„Ein Mann namens Otto“ Filmkritik: Alt, suizidal, liebenswert: Tom Hanks als Ove

  

von Heiner Gumprecht | 11.01.2023

Vor knapp sieben Jahren kam mit „Ein Mann namens Ove“ eine leichte, gutherzige aber auch durchaus irrelevante kleine Tragikomödie aus Schweden in die Kinos, die von einem grantigen, suizidalen Witwer handelt, der noch einmal einen guten Grund findet, um am Leben bleiben zu wollen. Das Werk von Hannes Holm hat keine allzu großen Wellen geschlagen, bekam aber überwiegend positive Rezensionen und spielte genug Geld in die Kassen, um Hollywood hellhörig werden zu lassen.

Ein Mann namens Otto Kinofilm Szene 003Bild: „Ein Mann namens Otto“ (2023) ©Sony Pictures Entertainment

Mit Marc Forster hat man dann schnell einen Regisseur gefunden, der keine Probleme damit hat, nach Schema F zu arbeiten und andere Werke beinahe identisch zu kopieren. Und mit Tom Hanks in der Hauptrolle wurde sichergestellt, dass ein Publikumsliebling die Grundtöne aus Komödie und Drama nicht nur richtig trifft, sondern mit seinem Schauspiel sogar unterstreicht. Nun war es nur noch wichtig, hier und dort Details der Handlung abzuändern, damit diese besser die heutige US-amerikanische Gesellschaft widerspiegeln.

Ein Mann namens Otto: Eine Kritik

Das Ergebnis heißt Ein Mann namens Otto und ist im Grunde genau der gleiche Film, den ihr bereits seit Jahren auf Blu-ray und DVD kaufen könnt. Nur, dass die Herkunft der Nachbarn geändert wurde, aus einem Eisenbahnenthusiasten wurde ein Autonarr, die lokale Zeitung ist nun eine Onlinereporterin und so weiter. In erster Linie lässt sich also die Frage, ob ihr euch den Film im Kino ansehen solltet, mit zwei Gegenfragen beantworten: „Kennt ihr die erste Verfilmung von Frederik Backmans Roman?“ und „Ist euch eine Einfamiliensiedlung in Schweden zu weltfremd?“.

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Bild: „Ein Mann namens Otto“ (2023) ©Sony Pictures Entertainment

Der beste Grund für alle Freunde von Tragikomödien, Forsters Version zu schauen, liegt also darin, dass ihr den Film von 2016 noch nicht kennt … oder Schwierigkeiten dabei habt, euch mit ganz normalen Menschen zu identifizieren, nur weil sie in Schweden wohnen. Die Handlung der US-Variante ist nicht besser, die technische Herangehensweise nicht ausgefeilter und das Schauspiel aller Beteiligten nie überlegen. Mit einer Ausnahme, die sich vielleicht bereits von selbst versteht, hier von uns aber noch einmal betont werden möchte.

Im direkten Vergleich kann Rolf Lassgard („Nach der Hochzeit“, „Schachnovelle“), der damals Rentner Ove verkörpert hat, einem Tom Hanks („Forrest Gump“, „Der Soldat James Ryan“) natürlich nicht das sprichwörtliche Wasser reichen. Ob er grantig wirken soll, liebenswert, beides oder nichts davon, Hanks ist der Aufgabe durchweg gewachsen und maximiert die Wahrnehmung der Charaktereigenschaften der Hauptfigur, ohne ihre Züge, ihren Grundton zu verzerren. Der Film und seine Pointe werden dadurch aber nicht wirklich besser.

Ein Mann namens Otto: Zwei Geschichten

Die schwedische Verfilmung war bereits nicht sonderlich einfallsreich wenn es darum ging, den Spaß in das Drama einzuweben. Man bediente sich hier einem typischen Konzept, bestehend aus stark unterschiedlichen Persönlichkeiten, die aufgrund ihrer Andersartigkeit Reibung erzeugen. Grummeliger Rentner plus Frohnatur ist schließlich fast immer gleich Humor. Diese Herangehensweise sorgt natürlich für ein paar Lacher, ist in ihrem Kern aber leider auch sehr faul, und das in beiden Versionen.

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Bild: „Ein Mann namens Otto“ (2023) ©Sony Pictures Entertainment

Alle Figuren abseits des Protagonisten sind in ihrem Kern wandelnde Klischees ohne Tiefe, die lediglich ihren Part erledigen. Für kurzweilige Unterhaltung, die uns ein warmes Gefühl in der Brust bescheren kann, mag das genug sein, Ansprüche darüber hinaus werden aber nicht bedient. Was zum Glück auch gar nicht nötig ist, denn seinen Zweck erfüllt der Klamauk auch in der US-Variante und bietet so die Möglichkeit, schwerere Themen leichter annehmen zu können und das konsequente Ende leichtherzig zu akzeptieren.

Der Dramaanteil ist hingegen der wirkliche Kern der Geschichte und funktioniert als Handlungsträger genauso gut wie in „Ein Mann namens Ove“. Vielleicht sogar ein bisschen besser, da es Tom Hanks versteht, seine Figur so darzustellen, dass sie leichter eingeschätzt werden kann. Sein Otto wirkt menschlicher, liebenswerter. In wenigen Szenen ist diese spürbare Menschlichkeit etwas fehlplatziert, meist hebt sie das Niveau der einzelnen Momente aber an, sorgt dafür, dass wir mitfühlen und mitleiden können.

Fazit

Wer die 2016er Verfilmung „Ein Mann namens Ove“ bereits kennt, hat eigentlich keinen Grund außer der Neugier, um „Ein Mann namens Otto“ zu schauen. Im Grunde handelt es sich nämlich um den gleichen liebenswerten aber gleichsam auch maximal durchschnittlichen Film, den bereits Regisseur Hannes Holm umgesetzt hat. Lediglich Tom Hanks hebt das Niveau der US-amerikanischen Version etwas an, auch wenn sein Schauspiel die Handlung nicht besser macht. Schöner, aber im Kern auch unnötiger Film.

Bewertung: 3/5***

Ein Mann namens Otto Kinofilm Szene 004Bild: „Ein Mann namens Otto“ (2023) ©Sony Pictures Entertainment

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Bild: „Ein Mann namens Otto“ (2023) ©Sony Pictures Entertainment