Kleine schmutzige Briefe – Eine fast vergessene Geschichte (Filmkritik)

  

von Peter Osteried | 13.03.2024

Die Komödie „Kleine schmutzige Briefe“ läuft ab dem 28. März im Kino. Hier ist unsere Kritik zum Film mit Jessie Buckley.

kleine schmutzige Briefe filmszene (c) StudiocanalBild: (c) Studiocanal

Es ist eine wahre Geschichte, die „Kleine schmutzige Briefe“ erzählt, aber natürlich nimmt sich der Film Freiheiten bei der Darstellung der Figuren. Oberflächlich betrachtet schmälert das den Unterhaltungswert nicht, der Umstand, dass Authentizität bei wahren Geschichten aber gerne geopfert wird, ist eben doch ein Ärgernis.

Kleine schmutzige Briefe – Zur Handlung des Films

Rose (Jessie Buckley) und Edith (Olivia Colman) sind Nachbarinnen. Die eine ist verheiratet und hat eine Tochter, die andere ist eine alte Jungfer, die noch bei ihren Eltern lebt. Zuerst freunden sich beide an, dann erhält Edith aber obszöne Briefe, deren Absender ihrer Meinung nach Rose ist. Rose wird wegen übler Nachrede verhaftet, kommt aber auf Kaution auf freien Fuß. Da nehmen die Briefe an die Gemeinde erst richtig überhand.

Aber die Polizistin Gladys ist sich sicher, dass nicht Rose die Übeltäterin ist. Sie hat jemand anderen in Verdacht, aber keiner der Kollegen will ihr glauben.

Kleine schmutzige Briefe – Eine Kritik

Der Film ist immens vergnüglich. Weil Jessie Buckley so herrlich die fluchende, unangepasste Rose spielt, und Olivia Colman die alte Jungfer, die die Aufmerksamkeit genießt, die ihr zuteilwird. Es ist herrlich, beiden zuzusehen. Die Dritte im Bunde ist Anjana Vasan als Polizeibeamtin, die von ihren Kollegen nur belächelt wird, aber den richtigen Riecher hat. „Kleine schmutzige Briefe“ ist exzellent darin, das Tragische mit dem Komischen zu vermengen. Denn er ist auch ein Sittengemälde jener Zeit, mit Frauen, denen bestimmte Rollen in diesem Patriarchat zugewiesen waren, mit Moralvorstellungen, die erdrückend waren, mit Konformismus, der jede Form von Individualität erstickt.

kleine schmutzige Briefe filmszene (c) Studiocanal 002Bild: (c) Studiocanal

So ist der Film mal lustig, dann dramatisch, mitunter auch traurig, aber immer gut erzählt. Nur mit dem Abbilden der Realität hapert es. Dass man eine spannendere Geschichte darum herum entwickelt hat, wie die wahre Täterin überführt wird, ist eine Sache, dass der Film aber auch historisch verfälschend ist, eine, die Fragen aufwirft. So wird Gladys als indischstämmige Polizistin gezeigt, in Wahrheit war sie das nicht, aber sie war die erste Polizistin des Landes überhaupt.

Dem offensichtlichen Wunsch, Diversität einzubringen, wo es keine gab, ist wohl auch geschuldet, dass der Mann von Rose schwarz ist. In Wahrheit war er es nicht. Das ist auch insofern ein Problem, weil gezeigt wird, wie Rose wegen ihrer deftigen Art ausgegrenzt wird, wo es hingegen eine gemischtrassige Ehe war, die eher zu einer Ausgrenzung geführt hätte. Zu guter Letzt sitzt dem Prozess ein farbiger Richter vor – der erste schwarze Richter Großbritanniens war eine Frau, und das im Jahr 2004. So betreibt der Film Geschichtsverfälschung, die den Eindruck erweckt, dass die Gesellschaft vor gut einem Jahrhundert weiter war, als sie es wirklich war.

Stört man sich daran nicht, präsentiert sich „Kleine schmutzige Briefe“ jedoch als amüsanter kleiner Film über eine Geschichte, die erstaunlich groß wurde – und das nur wegen ein paar obszöner Briefe, die heute keinen Hund mehr hinterm Ofen vorlocken würden.


Fazit

Exzellent gespielt, wunderbar gefilmt, und mit viel Gefühl für Komik und Tragik inszeniert. „Kleine schmutzige Briefe“ ist ein sehr amüsanter Film mit zwei ganz großen Schauspielerinnen in den Hauptrollen.

Bewertung: 4/5****

wicked Letters Filmposter DE StudiocanalBild: (c) Studiocanal