - Filmkritik

  

Wenn es um John le Carré in Sachen stilgetreue Umsetzung geht, ist der Name „The Ink Factory“ nicht fern. In der jüngeren Vergangenheit produzierten sie nicht nur „A Most Wanted Man“ mit Philip Seymour Hoffman, sondern auch „The Night Manager“ mit Tom Hiddleston. Bevor es nun im kommenden Jahr mit „Empfindliche Wahrheit“ weitergeht, darf dieses Jahr noch Ewan McGregor in „Verräter wie wir“ (OT: „Our Kind of Traitor“) in undurchsichtigen Kreisen ermitteln. Leider erhielt seine Rolle schon im 2010 erschienen Spätwerk des gefeierten Agentenschreibers (und realem Geheimagenten) le Carré einen eher unpassenden Sprechenden Namen und bereits die Vorlage lässt den üblichen Zynismus des Autors missen.

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"Verräter wie wir" könnt ihr ab dem 07. Juli in den Kinos anschauen.

Von Geheimagenten wider Willen und anderen Touristen

Es ist in „Verräter wie wir“ der britische Tourist Perry Makepiece (McGregor), der während des Urlaubs in Marrakesch mit seiner Lebensgefährtin Gail Perkins (Naomie Harris) den russischen Geschäftsmann und exilierten Oligarchen Dima (Stellan Skarsgård) kennenlernt. Der beeindruckt ihn auch gleich mit einer dieser Partys, auf der die Gäste privates Feuerwerk genießen dürfen und in weitläufigen Hallen freizügige Damen auf Pferderücken anzutreffen sind. Im Gegensatz zu „Marseille“ Star Gerard Depardieu, den ein derartiger Lebensstil angeblich zu seiner Auswanderung nach Russland bewegt haben soll (so der kleine Mann in Frankreich), will Dima unbedingt nach Europa. Nicht jedoch um ganz viel Steuern zu zahlen, sondern weil er um die eigene und seiner Familie Häute fürchtet.

Makepiece und seine Freundin eilen kurz darauf ins regnerische England zurück. Zum einen, da zur Erklärung ihrer Charaktere nun ein wenig Beziehungsdrama zwischen ihnen steht, zum anderen um einen USB-Stick aus Dimas Besitz dem britischen Geheimdienst zu übergeben. Wie zu erwarten funktioniert dieser super-wasserdichte Plan nur bedingt. Makepiece, von allem klischeehaft britisch wenig begeistert, manövriert sich mitten einen hitchcockesken Plot um einen Otto Normalverbraucher irgendwo zwischen dem Zwang die eigene Unschuld zu beweisen und dabei ein kleines bisschen die Welt zu retten.

Denn entgegen der Annahme von Makepiece ist der britische Geheimdienst nicht mehr das, was er mal war. Offenbar liest er wenig John le Carré. Denn all das schmutzige Geld, welches Dima für seine Kollegen in den vergangenen Jahren gewaschen hat, hat auch einen Weg in britische Taschen gefunden. Entsprechend wird mit Hector (Damian Lewis) ein denkbar ungeeigneter Kandidat mit minimalen Mitteln auf die Dima-Papers angesetzt. Seine Mittel sind sogar so gering, dass er Perry und Gail darauf ansetzt Dima ins Vereinigte Königreich zu holen. Hossein Aminis Drehbuch („Die zwei Gesichter des Januars“) lässt uns nun alle aus der Bequemlichkeit des Kinosessels miträtseln, wie sich so eine schwierige Unternehmung wohl im besten Fall angehen ließe, spielt auf Patriotismus und Ritterlichkeit, vergisst aber leider die doch so schön zu Beginn angespielte Hitchcock-Note völlig.

Helden wie wir?

Um nun ein wenig Schwung in die Geschichte zu bringen kommen noch der Grund für Dimas Auswanderung, dessen Handlanger und eine Flucht quer durch Europa ins Spiel. Es ist der Prinz (Grigoriy Dobrygin), grausamer Kopf der russischen Unterwelt, vor dem es Dima so graust, dass er schnell weg möchte. Denn Dima hat einen ausgeprägten Familiensinn und bekommt die Bilder einer Exekution einer anderen Familie nicht mehr aus dem Kopf. Perry und Gail nun aber helfen dem guten Gangster, bekommen so einen zweiten romantischen Urlaub und die Gelegenheit einander wieder zu vertrauen. Dummerweise sind ihnen die Killer des Prinzen (angeführt von Pawel Szajda) dicht auf den Fersen und es ist einer Mischung von nur mit Naivität sinnvoll erscheinender Zufälle und einem in die Ecke gedrängten Dima zu verdanken, dass die ganze Geschichte nicht früher endet als sie müsste.

Grund dafür liegt besonders in Perry Makepiece Charakter. Für jemanden, der sich aus nicht so ganz schlüssigen Gründen in ein sehr gefährliches Abenteuer drängen lässt, hält McGregors Rolle sehr wenig von Gewalt oder anderen physischen Aktivitäten. Gar Dinge in keiner Dinge zu zerschlagen, wie der Name Makepiece nahelegt, erscheint vom charakterlichen Aufbau für jemanden, der am liebsten tatenlos bleiben würde viel zu anstrengend. Leider aber spielt McGregor viel zu körperbetont und macht einen deutlich zu athletischen Eindruck. Obendrein sieht er auch noch zu gut aus. Allerdings wird dies in den Augen vieler Kinobesucher keine Rolle spielen und hat im Fall von „The Tourist“ auch schon leidlich gut funktioniert.

Stellan Skarsgård wiederum, den man meist aus eher grüblerischen Rollen kennt, darf als Dima dafür richtig loslegen. Ihm steht die körperliche Einsatzfreude seiner Rolle sehr gut. Schnell wird schon in den ersten Minuten von „Verräter wie wir“ deutlich, wer hier das echte Highlight ist. McGregor und der später hinzustoßende Lewis bleibe dahinter weit zurück.

Von der Realität eingeholt

Hilfreich zur Seite steht Regisseurin Susanna White Kameramann Anthony Dod Mantle, der gewohnt natürlich-rasante Bilder beisteuert. Doch irgendwo zwischen optischer Verführung und drohender Gefahr will der Funke nie so ganz überspringen in einer Geschichte, die mit den realen Panama-Papers von der Realität überholt wurde. Schon der Roman ließ eine gute Prise von le Carrés finsterem Zynismus missen, aber im Film inszeniert White diesen letzten Augenblick, in dem sich der le Carré eines besseren besinnt derartig banal, dass es dem ganzen Film bis zur ersten Minute schadet. Natürlich ist es keine leichte Aufgabe das Zerbrechen von ehrenvollen Idealen auf Film zu bannen, aber derartig zu versagen, wie es White in „Verräter wie wir“ tut, ist fahrlässiger als das blinden Vertrauen ins britische System, dass Makepiece an den Tag legt.

Fazit

Susanna White John le Carré Verfilmung ist sicherlich keine, an die sich noch lange erinnert werden wird. Zuviel Schnitzer, eine Fehlbesetzung und das Ende lassen einzig Skarsgård weitestgehend unberührt. Somit fällt „Verräter wie wir“ am Ende knapp ins durchschnittliche Feld und bleibt weit hinter Volltreffern wie „Der ewige Gärtner“ oder „A Most Wanted Man“ zurück.

Bewertung: 2 von 5 Sternen.**

Filmkritik von Julius, 09.05.2016