Filmkritik zu "The Boy Next Door"

  

Jennifer „J-Lo“ Lopez ist zurück. Und sie sieht gut aus wie nie. Mit 45. Dafür muss man einfach Respekt zollen. In Rob Cohens neuem Film „The Boy Next Door“ mimt sie die vermutlich heißeste Lehrerin des gesamten San Fernando Valleys und lässt sich obendrein auf einen verhängnisvolle Nacht mit — Achtung Spoiler — irgendwie zunächst nicht ihrem Schüler ein. Inhaltlich also alles, was man im TV-Film der Woche irgendwo zwischen ARD und RTL erwarten würde.

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Der TV Film der Woche

Regisseur Rob Cohen (The Fast and the Furious, XXX — Triple X) und Drehbuchautorin Barbara Curry (ihr erster Anlauf in der Traumschmiede) überziehen diese bereits doch sehr klischeebehaftete Basis mit einer dicken Portion Käse, der alles zu ertränken scheint. Leider wurde dabei aber, bis auf wenige Momente die Schärfe vergessen. Hier kommt er also, „The Boy Next Door“, ein Erotik-Thriller um einen muskulösen 19 Jahre alten Jungen mit Hang zum Wutausbruch und psychopathischen Verhalten wie aus dem Lehrbuch, der es schafft die verzweifelte Mutter von nebenan und seinem doppelten Alter zu verführen. In der einen Nacht, in der es in Los Angeles regnet. Er stalkt, er droht und er kennt keine Grenzen. Macht ja auch Sinn. Wenn man eine Geschichte erzählt, die sonst für eine TV Produktion von eher seichtem Niveau reichen würde, aber in den USA ein „R“ Rating (hierzulande dann ab 16 Jahren) erzielen möchte, dann darf man sich einfach nicht zurückhalten. So ist „The Boy Next Door“ auch immer ein Ecke drüber und geht weiter als er muss. Daraus ergeben sich einige Momenten, die zum Glück so schlecht sind, dass sie schon irgendwie wieder gut erscheinen. Viel davon liegt in den Details, in der möglichen Interpretation der Szenen und Versatzstücken aus den Dialogen, dem Film hätten noch viel mehr davon sehr gut getan. Denn meistens, also in allen anderen Momenten, ist der Film einfach nur schlecht. Fast ein wenig erstaunlich, dass „The Boy Next Door“ so versagt, hatte er doch eigentlich ein gewisses Potential. Und damit sind weder J-Los Hüften noch Ryan Guzmans Oberarme gemeint. Denn J-Los Klauseln untersagen Nacktheit auf der Leinwand. Erotischer als in „50 Shades of Grey“ wird es trotzdem. Immerhin.

Jenny From The Block

Jennifer Lopez jedenfalls ist eine Powerfrau durch und durch. Claire Peterson treibt sicher vielen jüngeren Kolleginnen im Lehrerkollegium den Neid in die Haarspitzen und den männlichen Kollegen andere Dinge an tiefer liegende Stellen. Dabei ist sie quasi allein erziehende Mutter mit einem pubertierenden Sohn. Das wirkliche Mysterium in „The Boy Next Door“ ist dann auch, wie sie es schafft, Morgen für Morgen, sich perfekt zu stylen. Mit gemachten Haaren, smoky Eyes und Lipgloss. Nach Dienst trägts sie lockere Tanktops in Kombination mit Hosen, die J-Los berühmten Hintern die entsprechende Geltung verleihen. In keiner Szene sieht J-Lo schlecht aus, treffender wäre, dass sie in jeder zu gut für ihr Alter aussieht. Aber grade das nimmt ihrer Rolle als Claire Peterson so gut wie jede Glaubwürdigkeit. Ein Frau, die mehr Verletzbarkeit und weniger Naturgewalt mit gebracht hätte, wäre die bessere Besetzung gewesen.

Denn Claire ist einsam, hat sie sich doch erst kürzlich von ihrem untreuen Ehemann Garrett (John Corbett) getrennt. Und ihr Sohn, der süße, latent verweichlichte und unbestreitbar nerdige Kevin braucht dringend ein männliches Vorbild. In diese fruchtbaren Voraussetzungen platz dann Noah (Ryan Guzman) in schöner und muskulöser Gestalt. Der zieht nämlich zufällig nebenan ein, um seinem kränkelnden Onkel (mit frappierender Ähnlichkeit zu Johnny Knowville in „Bad Grandpa“) zu helfen. Zunächst erblickt man übrigens nur Noah Bizeps, erst dann sein Antlitz. Aber er hat natürlich nicht nur den Look um Herzen zu brechen, sondern noch so vieles mehr. Bei Barbara Curry scheint halt irgendwie alles etwas zu viel des Guten.

The Boy Next Door

Denn Noah repariert auch Autos und reinigt die Dachrinne. Tatsächlich repariert er zunächst, Doppeldeutigkeit aufgepasst, Claires Garagentor. Er verprügelt die Bullys an Kevins Schule, versorgt den jungen Mann mit genügend Selbstbewusstsein um das schönste Mädchen der Stufe zum Tanz einzuladen. Und er kann aus Homers „Ilias“ zitieren. Macht er dann auch andauernd. Die „Ilias“ hat dann auch allein deswegen wohl den ein oder anderen, belustigenden Auftritt in „The Boy Next Door“. Da er so wissbegierig ist, mogelt er sich, mit 19 Jahren, in Claires Englischklasse. Halt nach dieser einen Nacht. Denn seinen Schulabschluss konnte er bisher nicht erreichen. Da kamen seine Problem dazwischen. Claire hätte der Ausraster nach dieser einen, regnerischen Nacht, Warnung genug sein sollen. Zumindest aber ein deutlicher, erster Hinweis darauf, dass mit diesem jungen Mann nicht alles stimmt.

Ryan Guzman, als Veteran der „Step Up“ Reihe mag die nötigen Moves draufhaben. Er bringt sie aber einfach nicht überzeugend rüber. Er wirkt immer etwas zu knabenhaft. Sein Schauspiel scheint noch unterentwickelt. Wirklich bedrohlich wirkt er nie. Das nimmt aber einem erotischen Thriller sehr viel des Thrills und ein wenig der Erotik. Schlussendlich wird Ryan von Jennifer und ihrem Charisma (nein, nicht ihrem Hintern) in jeder Szene an die Wand gespielt.

Fazit

Was folgt, ist die zu erwartende Aneinanderreihung von mehr und mehr elaborierend „bedrohlichen“ Verhaltensausbrüchen auf Seiten des Jungen von Nebenan. Claire, sicher nicht moralisch ganz unschuldig, aber rechtlich so ziemlich auf der sicheren Seite, entscheidet sich natürlich nie dafür, doch mal die Polizei anzurufen. Denn der Film muss ja weitergehen. Statt dessen sieht man sie stolpern und scheitern, immer wieder beim Versuch den benachbarten Psychopathen zu befriedigen. Dabei bringt sie nicht nur sich, sondern auch ihre Familie in äußerste Gefahr. Schlussendlich werden dann sogar wirklich alle Register gezogen. Rob Cohen, der 2001 Regie beim ersten „Fast and Furious“ führte, bekommt dann sogar Gelegenheit eine amtliche Verfolgungsjagd einzubauen. Amtlich ist übrigens auch das Finale. In einer brennenden Scheune. Aber halt so richtig drüber. Dieser gewalttätige Ausbruch am Ende des Films ist genau das, was der Film schon viel früher gebraucht hätte.

Bewertung: 1 von möglichen 5 Sternen.*

Filmkritik von Julius, 19.03.2015

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"The Boy next Door" läuft ab heute überall in den Kino. Der Trailer, Poster und viele Bilder zum Thriller findet ihr hier.