„Star Wars: Andor“ Serienkritik: Die Vorgeschichte zu Rogue One

  

von Ralf Bergmann | 21.09.2022

Seit die Traumschmiede Lucasfilm von Walt Disney übernommen wurde, war beinahe jeder Film und jede Serie in diesem altehrwürdigen Franchise Anlass für Fans, sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Kaum ein Werk war nicht umstritten, selbst Kurzgeschichten für Kinder wurden für Detailfragen kritisiert. Weitgehend ausgenommen von dieser diskutablen Regel sind die Serie „The Mandalorian“ und der Kinofilm „Rogue One: A Star Wars Story“. Letzterer soll nun das Fundament für einen dritten Kandidaten werden.

Star Wars Andor TV-Serie Disney Staffel 1 Szene 001Bild: Szene aus „Star Wars: Andor“, Staffel 1 (2022) © Lucasfilm/The Walt Disney Company

Der Science-Fiction-Streifen von Regisseur Gareth Edwards bekommt nun nämlich in Form der Disney-Plus-Serie Star Wars: Andor eine eigene Vorgeschichte, die damit noch mehr Details zur Formung der Rebellion enthüllt. Im Mittelpunkt steht dabei, wie der Name des Projekts schon verrät, Publikumsliebling und Rebellen-Kapitän Cassian Andor, erneut dargestellt von dem mexikanischen Schauspieler Diego Luna. Die ersten drei der insgesamt zwölf Folgen der ersten Staffel sind seit dem 21. September 2022 auf Disney+ verfügbar.

Star Wars: Andor – Eine Kritik

Allein durch diese drei Folgen lässt sich nur leider noch nicht genau vorhersagen, wohin die Reise denn nun eigentlich gehen soll, weder in Sachen Storydetails noch bei der Frage nach der Qualität. Diese Episoden sind nämlich eher eine zusammenhängende Einleitung, die die Handlung in Schwung bringen soll und geneigte Zuschauer*innen mit allem von vornherein Wissenswerten in Berührung bringt. Durchgehend gut und spannend erzählt, doch durchzogen von gelegentlichen Leerläufen sowie zu lang geratenen Szenen.

Zu unserer Überraschung befindet sich die negative Kritik mit dem vorangegangenen Satz aber auch schon am Ende, denn „Star Wars: Andor“ erlaubt sich kaum Fehler. Klar, das Rad wurde nicht neu erfunden, der Hyperantrieb auch nicht und den angepeilten Genre Drama und Krimi hat die Serie von Schöpfer Tony Gilroy nichts Neues hinzuzufügen, doch die Atmosphäre, das Storytelling und die Ausarbeitung der relevanten Charaktere sehen bisher mehr als nur überdurchschnittlich gut aus.

Obwohl man direkt in die Handlung geworfen wird und dadurch notwendige Rückblicke den Handlungsfluss gelegentlich unschön unterbrechen, wird zu jeder Minute klar, dass die eigentliche Geschichte des Protagonisten jetzt erst anfängt. Leicht verständlich und nichtsdestoweniger spannend erzählt, setzt die Serie auf einen düsteren Stil, clevere Dialoge und viel Liebe zu Details in Schlüsselszenen. Das Schauspiel aller Beteiligten ist durchgehend gut, manchmal sogar exzellent, unterdurchschnittliche Darstellungen sind uns zudem nicht aufgefallen.

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Bild: Szene aus „Star Wars: Andor“, Staffel 1 (2022) © Lucasfilm/The Walt Disney Company

Dabei verzichtet „Star Wars: Andor“ in den ersten drei Folgen komplett auf die Macht, Jedi, Sith, Lichtschwerter und alle gleichwertigen Inhalte, auf die bereits die Vorlage Rogue One getrost verzichten konnte. Dieses Fehlen fällt nicht nur nicht negativ auf, es ist sogar sehr angenehm, da es die Dinge in die rechte Perspektive rückt, vor allen Dingen mit Blick auf augenscheinlich unbedeutende Figuren, die direkt unter dem wachsamen Blick des Imperiums eine Rebellion in Gang setzen.

Stattdessen beweisen bereits die ersten drei Episoden dieser insgesamt zwölfteiligen Staffel, dass sich die Serienschöpfer um ernstzunehmende und gleichsam nachvollziehbare Gegenspielerinnen & Gegenspieler bemühen. Sowohl die nicht ganz so gute als auch die nicht ganz so böse Seite in diesem Machtkampf zeigen sich als Menschen mit unterschiedlichen Prägungen, Charaktereigenschaften und, was am wichtigsten ist, unterschiedlichen Arten das gleiche Problem zu betrachten und anzugehen.

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Bild: Szene aus „Star Wars: Andor“, Staffel 1 (2022) © Lucasfilm/The Walt Disney Company

Die neue Serie im Star-Wars-Universum erlaubt sich einige Ideen und eine sehr spezifische, nicht unbedingt alltagstauglichen Atmosphäre, dafür bleibt sie dem Franchise jedoch im Kern treu und baut viele Elemente und Details ein, um den Wiedererkennungswert durchgehend hoch zu halten. So darf das Sci-Fi-Werk bisher gut und gerne als Mischung aus Krimi und Drama bezeichnet werden, es ist aber zudem auch eine waschechte Star Wars-Geschichte, mit allem, was dazu gehört. Wie beispielsweise einen Helden wider Willen und seinen Droiden.

Fazit

Wie immer darf man nach lediglich drei von insgesamt zwölf Folgen nichts an die Wand malen und in Stein meißeln, doch wenn „Star Wars: Andor“ in den folgenden neun Episoden das vorgelegte Niveau und die eingeschlagene Richtung grob halten kann, steht einer hohen Bewertung nichts im Weg. Gelegentliche Leerläufe und überlange Szenen mit wenig Daseinsberechtigung gibt es zwar schon, der Rest dieser Space-Opera ist jedoch spannend erzählt, überdurchschnittlich clever ausgearbeitet und voller guter Ideen.

Bewertung: 4/5****

Star Wars Andor TV-Serie Disney Staffel 1 Poster
Bild: Das Poster/Key Art zu „Star Wars: Andor“, Staffel 1 (2022) © Lucasfilm/The Walt Disney Company