Filmkritik "Tracers"

  

Twilight gesehen? Nein? Sagt euch Taylor Lautner trotzdem was? Auch nicht? Schlecht. Also falls Parkour oder Freerunning für euch von Interesse ist, dann könnten Sie „Tracers“ etwas abgewinnen. Denn ansonsten muss man halt doch schon Taylor Lautner mögen um „Tracers“ als interessante, filmische Abendgestaltung zu wählen.

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Die einen nennen es Dummheit, die anderen Pech

In „Tracers“ läuft alles irgendwie nach simplen Schemata ab. Cam (Taylor Lautner) ist der nette Typ mit der bewegten Vergangenheit. Saß sogar im Jugendknast. Jetzt lebt er aber, völlig fern dieser Tage in New York. Als Fahrradkurier. Aber dann prallt er mit einer unbekannten Schönheit zusammen. In folge dessen ist sein Rad dahin. Und somit auch die Lebensgrundlage. Streng genommen ist es eigentlich nur der Vorderreifen. Aber Cam wirft, mir nichts dir nichts, das komplette Rad weg. Dumm nur, dass er einer chinesischen Tong-Gang eine nicht unwesentliche Summe Geld schuldet und diese längst überfällig ist. Obendrein ist er auch schon mit der Miete spät dran. Dabei ist seine Vermieterin doch so verständig und ihr kleiner Sohn auch irgendwie sein kleiner Bruder. Also so ersatzmässig. Er hat aber echt Glück. Die unbekannte Schönheit, die einfach aus dem Nichts auftauchte heißt Nikki (Marie Avgeropoulos), macht Parkour und schenkt ihm einen neues Fahrrad. Das ihm kurz darauf geklaut wird. Ist aber auch nicht so wild. Die Chinesen bedrohen zwar nicht nur ihn, sondern inzwischen auch die Familie der Vermieterin, aber Cam lernt lieber Parkour als sich um einen neuen Job zu kümmern. Das auch noch alles im Hauptquartier seiner Fahrradkurierkollegen. Steht denen also unentwegt im Weg rum. Nein, so darf man an „Tracers“ wirklich nicht herangehen. Denn irgendwie ist der Film halt so einfach gestrickt wie sein Protagonist. Denn dessen Serie an wirklich dummen, dummen Entscheidungen wird schlicht und ergreifend als Pech präsentiert. Und kommt allen Ernstes auch auf seine Art und Weise damit durch. Zumindet wenn man Parkour mag. Oder Taylor Lautner.

So scheint beispielsweise der Subplot um Vermieterin und Sohn nicht deswegen zu existieren um Cam in noch größere Schwierigkeiten zu bringen oder erpressbar zu machen (was natürlich auch geschieht), sondern tatsächlich um seinen Hang zu Tricks und Rumgehüpfe unter Adrenalineinfluss glaubwürdiger zu machen. Er ist eben irgendwie derjenige in der Familie, der leicht zu beeinflussen und noch leichter zu begeistern ist. Wer sonst würde sich bei einer Bande in Chinatown Geld leihen, dass er niemals zurückzahlen kann (zumindest nicht, wenn er weiter in der Geschwindigkeit Fahrräder verliert).

Meine Hobbys sind: Rennen, springen und beschossen werden

Sein Glück ist nur, dass Nikki einer ganzen Bande von Parkourern angehört. Diese werden von dem älteren und ziemlich coolen Miller (Adam Rayner) angeführt. Allerdings machen die nicht nur Parkour. Zufällig sind die Jungs auch noch echte Profis darin Sachen zu beschaffen, an die sonst keiner rankommt. Und Cam hat mit seinen neuen Freunden endlich Gelegenheit seine Schulden schnell ab zu bezahlen. Puh. Alles nochmal gut gegangen. Ach Moment, der Film geht ja noch über eine Stunde weiter. Im folgenden gibt es dann Einbrüche ohne Einbrüche. Tatsächlich gibt es keinen kompletten Cut eines der Manöver, mit denen die Gang ihr Geld verdient. Das ist allerdings nicht so schlimm, denn wenn Regisseur Daniel Benmayor (demnächst mit „Hitman: Agent 47“ im Kino) scheinbar etwas kann, dann ist es die Parkoursequenzen sehr gut einzufangen. In diesen erlebt „Tracers“ auch seine wirklichen Höhepunkte. Und im Vergleich zu Taylor Lautners letztem Actionstreifen „Atemlos — Gefährliche Wahrheit“ auch ein gewaltiger Fortschritt. Dank der Handheld-Technik, die Benmayor zum Einsatz kommen lässt, bieten sich mehrere Sequenzen an wirklich beeindruckendem und schnittfreiem impressionistischen Actionchaos, dass nur von kurzen Dialogen (und damit einhergehend Umschwüngen der Kamera) unterbrochen werden. Zum Glück nicht zu lange, denn die Dialoge sind die Verschnaufpausen wirklich nicht wert.

Dem ganzen setzt Benmayor dann sogar noch zum Ende des Films die Krone auf. In dieser Sequenz werden die Parkourler von ziemlich aufgebrachten Asiaten mit ziemlich lauten Schusswaffen über die Dächer New Yorks gehetzt. Dank der Kameraführung, dem Drive dieses Abschnitts und der Choreografie sieht es tatsächlich überzeugend aus, dass die Gang den Kugeln ihrer Verfolger auf Grund ihrer Bewegungsabläufe ausweichen und nicht einfach nur Glück haben. Leider verbringen Cam und seine Freunde nicht mehr in solchen Gefahren. Denn dann müsste nicht das Schauspiel ertragen werden, dass sie dem Zuschauer präsentieren. Allerdings könnte die Clips dann auch auf Youtube zu finden sein oder für ein Taylor Lautner Bewerbungsvideo als Spider Man herhalten.

Fazit

Schauspielerisch ist nämlich wirklich nicht viel los. Wenn Nikki und Cam so etwas wie Romantik auf die Leinwand bringen sollen, dann merkt man, dass Lautner bei der großen Schule der „Twilight“ Filme gelernt hat: Einfach verdammt nahe stehen und sich in die Augen sehen. Lautners Kollegen präsentieren wenigstens noch eine klassische Jugendbande aus ehemaligen Straßenkindern und Kleinkriminellen. Aber Lautner selber ist schauspielerisch einfach völlig begrenzt. Nur in den Momenten, in denen er gegen Wände springen darf und von Dächern, merkt man Spielfreude. Sonst wirkt er einfach so überfordert wie ein Sportler in einem US-Highschoolfilmchen, wenn er unvermittelt in den Drama-Club geschubst wird und plötzlich Hamlet mimen soll. Zum Glück bleibt er uns mit der Leistung allerdings auf längere Sicht als Actionheld mit Tiefgang erspart (hoffentlich). Zu seiner Verteidigung muss man allerdings zugeben, dass es erstaunlich viel Spaß macht, ihm bei Rennen über Dächer zuzusehen. Die restliche Handlung ist zum einen erwartungsgemäß vorhersehbar bis zu völlig an den Haaren herbeigezogen.

Bewertung: 2 von 5 Sternen

Filmkritik von Julius, 30.04.2015

Kinostart für "Tracers" am 28. Mai 2015

Alle die "Tracers" im Kino anschauen wollen, sollten sich den 28. Mai mekren, dann startet der Film bei uns. Trailer, Bilder, Poster und mehr zu Tracers findet ihr auch in unserer Filmdatenbank