„What Happened to Monday?“ Filmkritik — Sieben Farben des Regenbogen

  

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Schreckliche Dystopien, welche zum scheinbaren Wohl der Allgemeinheit über sprichwörtliche Leichen gehen, gehören bei futuristischen Visionen ja fast schon zum guten Ton. Vor allen Dingen in Sachen cineastischer Ausdrucksform. So wird eine grundsolide Stimmung gewährleistet, die keinerlei Fokus fordert und meist entsprechend wenig zu bieten hat. Funktioniert gelegentlich, jedoch nur, wenn die Kernidee, welche dieses Gerüst stützen muss, die fehlende Tiefe wieder ausgleichen kann.

In diesem Fall setzt Regisseur Tommy Wirkola („Dead Snow“, „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“) auf einen gefährlichen Plan, der bei manch anderem schon in der Hand explodiert ist. Mit direkten Blick in das Genre Drama werden die Wirren dieser Zeit gleichsam mit der Vielfältigkeit des menschlichen Seins zum Ausdruck gebracht, indem diese Aspekte sich in sieben verschiedenen Rollen widerspiegeln … Die allesamt von einer einzigen Person verkörpert werden: Noomi Rapace („Verblendung“, „Prometheus“, „Dead Man Down“).

Zur Geschichte — 7 Wochentage

Die Zukunft sieht mal wieder mehr als düster aus. Die Erde ist drastisch überbevölkert, die üblichen Konsequenzen, die wir aus tausend und einem Katastrophenfilm bereits kennen, sind eingetreten. Es müssen also eine Lösung her. Diese kommt in „What Happened to Monday?“ in Form von einer Nachwuchs-Regulierung. Jeder Familie ist es gestattet, lediglich ein Kind zur Welt zu bringen. Um diesem Gesetz Nachdruck zu verleihen, hat das Kinder-Zuteilungsbüro alle Fäden in der Hand.

In diese gnadenlose und doch auf eine bessere Zukunft hoffende Welt gebärt eine Frau Siebenlinge. Würde die Regierung davon erfahren, müsste die Familie sechs ihrer Kinder einfrieren lassen, ein Schicksal, zu welchem sie nicht bereit sind. So liegt es an dem Großvater, die Kinder - sieben Mädchen, benannt nach je einem der Wochentage — zu verstecken und auf das Leben vorzubereiten.

An einem Tag der Woche darf das Mädchen mit dem passenden Namen raus in die Welt. Geschützt durch eine Tarnidentität die sich die Geschwister teilen. Natürlich bringt diese Vorgehensweise viele Gefahren mit sich und schon der kleinste Fehler in ihrer Rolle könnte der Familie den Kopf kosten. Doch stattdessen kommt es sogar noch viel schlimmer: eines Abends kommt Monday nicht mehr nach Hause. Was kann ihr nur zugestoßen sein?

Außerordentlich — 7 Mal Noomi Rapace

Erst einmal sei erwähnt, dass „What Happened to Monday?“ in Sachen Aufbau einer Welt nicht über den Tellerrand hinaus zu blicken vermag. Es bleibt von Beginn bis zum Ende bei einer interessanten Grundidee, die jedoch wenig Ausarbeitung erfahren hat. Stattdessen rückt das Kernelement dieses futuristischen Dramas in andere Bereiche ab und kümmert sich primär um die sieben Schwestern, welche alle völlig unterschiedlich zu sein scheinen. Entsprechend wollen und müssen sie verkörpert werden.

Schauspielerin Noomi Rapace nimmt die gemeinsame Identität der Sieben, Karen Settman, als Richtwert für sich und die Hauptfigur Monday. Davon abgehend spielt sie mit großer Hingabe sechs völlig unterschiedliche Frauen, die jede einen gewissen Aspekt, eine Grundeinstellung des Menschseins repräsentiert und sich entsprechend stark von ihren Schwestern differenziert. Hier beweist Rapace eine beeindruckende Vielfalt und Fingerspitzengefühl in ihrem Auftritt.

Wie schwer es ist, in einer Welt wie der zuvor beschriebenen zu existieren und wie vielfältig dies sich auf unsere Persönlichkeit auswirken kann, wird nicht nur geradezu brillant aufgezeigt, sondern zusätzlich subtil wie ausdrucksstark in Szene gesetzt. Selten schafft es ein Film, mit so wenig Detail für die Welt, so viel aus anderen Bereichen heraus zu holen. Das ist die große Stärke dieses anklagenden wie lobpreisenden Werks.

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7 Grautöne

Abseits davon gibt es wenig über „What Happened to Monday“ zu sagen. Abgesehen von den sichtlichen und teilweise tadellos präsentierten Spannungen zwischen Individualität und der Uniformität der dystopischen Gemeinschaftlichkeit, besteht dieser Film hauptsächlich aus Lückenfüllern. Was er machen möchte, wurde äußerst lobenswert umgesetzt, worauf jedoch nie Fokus lag, lässt besonderen Esprit und Einfallsreichtum vermissen.

Um so mehr kristallisieren sich bei einem solchen Werk die Dinge heraus, die über gewohnte Maße hinaus zu funktionieren scheinen. So habe ich persönlich Willem Dafoe („Platoon“, Der blutige Pfad Gottes“, „Grand Budapest Hotel“) nie als Kandidat für einen feinfühligen wie ausdruckstark liebevollen Großvater eingeschätzt. Doch siehe da: Dafoe geht in der Rolle auf, zeigt Facetten im Spiel, die ich von einem solchen Top-Darsteller fast schon zu vermissen glaubte.

Wäre der Twist in der Geschichte nicht so belanglos öde wie die dystopische Politik dieser Welt, würde sich eine höhere Endwertung rechtfertigen lassen. Leider ist der Plot nicht nur für Kenner des Genre ein ausgelutschtes Klischee, sondern ebenfalls für Neulinge leicht durchschaubar. Dadurch geht eine gehörige Portion Spannung verloren, die Aufmerksamkeit schweift ab und wird zu guter Letzt nur noch von der dargebotenen Kunst eines Dafoe und einer Rapace aufrecht gehalten.

Zumindest kann man „What Happened to Monday?“ zugute halten, dass die Prämisse in den heutigen Tagen recht originell wirkt, sprich, weniger unter der Herrschaft von Hollywood zu leiden hatte. Dadurch fällt es sehr viel einfacher, dem Werk einen gewissen Stellenwert zukommen zu lassen. Gleichermaßen wird ein Besuch im Kino spannender, da sich die Konkurrenz in diesem Sub-Genre kaum als nennenswert bezeichnet werden kann.

Wenn ihr aber einen wirklichen Grund braucht, überteuertes Popcorn zu kaufen und euch von einem Fremden ein Ohr abkauen zu lassen, dann ist es nochmals und sechs mal mehr Noomi Rapace. Glenn Close („Eine verhängnisvolle Affäre“, Gefährliche Liebschaften“, „Mars Attacks“) als Leiterin des Zuteilungsbüros sollte und darf eigentlich nicht übergangen werden, da auch sie hervorragend spielt, doch neben ihren Kollegen hat sie keinerlei Chancen das Publikum für sich zu gewinnen.

Fazit

Eine tolle Idee, die leider nicht weiter ausgearbeitet wurde. Durchschaubarer Sci-Fi-Thriller, der eigentlich als Drama präsentiert wird. Wirklich beeindruckend ist jedoch das Spiel von Noomi Rapace, die auf hohem Niveau gleich sieben verschiedene Rollen verkörpert. Allein diese Performance lohnt einen Blick in den Film. Technisch durchschnittlich, gleichsam solide. Ganz sicher kein Werk, das sich zu verstecken braucht, unterm Strich jedoch eher für Genre-Liebhaber.

"What happened to Monday" läuft ab heute in unseren Kinos.

Bewertung: 3/5***

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 12.10.2017