"Pokémon Meisterdetektiv Pikachu" - Filmkritik

Wer hätte gedacht, dass nach dem "Super Mario Bros."-Debakel von 1993 noch einmal eine Verfilmung zu einem Nintendo-Videospiel das Licht der Welt erblicken würde? Und dann auch noch mit realistisch aussehenden Versionen der beliebten Taschenmonster. Aber hier stehen wir nun, wenige Tage vor der Veröffentlichung von "Meisterdetektiv Pikachu", einem Film, dem Fans mit Interesse und Angst gleichermaßen entgegen fiebern.

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Nicht ohne meinen Partner

Privatdetektiv Harry Goodman ist während seines letzten Falls verschwunden und die Polizei geht davon aus, dass er nicht mehr am Leben ist. Daher soll Sohnemann Tim (Justice Smith) die Wohnung seines Dads ausräumen, wofür dieser extra in die große Stadt reist. Doch was er dort findet, hätte er sich wohl nie zu träumen gewagt. Im Büro seines alten Herrn trifft er nämlich auf dessen ehemaligen Partner, dem Pokemon Pikachu.

Soweit mag dass in einer Welt, in welcher Menschen und Taschenmonster friedlich Seite an Seite leben, nicht sonderlich überraschend sein, doch als Tim herausfindet, dass er und Pikachu einander verstehen und miteinander kommunizieren können, wird es surreal. Der putzige Super-Detektiv ist überzeugt davon, dass Harry überlebt hat, und bittet Tim, ihm bei seinen Nachforschungen behilflich zu sein. Die beiden kommen schnell einer großen Verschwörung auf die Spur.

Ein Film für die Kleinen

Zu Recht fragen sich viele, was sie von einem Werk erwarten dürfen, in welchem die Welt der Pokémon und unsere miteinander vermischt werden, während die Hauptfigur eine Verbrechen lösende, sprechende Version von Pikachu ist. Die Antwort, zumindest in einer stark vereinfachten Form, kann ich euch bereits hier geben. Es ist ein Kinderfilm.

Und wenn ich das schreibe, ist mir wohl bewusst, dass die Videospielreihe und ihre vielen Ableger ebenfalls einen gigantischen Fankreis unter deutlich älteren Semestern für sich verbuchen können, obwohl deren Zielgruppe deutlich jünger ist. Doch in diesem Fall ist es schwer, ab einem gewissen Alter und/oder Erfahrungsschatz tatsächlich Spaß mit der cineastischen Version zu haben.

Das liegt in erster Linie daran, dass "Meisterdetektiv Pikachu", trotz vorhandener Stärken, vornehmlich in seichten Gewässern der Erzählkunst schwimmt. Die Videospielverfilmung von Regisseur Rob Letterman ("Große Haie - Kleine Fische", "Monsters vs. Aliens", "Gänsehaut") bedient allerlei Fanservice, macht sich jedoch wenig bis keine Gedanken über Dinge wie zusammenhängender Handlung, Logik oder auch tiefer schürfende Charakterentwicklung.

Die Macher des Werks haben ein Ziel vor Augen und dieses Ziel besteht in erster Linie aus purer, seichter Unterhaltung, welche genügend Platz lässt, um die Wesen der originalen Spielwelt in den Mittelpunkt zu rücken. Es muss so viel wie möglich gezeigt und staunende Kinderaugen sollen zum Leuchten gebracht werden. Da ist schlussendlich kein Raum mehr für all das, was einen Film in sonstiger Form ausmacht.

Alles abseits der gelungenen Tricktechnik und dem mehr oder minder angemessenen und zielsicheren Humor lässt Anspruch an sich selbst und den Zuschauer vermissen. Das gesamte Werk wurde nach dem Schema F umgesetzt, setzt auf Nummer sicher und geht nicht ein Mal ein Risiko ein. "Meisterdetektiv Pikachu" ist ein absolut durchschnittlicher Film, der sich von der Umsetzung her nicht von anderen Vertretern dieses Genre unterscheidet oder gar absetzt.

Pikachu

Der Aufbau

Nach einer eher langweiligen Exposition, die einiges an Hintergrundwissen von Seiten des Kinobesuchers abverlangt, kommt der Film nur langsam in die Gänge. Es dauert eine Weile, bis verschiedene Faktoren beginnen, für den Ticketkäufer interessant zu werden. Das gilt für die Geschichte an sich genauso, wie für den Humor und die Action. Einer der Gründe hierfür dürfte sein, dass die notwendigen Informationen über die Welt der Pokémon nach und nach in das Geschehen mit eingestreut werden, dadurch den Erzählfluss leider immer wieder unterbrechen.

Hat Lettermans Werk dann endlich Fahrt aufgenommen, ist er weitgehend auch relativ unterhaltsam, zumindest, sofern der geneigte Kinozuschauer in der Lage ist, das Gehirn in den Ruhemodus zu versetzen und seine Zeit nicht damit vergeudet, zu sehr über das Gesehene nachzudenken. "Meisterdetektiv Pikachu" strotzt nämlich nur so vor Logiklöchern und faul zusammengeschusterten Gegebenheiten.

Dies wird mit Fortschritt der Geschichte immer schlimmer und mündet schlussendlich in einem äußerst schrägen Finale, welches in dieser Form wohl nur existiert, um wirklich jeden Aspekt, der Pokémonfans gefallen dürfte, abzudecken. Das Ganze sieht zwar unverschämt gut aus, fühlt sich dafür aber auch unangenehm doof an. Hinzu kommt, dass sich die meisten Eckpfeiler der Handlung und die Wendungen zum Schluss ziemlich früh, erschreckend einfach vorhersagen lassen.

Wohl gemerkt, der Film richtet sich an Kinder und der Anspruch unter den Jüngsten von uns ist meist nicht sonderlich hoch. Daher schaden diese Kontrapunkte dem Werk eher wenig, da alles unter 12 und jeder, der nur als Hardcore-Fan bezeichnet werden kann, eh nur Augen für die süßen Monster haben.

Meisterleistung

Zwei Dinge holen den Karren letztendlich aus dem Dreck. Zum einen die bereits erwähnten Animationskünste, die dazu geführt haben, dass wir wunderbar designte Pokémon zu sehen bekommen, die sich beinahe perfekt in die Welt einfügen. Und zum anderen Ryan Reynolds ("Deadpool", "Killer´s Bodyguard", "Vielleicht, vielleicht auch nicht"), der einen formidablen Job bei der Synchronisation von Pikachu macht. Seine Version des gelben Maus-Pokémon ist zwar gewöhnungsbedürftig aber definitiv unterhaltsam sowie treffsicher.

Andere Akteure in diesem Werk sind eher anwesend als wirklich erwähnungstauglich. Neben Hauptdarsteller Justice Smith ("Jurassic Wold 2", "Margos Spuren", "The Get Down"), der seinen Job ganz okayisch macht, gibt es in "Meisterdetektiv Pikachu" lediglich eine Handvoll Darsteller, deren Rollen vom Drehbuch her schon nicht viel zu bieten haben. Die Schauspieler haben entsprechend nur wenige Chancen, den kritischen Zuschauer von sich zu überzeugen und diese lassen sie lächelnd und winkend vorbeiziehen.

Fazit

Der Film von Regisseur Rob Letterman sieht umwerfend aus, die Pokemon sind fantastisch animiert worden und dank Ryan Reynolds gibt es eine Menge Lacher. Doch seid euch bewusst, dass "Meisterdetektiv Pikachu" ein Kinderfilm ist und das Niveau der Handlung und der Erzählstil nie über einen gewissen Wert kommen. Das Werk bleibt flach, vorhersehbar und voller Logikfehler. Wem das genug ist, wünschen wir an dieser Stelle viel Spaß, alle anderen sollten sich einen Besuch im Kino nur zu Liebe ihrer Kinder geben.

Bewertung: 3/5***

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht", 06.05.2019