Filmkritik zu "Top Five"

  

Die Midlife-Crisis. Manchmal hat es den Anschein, als würde es ohne sie und den zweiten (bisweilen auch dritten) Frühling Hollywood gar nicht mehr geben. Auf der einen Seite werden die Stars, die uns die Traumfabrik Woche für Woche präsentiert auch nicht wirklich älter, auf der anderen Seite scheinen aber auch noch immer genug „ältere“ Herrschaften es noch einmal wissen zu wollen. Sei es aus Eitelkeit, aus finanziellen Gründen oder weil sie es bisher nicht geschafft haben, sich zu den künstlerischen Ebenen zu erheben, die sie eigentlich immer angestrebt haben. Schön anzusehen und unterhaltsam ist es, wenn dies auch gelingt.

top five szene 7

Chris wer?

Chris Rock ist so ein Typ für die letzte Kategorie. Chris Rock? Nein, das ist nicht der Typ aus „Rush Hour“. Das ist Chris Tucker. Chris Rock, Standup-Comedy um Schwarze in den USA? Nein? Der Freund von Danny Glovers Tochter in „Lethal Weapon 4“? Immer noch nicht? „Alle hassen Chris“! Kennen Sie auch nicht. OK, die Giraffe aus „Madagascar“. Und zwei Filme hat er auch noch gemacht, jawohl. „Head Of State“ und „Ich glaub, ich liebe meine Frau“. Kennen Sie auch wieder nicht. Schade eigentlich. Aber man muss dazu sagen, die guckt man auch besser im Original, in der Synchro verliert sich viel. Was nun klingt wie „wer ist das und muss ich den kennen, ach ne sagt mir was, ist doch wer anderes“, Chris Rock ist beim europäischen, besonders beim deutschen Publikum nie so wirklich angekommen. Was für Komiker allerdings nichts besonderes ist. Das geht auch weißen Kollegen wie Louie C.K. Und Denis Leary so. Die kennt hier auch keiner so wirklich. Aber jeder erkennt sie als „der Typ, den hab ich doch schon einmal gesehen“, wenn sie irgendwo auftauchen. Jetzt aber noch einmal zu Chris Rock. Von dem kommt nämlich jetzt sein dritter Film in die Kinos. In dem dreht es sich, von Hölzchen auf Stöcken kommend, aber (in der Originalfassung) extrem lustig, um eigentlich einen oft unter der Gürtellinie liegenden Streifzug über Berühmtheit und berühmt sein, um den eigenen Ausverkauf, natürlich um Sex und das alles erzählt vom furchtbar unterschätzten aber halt unsagbar talentierten Chris Rock.

„Top Five“ heißt der Film. Und man merkt von Beginn an, hier hat man es mit einer Herzensangelegenheit zu tun. Chris Rock ist nicht dafür bekannt, Blätter vor den Mund zu nehmen und in „Top Five“ macht er dahingehend nicht die geringste Ausnahme. Aber er setzt noch einen obendrauf. Im Verlauf des Films fällt der Satz das er ein Bedürfnis nach rigoroser Wahrheit verspürt. Ein Satz, der einen der Grundsätze der anonymen Alkoholiker bildet. Und dieser Satz trifft auf weite Teile des Films ziemlich treffend zu.

Allerdings kann auch das Alter jeden Künstler, auch Komiker, zu einem ernsten und harten Blick auf das bisherige Schaffen bewegen. Das wird auch auf Chris Rock zutreffen. Im filmischen Gedächtnis möchte ein Mann seiner Präsenz sicher nicht als ein Typ hängen bleiben, der öfters mit Adam Sandler gedreht hat und eine sprechende Giraffe mimte. Egal wie viel Dollars dadurch auf sein Konto flossen.

Der Blick zurück (und in den Spiegel)

Und so erschafft er für „Top Five“ sich selber als Kunstfigur. Den Komiker Andre Allen (genau wie von der „Times“ einmal als der witzigste Mann der USA bezeichnet). Ein genialer Stand-Up Komödiant, der zum Hollywood-Clown verkam. Und dies nun in Mitten seiner Midlife-Crisis in vollem Umfang begreift. „Ich fühle mich nicht komisch.“, teilt er einem Assistenten mit. Und wer würde sich schon komisch fühlen, nachdem man den Bodensatz in Publikumsfragen mit drei Teilen eine Cop-Kumpel Saga befriedigen durfte, in der man „Hammy den Bären“ spielt. Mit der Catchphrase „It's Hammy Time!“. Das erinnert alles irgendwie an Tom Hanks. Nur würde er Hooch anstatt Turner mimen und dabei ein Hundekostüm tragen.

Andres Plan jetzt doch mal Ernst zu machen scheint allerdings auch nicht so wirklich gut zu Laufen. Seine Alternativhistorie „Uprize!“ um eine Sklavenrevolte und viele tote Weiße scheint sich etwa genau so vielversprechend zu entwickeln wie seine Hoffnung die haitianische Antwort auf „Django Unchained“ zu spielen. Obendrein scheinen alle nur „Hammy The Bear 4“ sehen zu wollen...

Das was Chris Rock daraus macht und vorführt, ist sicher nichts neues. Es scheint aber grausam nah an der Realität zu sein ohne dabei an Witz zu verlieren. Häufig bewegt es sich knapp an der Fremdscham vorbei, denn genau die scheint Andre immer wieder ins Gesicht geschrieben zu sein. Fremdscham und Scham über die bisherigen, sichtbaren Leistungen. Zusätzlich gemischt mit einer bestechenden Gnadenlosigkeit sich selber gegenüber.

Ein Film wie „Top Five“ profitiert natürlich immens von Chris Rock und seinen Verbindungen. Ein Cameoauftritt jadg den nächsten. Kevin Hart, Ben Vereen, Tracy Morgan und Sherri Shepherd (kennen Sie auch alle nicht?), Whoopi Goldberg, Jerry Seinfeld und Adam Sandler, Cedric the Entertainer und Gabrielle Union. Entweder als sich selber oder eben als Personen aus Andres Vergangenheit. Ganz vorne aber steht Rosario Dawson (Sin City 1 und 3, Trance). Mit ihr scheinen Filmschaffende so ihre Schwierigkeiten zu haben. Chris Rock aber gelingt es sie mit der Rolle als „New York Times“ Reporterin Chelsea Brown endlich mit einer Rolle zu bedenken, in der sie mehr als nur unglaublich aussehen darf, sondern auch einmal schauspielern kann. In „Top Five“ leben viele Momente grade von ihrem und Chris Rock Zusammenspiel.

Fazit

Leider kann der Schreiberling nichts zur deutschen Fassung des Films sagen und wagt auch kein Urteil darüber jenseits des Trailers. Wer aber die Gelegenheit haben sollte, sich die originale Fassung anzugucken, der oder die sollte dies tun. Irgendwo zwischen Slapstick und Süße, Anzüglichkeiten und Romantik scheint Chris Rock endlich seine Mitte gefunden zu haben. Hoffentlich baut er dieses Potential noch einmal weiter aus.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.****

Filmkritik von Julius, 15.04.2015

Top Five ab 16.04. im Kino

Ab morgen könnt ihr die romatische Komödie "Top Five" in den deutschen Kinos anschauen. Mehr Infos zum Film haben wir hier für euch (Trailer, Bilder etc).