„Die Addams Family“ Filmkritik - Mysterious and spooky

  

Ich nehme einfach mal an, ich muss niemandem erklären, wer die Addams Family ist. Die Kreation des US-amerikanischen Zeichners Charles Addams gibt es nun schon seit 81 Jahren, verfügt über eine Comicreihe, zwei Fernsehserien, drei Filme, ein Musical und sogar eine Porno-Parodie. Über Letztere werden wir hier aber definitiv nicht weiter sprechen.

Nun ist die morbide, düstere und durchaus witzige Familie wieder zurück, als Animationsfilm im ... sagen wir mal gewöhnungsbedürftigen Stil. Unter der Regie von Conrad Vernon und Greg Tiernan, welche sich beide für die abgedrehte Animationskomödie „Sausage Party“ verantwortlich zeichnen, zieht der Film ab dem 24. Oktober 2019 in die deutschen Kinos ein.

addams Family Header DE

Kult-Grusel

Weit oben über der Stadt, auf einem gruseligen Hügel, eingehüllt im Nebel der nahen Sümpfe, in einer verlassenen Irrenanstalt, in der ein Geist spukt, lebt die Addams Familie. Abgeschottet vom Rest der Welt, die Menschen wie den Addams eher skeptisch und voller Missgunst gegenübersteht, leben sie ihr morbides, düsteres Leben, das aber irgendwie auch herzlich und vertraut liebevoll wirkt. Zumindest auf eine sehr verdrehte Art und Weise.

Familienoberhäupter Gomez und Morticia bereiten sich aktuell auf ein wichtiges Fest vor, denn Sohnemann Pugsley soll endlich seine Mazurka ablegen, ein traditioneller Initiationsritus, der ihn zu einem waschechten Addams und Mann macht. Dafür wird in den nächsten Tagen und Wochen der gesamte Clan zu Besuch kommen, um sich selbst davon zu überzeugen, dass der kleine Junge ganz wie der berühmte Papa ist.

Es gibt nur drei klitzekleine Probleme. Pugsley ist überhaupt nicht auf die Prüfung vorbereitet, Schwesterchen Wednesday erreicht just in dieser Zeit ihre aufmüpfige Phase und beschäftigt sich mit ekelhaft süßen Dingen und die Bewohner der Stadt, welche einer typischen Kleinstadtidylle gleicht, bereiten sich auf einen großen TV-Auftritt vor. Und da passt die groteske Familie vom Hügel irgendwie nicht rein.

DRM_100_0200_v021_1029

Im etwas anderen Stil

„Die Addams Family“ von 2019 wirkt auf mehr als eine Weise wie eine Umsetzung für Nickelodeon. Das liegt in erster Linie an dem visuellen Stil, ist dieser doch deutlich differenziert von der Darstellung, die wir aus Serie und Film kennen und lieben. Dabei ist das Werk von Vernon und Tiernan damit näher an der originalen Darstellungsform aus den Comics.

Nichtsdestoweniger dauert es einen Augenblick, bis man sich an die Grafik gewöhnt hat. Das Gleiche gilt für den Humor und die Slapstick-Momente, die ebenfalls weniger an die Live-Action-Umsetzung erinnern, sondern mehr an eine abgedrehte Kindersendung aus den späten 1990er, frühen 2000er Jahren. Hier ist es also durchaus möglich, dass der Sohn der Familie seinen Unterricht schwänzt, während er auf einer selbstgebauten Rakete reitet, mit dem Ziel, Vater Gomez umzubringen.

Dies sind aber auch schon die einzigen Unterschiede, die den Genuss im Kino ein wenig trüben können. Wer diese selbst im eigenen Kopf aufgebauten Schranken zu überwinden weiß, kann nicht nur Spaß mit „Die Addams Family“ haben, sondern den Film tatsächlich genießen.Natürlich sollte vor einem Besuch bedacht werden, dass der Streifen für Kids ist, der Anspruch sich also in Grenzen hält.

Dafür wartet das Werk mit vielen Anspielungen auf die originale TV-Serie, den Film von 1991 und Zeichner Charles Addams auf. Die 2019er-Version verbindet geschickt die grundsätzliche Idee der Geschichte mit modernen Einflüssen wie Technologie, Politik und gesellschaftlichem Wandel, hat mehr als nur eine lehrreiche Aussage für die Kleinen parat und wagt es hin und wieder, unter die Gürtellinie zu schlagen.

Was die Komik angeht, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden, ob das Gezeigte mit den eigenen Vorstellungen konform geht. Manche Gags sind ziemlich abgedroschen und flach, während andere von feinfühligem Humor und Einfallsreichtum zeugen. Auch hier sollte beachtet werden, dass „Die Addams Family“ ein Werk für Kinder ist und nur bedingt dem erwachsenen Publikum gefallen möchte.

Erzähl mir eine Horrorgeschichte

Der Erzählstil dieses Films bewegt sich abermals im Bereich einer TV-Produktion für einen Sender, der eher für seine abgedrehten, um nicht zu sagen durchgeknallten Trickserien bekannt ist. Das heißt im Klartext, dass Gags, Anspielungen und überdrehte Wendungen im Vordergrund stehen, während die Qualität der Geschichte selbst ins Hintertreffen gerät.

So clever gewisse Einfälle auch sind und so passend mancher Spaß rübergebracht wird, diese Dinge täuschen nicht darüber hinweg, dass die eigentliche Handlung äußerst durchschnittlich ist. Ich möchte sogar so weit gehen zu behaupten, „Die Addams Family“ gibt sich mehr Mühe, Fans von vergangenen Umsetzungen mit Eastereggs zu erfreuen, als eine gute, eigenständige Story zu erzählen.

Nicht gänzlich, aber zumindest in weiten Teilen, wird dieser Umstand dadurch ausgeglichen, dass der Animationsfilm es schafft, die Logik gegenüber Konzepten wie normal und abstoßend völlig zu verdrehen und letztendlich so zu verformen, dass dem Zuschauer alles Unnatürliche normaler vorkommt als die bekannte Normalität.

Die finale Aussage, dass es nicht immer nur die Mehrheit ist, die Andersartigkeit zu akzeptieren lernen muss, wird nicht nur gut rübergebracht, sondern auch verständlich sowie clever umgesetzt. Was natürlich nicht heißt, dass dies ein Film für jedermann ist, schließlich ist die Familie und ihre Art zu leben so kontrovers und übertrieben dargestellt wie eh und je.

Die deutschen Synchronsprecher machen allesamt einen guten Job. Es gibt zwar keine Leistung, die so hervorragend ist, dass sie speziell erwähnt werden müsste, dafür gibt es aber auch keine Patzer oder wirklich schlechten Sprecher. Letztendlich kann wohl behauptet werden, dass dies für den ganzen Film gilt.

Fazit

Auf jeden Fall gewöhnungsbedürftig und in erster Linie eher ein Werk für die Kleinen unter uns, doch unterm Strich äußerst unterhaltsam und stellenweise sogar ziemlich clever. „Die Addams Family“ von Conrad Vernon und Greg Tiernan brilliert zwar nicht durch eine ausgeklügelte Handlung oder besonders spannende Erzählkunst, dafür aber mit vielen guten Ideen, Respekt vor den Wurzeln und, falls euer Humor nicht in eine komplett andere Richtung geht, weitgehend gelungenen Gags.

Bewertung: 3/5***

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 22.10.2019