Streaming bei Twitch, Netflix & Co: Wie stark leiden Kino und lineares Fernsehen darunter?

  

von Redaktion | 25.10.2023

9ff4dfe3eef5b07b76b382bbac0079cfd5d41c29Bildquelle: https://unsplash.com/de/fotos/DrL-cwqD6tM

Netflix gehört zu den erfolgreichsten Streamingdiensten in Deutschland und liefert Serien- und Filmunterhaltung zum Monatstarif. Vor allem jüngere Zielgruppen haben das Fernsehen für sich teilweise abgeschafft und schauen ausschließlich über Streaming-Angebote.

Ein Problem, das für die Medienanstalten spürbar ist. Es braucht einen Paradigmenwechsel, um wieder mehr Reichweite zu generieren. Wie steht es um die Zukunft des klassischen TV-Programms und wie sehr leidet eigentlich das Kino unter Netflix und Co?

Der Wunsch nach interaktivem Entertainment – der Boom von Twitch geht weiter

Während Netflix, Amazon Prime und Co. Serien und Filme auf Knopfdruck liefern, ist das Phänomen Twitch einem anderen Sektor zuzuordnen. Hier geht es um die Interaktion mit Streamern, um Gaming-Inhalte und den Aufbau von Community. Vor allem die Generationen Y und Z gehören zur stärksten Zielgruppe und machen einen Großteil der Nutzer aus. Die Besonderheit bei Twitch ist, dass es hier für jeden Geschmack ein passendes Angebot gibt, Schwerpunkt ist ganz klar Gaming.

eSports-Kanäle übertragen die neuesten Turniere und liefern Stadioncharakter für jene, die sich mit elektronischen Sportarten identifizieren. Klassische Computergames und Multiplayer-Angebote sind vor allem für jene interessant, die sich mit anderen austauschen oder zusammen spielen möchten.

Ein recht neues Phänomen sind Glücksspiel-Streams, die als eine Art „Spielshow“ der Plattform gesehen werden können. Zahlreiche Casino Streamer spielen bei Stake.com und liefern Zuschauer die Möglichkeit, sich ohne eigene Investitionen dem Reiz des Glücksspiels auszusetzen.

Twitch ist interaktiv und hat damit ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber Streaming-Diensten und linearen Fernsehangeboten. Trotz der hohen Reichweite ist die Plattform aber der schwächste Konkurrent für TV und Kino. Die Angebote sind deutlich anders, viele Twitch-Zuschauer gehen trotzdem ins Kino und unterhalten sich mit der Community später über die Filminhalte.

Streaming auf dem Vormarsch – das Fernsehen leidet unter dem Erfolg

Lange Zeit galt das lineare Fernsehen als Entertainment-Methode Nummer eins in Deutschland. Diese Zahlen sind deutlich zurückgegangen, rund 22 % der Deutschen nutzen kein TV-Programm mehr. Die Ansprüche der Zuschauer haben sich verändert. Während es in den 1980ern noch üblich war, dass eine gute Serie zum „Straßenfeger“ wurde, ist heute kaum jemand um 20:15 Uhr Zuhause, nur um den neuesten Blockbuster zu schauen.

Eine Trendwende wäre nur dann möglich, wenn die Medienanstalten sich stärker an die Bedürfnisse der Zielgruppe anpassen. Die RTL-Group ist diesen Schritt bereits gegangen, indem sie einen eigenen Streaming Dienst ins Leben gerufen hat.

Die öffentlich-rechtlichen Sender haben immerhin Mediatheken im Angebot, um ihre Programme abrufbar zu machen. Solche Schritte sind es, die das lineare Fernsehen vom Aussterben retten!

Die Gründe, warum Streaming langsam aber sicher beliebter ist, liegen auf der Hand:

  • Keine Werbung zwischen Serien und Filmen

  • Viele Serien werden direkt als ganze Staffel veröffentlicht

  • Zugriff von überall aus möglich

  • Keine festen Übertragungszeiten

  • Verglichen mit Kabel-TV geringe Gebühren

  • Viele Übertragungen in 4K oder HD

Zahlen zeigen eindeutig, dass das lineare Fernsehen seine junge Zielgruppe verloren hat. In der Altersgruppe 14 bis 49 Jahre schalten nur noch wenige Menschen die Flimmerkiste ein, Hauptzielgruppe sind nun ältere Menschen. Für Fernsehmacher bleiben zwei Optionen, um künftig nicht vollständig den Anschluss zu verlieren.

Einerseits können sie TV wieder ansprechender machen und Alleinstellungsmerkmale gegenüber Streaming-Diensten herausarbeiten. Andererseits besteht die Option, die noch bestehende Zielgruppe zu halten und Inhalte stärker auf diese anzupassen.

Teilweise wird das bereits versucht, indem immer mehr alte Formate wiederbelebt werden. Spielshows wie „Der Preis ist heiß“, „Geh aufs Ganze“ oder „die 100.000 Mark Show“ sorgten in den 1990ern für hohe Einschaltquoten. Diese drei Klassiker wurden neu aufgelegt, um bei der bestehenden Zielgruppe Retro-Feeling zu wecken und die Quoten zu verbessern.

Solche Shows könnten ein Teil der Zukunft im linearen Fernsehen sein. Einen Sendeplatz um 20:15 Uhr mit einem Film auszufüllen, ergibt aus Zuschauersicht wenig Sinn. Anstatt den jeweiligen Film mit Werbung im TV anzuschauen, werden hierfür werbefreie Streaming-Dienste genutzt.

Zerstört Netflix das Kino? Warum das nicht so sein muss!

Das Kinoprogramm 2023 hat gezeigt, dass nach wie vor Interesse vorhanden ist. Blockbuster wie Oppenheimer und Barbie füllten die Säle, denn niemand wollte warten, bis die Titel beim Streaming-Dienst laufen.

Dennoch ist der Konkurrenzdruck für Kinobetreiber spürbar, zumal einige Filme mittlerweile direkt als Stream an den Start gehen. Die Zahlen der Kinobesucher sind in den letzten Jahren sukzessive zurückgegangen, die Corona-Pandemie hat es Kinobetreibern noch einmal schwerer gemacht. Aber wie schuldig ist Netflix?

Obwohl Streams an Zuwachs gewinnen und Kinosäle häufiger leer bleiben, ist nicht unbedingt ein direkter Zusammenhang nötig. Hollywood hat es in den letzten Jahren kaum geschafft, für wirklich eindrucksvolle Meisterwerke auf der Leinwand zu sorgen. Noch ein Remake, immer wieder aufgearbeitete „Altfilme“ und wenig Neues – so lassen sich die Kinofilme und Blockbuster der letzten zehn Jahre beschreiben. Da wundert es nicht, dass die Zuschauerzahlen zurückgehen.

Hinzu kommt, dass viele Kinos noch keine 4K-Übertragung möglich machen, die Säle alt und schmutzig sind und das Personal auch schon mal bessere Zeiten gesehen hat. Tatsächlich ist es Aufgabe der Kinobetreiber, sich einmal neu zu erfinden und dem Zuschauer wieder einen Grund zu geben, Filme direkt auf der Leinwand zu sehen.

Interessanter Aspekt: Einige Experten sind sich sicher, dass Streaming-Dienste das Kino neu beleben. Das allgemeine Interesse am Film wächst und damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Netflix-Nutzer das Kino besucht. Denn das Lichtspielhaus hat immer noch den klaren Vorzug, große Filme als erstes auszustrahlen.

Kaum jemand wollte im „Barbenheimer“-Hype wirklich abwarten, bis die Filme gestreamt werden können. Das hat eindeutig gezeigt, dass die richtigen Filme auch zu wachsenden Kinobesuchen führen. Um das Kino am Aussterben zu hindern, ist es seitens Hollywood nötig, endlich wieder neue und innovative Filme zu bringen. Kinobetreiber haben hingegen die Aufgabe, ihre Säle aufzurüsten und ein solides Erlebnis zu bieten. Wenn der heimische Fernseher mehr Bildqualität liefert als die Kinoleinwand, ist ein Besucherrückgang die logische Konsequenz.

Fazit: Streaming-Dienste sind vor allem für das Fernsehen ernste Konkurrenz

Um das lineare Fernsehen in Deutschland ist es nicht gut bestellt, da es zu viele Alternativen gibt. Sendeanstalten können es sich nicht mehr leisten, zum hundertsten Mal die gleiche Wiederholung auszustrahlen. Kinos hingegen haben noch immer eine Sonderrolle, denn sie locken durch riesige Leinwände, Gemeinschaftsgefühl und Popcorn. Doch auch unsere Lichtspielhäuser müssen sich den Bedürfnissen der Zuschauer anpassen. Bildqualität, ideal ausgestattete Säle und faire Preise sind ein Muss, wenn die Kunden nicht zu Netflix und Co. abwandern sollen.