Voyagers – Der Herr der Fliegen im All

  

von Peter Osteried | 30.04.2021

Der neue Science-Fiction-Film „Voyagers“ ist am 30. April bei Amazon Prime gestartet. Hier ist unsere Kritik zum Film mit Colin Farrell.

voy4Bild: Voyagers (c) Amazon Studios

Eigentlich sollte „Voyagers“ einen Kinostart bekommen, der fortdauernde Lockdown hat den Verleih dann aber wohl bewogen, sein Heil im Streaming zu suchen. Darum ist der Science-Fiction-Streifen nun auch zu einem Exklusiv-Titel von Amazon Prime geworden. Geboten ist die Art Science Fiction, die sich weniger mit Weltraumreisen und Außerirdischen befasst, sondern einen eingehenden Blick aufs Menschsein wirft. „Voyagers“ ist im Grunde „Der Herr der Fliegen“ – nur eben im Weltall.

Voyagers – Zur Handlung

Auf der Erde wird es innerhalb von zwei Generationen kein Leben mehr geben. Aber die Menschheit kann man retten. Ein bewohnbarer Planet wurde entdeckt, die Reise dorthin dauert aber 86 Jahre. Man züchtet hochintelligente Kinder im Labor heran, bildet sie aus und schickt sie zusammen mit dem älteren Richard hinaus ins All. Doch erst ihre Enkel werden die neue Heimat erreichen.

Zehn Jahre später: Damit die Hormone nicht verrücktspielen und es nicht zu unkontrollierter Überbevölkerung an Bord kommt, müssen die Jugendlichen ein Getränk zu sich nehmen, das sie nur „Blau“ nennen. Es dämpft ihre Persönlichkeit und unterdrückt den Sexualtrieb, aber zwei Jungs beginnen, Blau nicht mehr zu nehmen, wodurch ihre Instinkte – die guten, aber auch die schlechten – zum Vorschein kommen.

voy3Bild: Voyagers (c) Amazon Studios

Voyagers – Eine Kritik

Science Fiction ist immer dann am besten, wenn sie weniger etwas über die Zukunft, als vielmehr über die Gegenwart aussagt, wenn sie den Blick darauf richtet, wo der Mensch steht und wie er ist, nicht, wie er sein könnte. „Voyagers“ ist ein Film über das Menschsein. Als die Jugendlichen aufhören, Blau zu nehmen, verändern sie sich. Manche stellen sich die Frage: Sind wir ohne das Blau wieder das, was Menschen sein sollten, oder hat das Blau uns erst zu besseren Menschen gemacht? Im Grunde offeriert der Film eine Antwort, versucht dann aber zwei Herren zu dienen. Er möchte nicht wirklich postulieren, dass zu einem friedlichen Miteinander eine Droge wie Blau gehört, ein Leben des Konsenses läuft aber in der Regel ohne Konflikte auch nicht ab.

Seine Spannung bezieht der Film aus der Beobachtung, wie eine Gesellschaft durch Spaltung zerbricht, wie Menschen jedwede Rationalität über Bord werfen, wenn man ihnen nur genug Angst macht – selbst vor dem, was es gar nicht gibt. Dann werden sie gefügig, dann folgen sie dem, der Führung und Sicherheit verspricht. Das macht „Voyagers“ zu einem Film unserer Zeit, in Wahrheit natürlich aber zu einem Film jeder Zeit, denn solche menschlichen Rattenfänger gab es schon immer und wird es immer geben.

„Voyagers“ ist ein cleverer Kommentar auf das menschliche Zusammenleben, aber auch ein sehr stylischer Thriller. Die langen, schmalen Gänge des Raumschiffs beschwören ein klaustrophobisches Gefühl hervor. Der Film sieht einfach wahnsinnig gut aus, gerade bei den Interieurs, aber auch die wenigen Szenen im All sind toll umgesetzt. Vor allem punktet der Film aber mit seiner klaren Aussage: Dass der Mensch immer droht, in archaische Verhaltensmuster zurückzufallen.

Fazit

„Voyagers“ ist ein cleverer, von Neil Burger („Ohne Limit“) wunderschön umgesetzter Science-Fiction-Film, der zwar im Grunde nur den Klassiker „Der Herr der Fliegen“ ins Weltall verlagert, dies aber nutzt, um einen profunden Kommentar auf die menschliche Natur abzugeben.

Bewertung: 4/5****

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Bild: Voyagers (c) Amazon Studios